Ein Anstieg der Verbraucherpreise könnte an den Spareinlagen zehren. Experten sehen auch noch Potenzial bei Aktien.

Hamburg. Die Katze ist aus dem Sack: Erstmals hat ein ranghoher Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) für eine höhere Inflation plädiert. Statt zwei Prozent sollen die Notenbanken vier Prozent Inflation als Zielmarke anvisieren, schlug IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard in einem Thesenpapier vor. So soll den Notenbanken in schwierigen Zeiten mehr Spielraum für Zinssenkungen eingeräumt werden. Viele Experten fürchten, dass die Regierungen lieber Inflation akzeptieren werden, als eine neue Wirtschafts- und Finanzkrise zu riskieren. "In den nächsten zwei bis drei Jahren werden Preissteigerungen in den Industrieländern kaum zu vermeiden sein, wenn man das US-Defizit und die Erhöhung der Geldmenge durch die Krisenbewältigung bedenkt", sagt Amit Lohda von der Investmentgesellschaft Fidelity.

Das Abendblatt fragte Experten, was eine hohe Inflation für die Geldanlage bedeutet und welche Chancen sich in den einzelnen Anlagebereichen bieten.

Tages- und Festgeld

Mit 2,20 Prozent auf Tagesgeld bietet die noa Bank mit die höchsten Konditionen beim Tagesgeld. Das neue Institut, das sich auf die Finanzierung von Umweltprojekten spezialisiert hat, will auf sich aufmerksam machen. Da Anleger durch die deutsche gesetzliche Einlagensicherung bis 50 000 Euro abgesichert sind, müssen sie sich über den Newcomer auch keine Sorgen machen. Die Advanzia Bank wirbt zwar mit 3,93 Prozent, aber das ist nur ein Lockangebot, das bis Ende Februar gilt. Danach gibt es nur 1,74 Prozent. "Man muss schon sehr auf die Konditionen im Detail achten", sagt Max Herbst von der FMH Finanzberatung, die Bankkonditionen analysiert. Oft gelten die Konditionen nur für Neukunden wie bei der ING-DiBa oder sind wie bei der DAB Bank an die Eröffnung eines Depots gebunden.

Mit Tagesgeld bleiben Anleger flexibel, müssen aber auch mit der Gefahr leben, dass die Zinsen weiter sinken, weil die Konditionen von den Banken täglich geändert werden können. Wer dieser Gefahr begegnen will, muss sich mit Festgeld oder Sparbriefen für einen längeren Zeitraum binden. "Einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren halte ich durchaus für vertretbar", sagt Herbst. Für ein Jahr bietet die Akbank (niederländische Einlagensicherung bis 100 000 Euro) 2,50 Prozent, die noa Bank 2,40 Prozent. Bei einer Laufzeit von drei Jahren zahlt die ICICI Bank (britische Einlagensicherung bis 55 000 Euro) 3,40 Prozent pro Jahr. Allerdings träfe eine deutlich anziehende Inflation ganz massiv, weil ihr Geld entwertet wird und damit massiv an Kaufkraft verliert. Schutz vor Inflation können dagegen etwa Gold, Immobilien und Aktien bieten.

Anleihen

Anleihebesitzer haben es besonders schwer. Das Zinsniveau ist sehr niedrig und steigende Inflationsraten bergen das Risiko von Verlusten. Denn wer dann aus seinen Papieren aussteigen will, um Anleihen mit einem höheren Zins zu erwerben, riskiert Kursverluste. "Dennoch sollten Anleihen Bestandteil eines gut diversifizierten Depots sein", sagt Andreas Beck vom Institut für Vermögensaufbau. Er rät allerdings zu einer Streuung und maximal mittleren Laufzeiten von bis zu vier Jahren. Eine solche Anlagestrategie lässt sich seiner Einschätzung nach am besten mit Exchange Traded Funds (ETF) umsetzen. Dies sind börsennotierte Fonds, die wie ein Wertpapier gekauft und verkauft werden können. Allerdings werden ETFs von Banken wegen ihrer kostengünstigen Struktur nicht gern empfohlen, weil sie daran nichts verdienen. Es gibt zum Beispiel Fonds, die Unternehmensanleihen bündeln oder Pfandbriefe. "Man sollte darauf achten, dass die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen nicht zu lang ist, um Kursverluste bei Zinssteigerungen zu vermeiden", rät Beck. Anbieter solcher ETF-Produkte, die es auch für inflationsgeschützte Anleihen gibt, sind Lyxor oder iShares.

