Hamburg. Ursprünglich sollte das Forschungsprojekt zur automatischen Fingerabdruckerkennung eine Doktorarbeit werden. Stattdessen wurde ein Weltmarktführer daraus: 1994 gründete der Diplombiologe Günther Mull die Firma Dermalog am Mittelweg. Damit stieg er in eine Zukunftsbranche ein: Der IT-Verband Bitkom schätzt, dass der deutsche Biometriemarkt sich von 120 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 300 Millionen Euro in diesem Jahr mehr als verdoppelt.

Der Trend, mit automatisierten Methoden Menschen zu erkennen, kam allerdings spät in Deutschland an. Bis vor wenigen Jahren verdienten Mull und seine mittlerweile 70 Mitarbeiter ihr Geld vor allem in Lateinamerika, Südostasien und dem Nahen Osten mit Erkennungssystemen für Fingerabdrücke - für Reisepässe, Wahlkarten, Grenzkontrollen. "Die brasilianische Regierung spürt mit unseren Geräten jedes Jahr 15 000 Personen auf, die sich eine Doppelidentität erschleichen wollten", sagte Mull dem Abendblatt. Der deutsche Markt öffnete sich, als 2007 auch hierzulande biometrische Reisepässe inklusive Fingerabdruck eingeführt wurden. 14 000 Scanner der Hamburger Firma stehen jetzt in den deutschen Ortsämtern. Auch Holland, Österreich, Slowenien, Bosnien, Estland und Griechenland lassen sich mit biometrischen Pässen von Dermalog ausstatten. So entstand 2009 bereits ein Drittel des Gesamtumsatzes von 13 Millionen Euro aus Geschäften mit europäischen Staaten. Sowohl die Mitarbeiterzahlen als auch die Umsätze seien in den vergangenen Jahren jeweils um 20 Prozent gewachsen.

Das hoffnungsvollste nationale Projekt des 56-Jährigen, der Scanner im Supermarkt, wird derzeit von der Kölner Rewe-Gruppe getestet. "Das Projekt muss erst einmal anlaufen", sagt Mull. 2010 erwarte er maximal eine Million Euro Umsatz, danach deutlich mehr. Auch andere Supermarktketten hätten bereits Interesse signalisiert. Mulls Vision für die Zukunft ist klar: "Ein Leben ohne lästige Passwörter!" Also per Fingerabdruck in das E-Mail-Postfach, kartenlos Geld abheben am Bankautomaten, Türen öffnen ohne Schlüssel. Bezahlen im Supermarkt ohne Geld oder EC-Karte können die Kunden ja bereits.