Bürger schnallen den Gürtel enger und fürchten um ihre Jobs. Steuererleichterungen zeigen kaum Wirkung.

Hamburg. Angst vor Arbeitslosigkeit, gigantische Staatsverschuldung und sogar drohende Staatspleiten am Rand der Euro-Zone dämpfen die Konsumfreude der Deutschen. Anders als viele Konjunkturexperten sehen die deutschen Verbraucher nicht so optimistisch in die Zukunft,. Dies geht aus der jüngsten Konsumklimastudie der GfK hervor. Zum fünften Mal in Folge ist der Indikator für das Konsumklima zurückgegangen und erreichte einen Wert von 3,2 Punkten. Offensichtlich ist die Erhöhung des Kindergeldes und die steuerliche Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge verpufft. Beides hatte zu einem höheren Nettoeinkommen seit Januar 2010 geführt.

Weder Rabattaktionen des Handels noch die niedrige Inflation ermuntern die Verbraucher zu Einkäufen. Mit der verschlechterten Konjunkturerwartung vermindert sich auch die Einkommenserwartung. In der Folge schnallen die Bürger den Gürtel enger. "Viele haben Angst vor einem Jobverlust", sagt GfK-Experte Rolf Bürkl. Er erwartet für die kommenden Monate einen weiteren Rückgang des Konsumklimas. Selbst die prekäre Haushaltslage Griechenlands verunsichert die Verbraucher, denn sie fürchten negative Auswirkungen auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft. "Wir gehen davon aus, dass der Konsum keinen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung in diesem Jahr leisten wird", sagt Bürkl.

Auch die ausufernde Staatsverschuldung im eigenen Land wird die Deutschen in den nächsten Monaten in ihrer Kaufbereitschaft bremsen. Denn damit sinken die Chancen auf weitere Steuerentlastungen. Die schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte hat ein gigantisches Loch in den deutschen Staatshaushalt gerissen. Das Budgetdefizit wuchs von 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf gigantische 79,3 Milliarden Euro 2009 an, gab das Statistische Bundesamt bekannt. Darunter fallen die aufgenommenen Schulden von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen. Insgesamt betragen die Staatsschulden 1676 Milliarden Euro.

Als Folge des hohen Defizits hat Deutschland nach vierjähriger Pause die europäische Schuldengrenze gerissen. Das Defizit fiel 2009 mit 3,3 Prozent höher aus als erwartet. Erlaubt sind lediglich drei Prozent. Auch viele andere Euro-Länder können diese Grenze nicht einhalten. Denn der massive Wirtschaftseinbruch führte zu geringeren Steuereinnahmen. Ein Grund war der Einbruch im Welthandel, der 2009 um zwölf Prozent zurückging, der stärkste Einbruch seit Kriegsende. "Die aktuellen Schuldenstände haben ein historisch kaum noch vergleichbares Niveau erreicht", sagt Jürgen Stark, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank. Besserung ist vorerst nicht in Sicht. In diesem Jahr plant die Bundesregierung ein Haushaltsdefizit von 5,5 Prozent. Erst 2013 soll die Obergrenze von drei Prozent wieder eingehalten werden. "Das ist zu erreichen, wenn sich jetzt die Konjunkturerholung durchsetzt", sagt Michael Bräuninger vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) dem Abendblatt.

Der Stabilitätspakt hat seine disziplinierende Wirkung verloren. "Jetzt besteht die Hoffnung, dass die strengen Auflagen gegenüber Griechenland, auch die Konsolidierung in anderen Ländern vorantreibt", sagt Kai Carstensen vom Ifo-Institut dem Abendblatt. In Griechenland erreicht das Budgetdefizit fast 13 Prozent. Deutschland und Frankreich seien in der Vergangenheit mit schlechtem Beispiel vorangegangen. "In wirtschaftlich guten Zeiten wird zu wenig gespart, also bestenfalls ein ausgeglichener Staatshaushalt erreicht", sagt Carstensen. Nur mit einer Konjunkturerholung hält er die Erreichung der Defizitgrenze bis 2013 nicht für möglich. Erst recht sieht er keine Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung.