Damit sollen sich die Chancen auf Staatshilfen für die Rüsselsheimer verbessern. Wirtschaftsminister bleibt zurückhaltend.

Hamburg. "Innovativ" und "stylisch" soll der neue Opel Meriva sein, der gerade auf dem Automobilsalon in Genf seine Weltpremiere erlebt - beide Eigenschaften hätte man bisher nicht zuallererst mit der Marke aus Rüsselsheim verbunden. Mit "einzigartiger Flexibilität" soll die Neuauflage des Minivans die im Überlebenskampf des Unternehmens dringend benötigten Kunden anlocken. Flexibel zeigt sich jedenfalls der Mutterkonzern General Motors (GM): Die Amerikaner verdreifachen ihren eigenen Beitrag zur Sanierung von Opel auf 1,9 Milliarden Euro in Form von Eigenkapital und Krediten.

Gleichzeitig stockte GM den für die Restrukturierung veranschlagten Betrag um 415 Millionen auf nunmehr 3,715 Milliarden Euro auf. Dies sei auf Bitten von Regierungen europäischer Länder, in denen Werke des Konzerns stehen, geschehen. "Um für schwierige Marktentwicklungen besser gewappnet zu sein", wie es Opel-Chef Nick Reilly formulierte.

Wegen des erhöhten Eigenanteils von GM sinkt das Volumen der nun noch benötigten Staatshilfen von bislang 2,7 Milliarden auf 1,8 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der Unterstützung soll nach bisherigen Vorstellungen aus Deutschland kommen. Mit der Anhebung des Eigenbeitrags rechne sich das Unternehmen nun bessere Chancen im Bemühen um Staatshilfen aus, sagte Opel-Vorstandsmitglied Alain Visser dem Nachrichtensender n-tv. Doch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gab sich zurückhaltend: "Das Verfahren läuft - Ergebnis offen."

In jedem Fall aber sei die Entscheidung aus Detroit "gut für das Image der Marke Opel und auch ein positives Signal in Richtung der Zulieferer und der Händler", sagte Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Nürtingen, dem Abendblatt. Ganz freiwillig habe GM den Sanierungsbeitrag aber wohl nicht aufgestockt, meint Stefan Bratzel, Branchenexperte an der Fachhochschule der Wirtschaft Bergisch Gladbach. "Die Konzernspitze hat gesehen, dass sie die Staatshilfen sonst nicht bekommen hätte", sagte Bratzel.

Für ihn ist die Frage, warum es diese Hilfen überhaupt geben soll, noch immer nicht beantwortet. Schließlich bedeuteten sie für den Markt eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung. Ford-Deutschland-Chef Bernhard Mattes kritisierte mögliche Staatshilfen für Opel deshalb scharf. "Einseitige Subventionen" halte er für nicht akzeptabel, sagte Mattes der Nachrichtenagentur Reuters. Statt um staatliche Unterstützung solle sich Opel um Mittel der europäischen Förderbank EIB bemühen, deren Programme allen offen stünden.

Schwer nachvollziehbar sei, warum GM nicht schon vorher einen höheren Betrag für die Sanierung des Europageschäfts aufbringen konnte, sagte Bratzel - "und warum sollte es nun von den Amerikanern nicht noch mehr Geld dafür geben können?"

Darüber hinaus bleibe unklar, worauf sich die Regierungen tatsächlich einlassen, wenn sie Staatshilfen geben: "Was passiert, wenn es bei Opel nicht so läuft wie geplant? Droht dann wieder die Insolvenz?" Nach dem vor rund drei Wochen präsentierten Sanierungsplan sollen in Europa 8300 von insgesamt 48 000 Arbeitsplätzen wegfallen, in Deutschland werden demnach 3900 Jobs gestrichen. Das Werk im belgischen Antwerpen soll geschlossen werden. Fachleute sind sich aber nicht sicher, ob diese Einschnitte ausreichen. "Das wird eng werden", sagte Diez. "Es hängt sehr stark davon ab, wie gut die neuen Modelle ankommen." Nach Einschätzung von Bratzel stellen die angekündigten Schritte "eher die Untergrenze" der notwendigen Sparmaßnahmen dar. "Die Situation bei Opel ist nach wie vor äußerst kritisch", so der Experte zum Abendblatt.

In der Branche wird erwartet, dass der deutsche Automarkt in diesem Jahr nach der Sonderkonjunktur der Abwrackprämie um rund ein Viertel einbricht. Zu Jahresbeginn 2010 hätten sich die Verkaufszahlen der Rüsselsheimer im Vergleich zu den Konkurrenten zudem aber unterdurchschnittlich entwickelt, so Bratzel. Dies sei kein Zufall: "Ford, der härteste Wettbewerber von Opel, hat eine deutlich jüngere Produktpalette." Besonders dringend müsse Opel einen neuen Kleinwagen unterhalb des Modells Corsa auf den Markt bringen. "Solche Autos werden auch in Westeuropa immer beliebter." Nachholbedarf bestehe zudem bei Nischenprodukten wie etwa attraktiven Cabrios. In der Vergangenheit habe Opel jedoch in der Modellpolitik nicht immer eine glückliche Hand bewiesen.

Umso mehr wird es nun darauf ankommen, dass die potenziellen Kunden die neuen Opel-Modelle tatsächlich als "innovativ" und "stylisch" empfinden.