Frankfurt/Athen. Der Ton zwischen Griechenland und Deutschland verschärft sich: Im Zuge der Finanzkrise in dem südosteuropäischen Land wurden am Freitag erstmals Forderungen laut, deutsche Produkte zu boykottieren. In der deutschen Politik und in den Medien war in den vergangenen Monaten besonders deutliche Kritik an den desolaten Wirtschafts- und Finanzverhältnissen in Griechenland geäußert worden.

Die deutschen Exporteure reagierten allerdings gelassen auf die Boykottdrohungen griechischer Verbraucherschützer und mahnten zu mehr Sachlichkeit. "Das ist eine Einzelstimme, die sicher nicht der Mehrheitsmeinung der Griechen entspricht", sagte ein Sprecher des Außenhandelsverbandes BGA. "Wir gehen davon aus, dass unsere Handelsbeziehungen auch langfristig gut bleiben."

Der Verbraucherverband hatte unter anderem vor einer Filiale der deutschen Elektronikmarktkette Media-Markt Flugblätter verteilt. "Von heute an Boykott von allen deutschen Produkten und Geschäften durch alle Bewohner Griechenlands", hieß es auf den Zetteln. "Wir wünschen uns eine Rückkehr zur Sachlichkeit", sagte der BGA-Sprecher. "Die Probleme sind zu ernst, um so zu polemisieren."

Der Ton zwischen beiden Ländern war in den letzten Tagen schärfer geworden. Griechenlands Regierung hatte Deutschland gemahnt, angesichts seiner Nazi-Vergangenheit im Hinblick auf die Schuldenkrise mehr Zurückhaltung zu zeigen. Vize-Regierungschef Theodoros Pangalos sorgte mit neuen Äußerungen zur Frage deutscher Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg für Zündstoff.

Für Unmut hatte zudem ein Titelbild des deutschen Magazins "Focus" gesorgt, das die Venus von Milo mit einem ausgestreckten Mittelfinger neben dem Schriftzug "Betrüger in der Euro-Familie" zeigt. Am kommenden Freitag wird Papandreou zu Beratungen in Berlin erwartet.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann traf sich unterdessen mit Regierungsvertretern in Athen, um über die internationale Finanzkrise zu sprechen. An den Märkten wird mit Spannung auf eine neue Staatsanleihe Griechenlands gewartet. Das schwer verschuldete Land dürfte in den kommenden Wochen mit dem zehnjährigen Papier mehrere Milliarden Euro am Markt aufnehmen. Die Deutsche Bank war bereits im Januar an der Ausgabe einer fünfjährigen Anleihe beteiligt. Worüber bei dem Treffen Ackermanns mit Regierungschef Giorgos Papandreou und Finanzminister Giorgos Papakonstantinou gesprochen wurde, blieb zunächst offen. Ein Sprecher der griechischen Regierung wies aber Zeitungsberichte zurück, wonach die Deutsche Bank Anleihen im Wert von 15 Milliarden Euro kaufen wolle. Die Bank hatte selbst nie groß in Staatsanleihen jeglicher Art investiert. "Daran hat sich nichts geändert", sagte ein Sprecher.

Unterdessen verdichten sich Hinweise darauf, dass Großinvestoren die Schwäche des Euro ausnutzen wollen. Mehrere wichtige Hedgefonds hätten Wetten darauf abgeschlossen, dass der Kurs der Gemeinschaftswährung weiter falle, berichtete das "Wall Street Journal" am Freitag. Anfang des Monats hätten sich bekannte Vertreter der Szene bei einem exklusiven Dinner in einem Privathaus in Manhattan getroffen, um bei Filet Mignon und mit Zitrone gebratenem Hühnchen darüber zu sprechen, wie sie von der Schuldenkrise in der Euro-Zone profitieren könnten.

Einige der Hedgefonds-Manager rechneten damit, dass der Euro vom Wert her mit dem US-Dollar gleichziehe, schrieb die Zeitung. Derzeit bekommen Europäer für ihre Währung 1,36 Dollar. Ende vergangenen Jahres waren es allerdings noch 1,51 Dollar gewesen. Dann kamen Zweifel darüber auf, dass Griechenland seine ausgeuferten Schulden in den Griff bekommt.