Aktien

Nach einer Korrektur scheint sich der Aktienmarkt wieder zu fangen. "Wir sehen weiterhin deutliches Aufwärtspotenzial", sagt Jochen Intelmann von der Haspa. Gestützt wird die Einschätzung durch die noch moderate Bewertung der Aktien, der positiven Gewinnentwicklung und der großzügigen Geldpolitik der Notenbanken. "Viele Faktoren sprechen für eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung", sagt Achim Urbschat vom Hamburger Bankhaus M.M.Warburg & CO. "In der laufenden Berichtssaison haben drei Viertel der Unternehmen bessere Ergebnisse vorgelegt als erwartet." Die Privatbank setzt auf Aktien, die von einem Konjunkturaufschwung profitieren. Dazu gehört der Maschinenbauer Gildemeister, der schon mit Blick auf eine Erholung des spätzyklischen Werkzeugmaschinengeschäfts im nächsten Jahr jetzt ins Depot kommt. Der Grund: Die Börse nimmt Entwicklungen vorweg. Auch der Logistikkonzern HHLA gehört zu den Favoriten der Bank. Die Haspa favorisiert vor allem Aktien großer internationaler Konzerne wie Siemens, Vivendi oder Total.

Aber wie schützen Aktien vor Inflation? Während Anleihebesitzer bei steigender Inflation unter realen Verlusten leiden, "können Aktienbesitzer darauf hoffen, dass sie zumindest real keine Verluste machen, wenn die Unternehmen Kostensteigerungen weitergeben können", sagt Franz Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut.

Gold

Im vergangenen Jahr schlug das Gold sogar den Aktienmarkt: Um mehr als 26 Prozent, von 870 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) auf 1100 Dollar, zog der Preis des Edelmetalls an. Zwar entwickeln sich die Goldnotierungen langfristig gesehen gegenläufig zum Dollar-Kurs, was sich für deutsche Anleger ungünstig auswirkt. Aber im Jahr 2009 blieb ihnen, in Euro gerechnet, immerhin noch ein Plus von 23,5 Prozent. Auch wenn der Goldpreis gegenüber dem Anfang Dezember erreichten Allzeithoch von mehr als 1220 Dollar zwischenzeitlich auf aktuell rund 1110 Dollar gesunken ist, erwarten die meisten Marktbeobachter, dass die Notierungen wieder auf den seit Jahren anhaltenden Aufwärtstrend einschwenken. "Wir gehen von 1250 Dollar zum Jahresende 2010 aus", sagt Gabor Vogel, Rohstoffexperte bei der DZ Bank, manche andere Analysten prognostizieren sogar 1400 Dollar und mehr. Als einen der treibenden Faktoren sieht Vogel die aktuelle Unsicherheit im Hinblick auf die Inflationserwartungen. Allerdings sei der Anteil der spekulativen Goldkäufer über die vergangenen Jahre stark gestiegen, was die Schwankungsanfälligkeit des Preises erhöhe. "Dennoch dürfte die Untergrenze für die nächsten zwei Jahre bei 800 Dollar liegen", meint Vogel.

Goldkäufe in Form von Barren oder Münzen halten viele Experten wegen der hohen Kosten für die sichere Aufbewahrung nicht für sinnvoll. Eher bieten sich börsennotierte Goldfonds an. Fonds haben außerdem den Vorteil, dass sie mit physisch vorhandenem Gold hinterlegt werden müssen, während bei Zertifikaten ein Totalverlust möglich ist. Anleger sollten auch bedenken, dass ein etwas weiterer Blick dem Gold einiges von seinem Zauber nimmt: Wer das Edelmetall im Jahr 1981 zu damals 800 Dollar kaufte, hat bis heute unter Berücksichtigung der Inflationsrate damit nichts gewonnen.

Immobilien

Noch viel stärker als das Gold ist die Immobilie eine Anlageform, die nicht allein unter Renditegesichtspunkten gesehen werden sollte. "Grundsätzlich macht eine selbst genutzte Immobilie, wenn man sie sich leisten kann, schon deshalb Sinn, weil man im Alter die Miete spart, die bei vielen Menschen einen großen Teil der Rente beansprucht", sagt Achim Tiffe, Stellvertretender Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg.

"Der reine Wertzuwachs wird aber häufig überschätzt." Dies belegen Statistiken der Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg: Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand ist in Hamburg in den zehn Jahren bis Ende 2009 um 14 Prozent auf 2108 Euro gestiegen - damit konnte nicht einmal die Inflation ausgeglichen werden. Hinzu kommt, dass es laut Tiffe bei einer Wertsteigerung in dieser Größenordnung schon fast zehn Jahre dauern kann, bis auch nur die Kaufnebenkosten, etwa Grunderwerbsteuer und Maklergebühren, ausgeglichen sind. "Entscheidend für die Wertstabilität ist die Lage", sagt Timo Graf vom Beratungsinstitut Gewos. "Rund um die Alster ist wohl kaum mit einem Preisverfall zu rechnen und das gilt auch für die Elbvororte - Wohnen am Wasser ist eben attraktiv." Abgesehen von diesen ohnehin weit überdurchschnittlich teueren Lagen bleibe wohl auch Eimsbüttel interessant - "und Barmbek wird bei manchen als Geheimtipp gehandelt".