Flughäfen sagen für 2010 wieder mehr Passagiere voraus. Experten erwarten Mehrkosten für Tickets bis 90 Euro auf Langstrecken.

Hamburg. Was die Fluggesellschaften arg in Bedrängnis bringt, freut die Passagiere: Wegen des kräftigen Nachfragerückgangs infolge der Wirtschaftskrise sind die Flüge auf vielen Routen billiger geworden. So nahm der durchschnittliche Ticketpreis am Hamburger Flughafen im vergangenen Jahr von 326,30 Euro auf 305,90 Euro ab. Und zuvor hatte die zunehmende Konkurrenz der Billigflieger schon seit längerer Zeit die etablierten Airlines wie etwa die Lufthansa gezwungen, von ihrer Hochpreispolitik mehr und mehr abzurücken.

Doch mit dieser kundenfreundlichen Entwicklung der immer günstigeren Tickets dürfte es schon bald vorbei sein, meinen Experten. Dafür gibt es mehrere Gründe. So steigt die Nachfrage seit einigen Wochen wieder an, auch wenn sie noch weit vom Niveau des ersten Halbjahres 2008 entfernt ist. Der Verband Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) rechnet für 2010 mit einem Wachstum im Passagierverkehr von rund drei Prozent, wie er am Freitag mitteilte. Dennoch dürften die Fluggesellschaften rund um den Globus nach Schätzungen ihres Weltverbands IATA in diesem Jahr noch einmal Verluste von insgesamt 5,6 Milliarden Dollar (3,9 Milliarden Euro) verbuchen, nach elf Milliarden Dollar im Jahr 2009.

"Das jetzige Preisniveau wird auf Dauer nicht zu halten sein", sagt Gerd Pontius, Vorstand der auf die Luftfahrt spezialisierten Hamburger Unternehmensberatung Prologis, dem Abendblatt. "Die Airlines müssen höhere Margen erzielen, um wieder kostendeckend zu fliegen." Hinzu kommt, dass ein neuer, zusätzlicher Kostentreiber schon absehbar ist: Beginnend mit dem 1. Januar 2012 wird der Luftverkehr auf Beschluss der Europäischen Union in den Emissionsrechtehandel einbezogen. Das funktioniert so: Je nach der Menge des Ausstoßes von Treibhausgas müssen die Fluggesellschaften dann - wie heute schon die Energiekonzerne - CO2-Zertifikate vorweisen. Diese Zertifikate werden von der EU ausgegeben, aber nur auf Basis der durchschnittlichen Emissionen in den Jahren 2004 bis 2006. Von den benötigten Zertifikaten sind anfänglich 85 Prozent gratis, wobei dieser Anteil später sinkt, der Rest wird versteigert. Kommt eine Airline damit nicht aus, muss sie die an einer speziellen Börse gehandelten "Verschmutzungsrechte" hinzukaufen.

Dies werden letztlich alle Fluggesellschaften tun müssen, meint dazu Tanja Wielgoß, Luftfahrtexpertin bei der Unternehmensberatung AT Kearney, "denn eine Airline, die über längere Zeit nicht mehr wächst, hat ein Problem". Die Folge: "Der Emissionshandel wird die Kosten pro Flugstunde steigen lassen", so Pontius. "Die Fluggesellschaften werden dies an die Passagiere weitergeben müssen." Es geht dabei um sehr viel Geld. So rechnet die Vereinigung europäischer Airlines (ERA) mit Belastungen von 90 Milliarden Euro für den Zeitraum 2012 bis 2022. Große Anbieter wie die Lufthansa und British Airways veranschlagen die Kosten durch den Emissionshandel jeweils auf mittlere dreistellige Millionen-Euro-Beträge pro Jahr - und das in der Anfangsphase der neuen Regelung. "Die Fluggesellschaften werden diese Zusatzbelastung an die Kunden weitergeben müssen", ist Pontius sicher. Nach seinen Schätzungen werden die Mehrkosten pro Passagier auf einem Langstreckenflug bei 60 bis 90 Euro liegen.

Was den Airlines und den Verbrauchern wehtut, könnte auf längere Sicht den Jetherstellern wie Airbus und Boeing allerdings nützen, so Pontius: "Es ist eine der Grundideen des Emissionshandels, Investitionen in modernes Fluggerät anzuregen."

Entscheidend werde sein, wie treibstoffeffizient eine Fluggesellschaft arbeiten kann, erwartet auch Tanja Wielgoß. Doch moderne Jets können sich nicht alle Anbieter leisten: "So kann man davon ausgehen, dass der Emissionshandel die Konsolidierung in der Branche zusätzlich forciert" - was die Preise ebenfalls nach oben treiben dürfte.

Ein womöglich viel schlimmerer Kostentreiber lauert aber woanders, weiß Pontius: "Das größte Risiko für die Fluggesellschaften besteht darin, dass die Spekulanten den Ölmarkt wieder für sich entdecken."