Protest vom Autoklub. Konzerne verweisen auf gestiegene Kosten. Shell musste gestern eine Anhebung teilweise wieder zurücknehmen.

Hamburg. Elf Uhr vormittags: Zeitgleich haben gestern Shell und Aral ihre Benzinpreise angehoben. Beide Mineralölkonzerne begründeten dies mit gestiegenen Beschaffungskosten am Rotterdamer Produktenmarkt. Shell wollte einen Mindestpreis von 1,479 Euro pro Liter Super und 1,249 Euro für Diesel durchsetzen. Das waren im Extremfall an einigen Hamburger Tankstellen elf Cent mehr pro Liter Benzin als einen Tag zuvor. Denn der Preis für Super von Shell war am Montag nach den Preiserhöhungen zu Ostern teilweise wieder auf 1,369 Euro gefallen.

Aral hingegen hatte sich für einen Mindestpreis von 1,439 Euro für Super und 1,229 Euro für Diesel entschieden, das entspricht laut einem Unternehmenssprecher im Schnitt Mehrkosten von drei Cent pro Liter. Pech für Shell: Der höhere Tarif des Mineralölmultis hielt sich nicht lange. Das Unternehmen musste sich dem Aral-Niveau annähern. Autofahrer, die kurz nach elf Uhr zum höheren Preis bei Shell ihren Kraftstoff kauften, hatten das Nachsehen. Tanken wird immer mehr zur Glückssache. Laut Aral wurde der Preis für Benzin und Diesel in diesem Jahr bereits 49-mal angehoben, 47-mal ist er wieder gesunken. Denn jeder Tankstellenpächter beobachtet die Stationen der Mitbewerber in seiner Nachbarschaft mit Argusaugen. Wenn ein Konkurrent mit dem Preis heruntergeht, meldet er dies seinem Mineralölkonzern und der senkt dann meist seine eigenen Tarife.

Eine Shell-Sprecherin begründete die jetzige Erhöhung mit der Tatsache, dass allein der Preis für eine Tonne Benzin von 782 Dollar am 1. April auf 804 Dollar gestern gestiegen war. Das Unternehmen habe nur die eigenen Mehrkosten an seine Kunden weitergeben wollen. Rainer Hillgärtner, Sprecher vom Automobilklub ACE, hat solche Begründungen schon oft gehört. "Es herrscht kein richtiger Wettbewerb am Mineralölmarkt. Nur wenige Anbieter diktieren den Preis", widerspricht der ACE-Sprecher der Argumentation der Konzerne. "Die Preissprünge sind nicht allein mit den Kosten zu begründen."

Hillgärtner appelliert an die Politik, die Mineralölkonzerne zu entflechten. "Ansonsten haben die kleinen, freien Tankstellen kaum Chancen gegen die Multis", sagt er. Zudem fordert der Autofahrerverband, dass an Deutschlands Autobahnen nicht nur Markenstationen, sondern auch preisgünstigere Anbieter angesiedelt werden müssen. "Außerdem muss den Spekulanten, die sich mit Ölgeschäften bereichern, das Handwerk gelegt werden." Derzeit wird laut Expertenschätzungen knapp ein Drittel des aktuellen Rohölpreises von 85 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent Spekulanten zugerechnet.

Die Preiserhöhungen der Konzerne zur diesjährigen Ostersaison hat jetzt auch die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Energiekommissar Günther Oettinger will die Mineralölfirmen künftig strenger kontrollieren. "Jetzt müssen wir das Argument der Ölkonzerne, die höheren Preise seien auf die größere Nachfrage zurückzuführen, genauer prüfen", schrieb Oettinger in der "Bild am Sonntag". In Deutschland habe der Benzinpreis bereits jetzt eine Schmerzgrenze erreicht. Allerdings stimmte der EU-Kommissar die Verbraucher zugleich auf zukünftig steigende Kosten an den Zapfsäulen ein. Fossile Brennstoffe würden mittelfristig teurer. "In einigen Jahren wird die Nachfrage nach Öl stärker ansteigen als die Ölförderung."