“Wir müssen unsere Zähne schärfen“: Geprüft werden mehr Kontrollen und ein Hilfsfonds für klamme Euro-Staaten.

Brüssel/Hamburg. Die EU-Kommission erwägt offenbar eine radikale Kehrtwende in der bisherigen Finanzpolitik der Euro-Zone. Der finnische EU-Währungskommissar Olli Rehn skizzierte gestern in Brüssel den Weg dorthin: Danach soll ein Europäischer Währungsfonds die 16 Euro-Länder künftig vor einem finanziellen Notstand bewahren, wie ihn derzeit Griechenland erlebt.

Kombiniert werden soll dieser "permanente Krisenlösungs-Mechanismus" mit einer stärkeren Kontrolle der Haushaltsplanung in den Mitgliedstaaten. "Wir müssen unsere Zähne schärfen", sagte Rehn. Er verzichtete allerdings bewusst darauf, das Wort Währungsfonds zu verwenden - denn die Abkehr von den bisherigen finanzpolitischen Prinzipien dürfte ein hartes Stück politischer Arbeit werden. Bislang nämlich gilt für die Euro-Länder, dass die Gemeinschaft einzelne Staaten in der Krise nicht finanziell unterstützen darf. Die Länder dürfen sich nur gegenseitig direkt helfen.

Über die neuen Pläne werde er mit den Euro-Finanzministern am Freitag in Madrid diskutieren, am 12. Mai werde die Kommission einen Vorschlag präsentieren, sagte Olli Rehn. Das Geld aus dem Hilfsfonds solle an strikte Bedingungen geknüpft sein, damit die Länder alles versuchen, gar nicht erst zum Bittsteller zu werden. "Es sollte der allerletzte Ausweg sein", unterstrich der Kommissar. Mit diesem Vorschlag greift Brüssel die Idee des Europäischen Währungsfonds auf, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vertreten hatte.

Die Pläne sind umstritten, da Eingriffe in die Haushaltshoheit der Mitgliedsländer ein sensibles Thema sind. "Aber wenn wir unser gemeinsames Schicksal ernst nehmen, müssen alle Mitglieder die Regeln beachten", sagte Rehn.

Der Ökonom Prof. Michael Bräuninger vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut hält einen europäischen Hilfsfonds für sinnvoll, wenn zugleich die Kontrollrechte der EU über die nationalen Haushalte gestärkt werden: "In der Krise haben sich einige Perspektiven verschoben. Man hat erkannt, dass eine stärkere Koordination notwendig ist", sagte er dem Hamburger Abendblatt.

Das allerdings bedeute die Entwicklung hin zu einem europäischen Zentralstaat. "Die Staaten würden dann unter bestimmten Bedingungen die Steuerhoheit zugunsten der EU aufgeben."