Windparks auf See sollen mit Wasserkraftwerken gekoppelt werden. Ziel: keine Ausfälle mehr beim Stromfluss.

Hamburg. Mit der Ankündigung eines weiteren Großprojektes zeichnen sich die Konturen einer künftigen Stromversorgung in Europa ab. Ein gemeinsames Ökostromnetz der Nordsee-Anrainer und Irland zur Verbindung von Offshore-Windparks mit Wasserkraftwerken an den Küsten, dürfte den Ausbau der erneuerbaren Energien entscheidend voranbringen. "Ziel ist ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien und deren Integration in ein leistungsfähiges Stromnetz", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gestern. Die Ministerien und Fachleute der acht beteiligten EU-Staaten sowie Norwegen wollen laut Brüderle im ersten Halbjahr 2010 die Schwerpunkte für die Ausarbeitung des Projekts festlegen.

Ähnlich wie bei dem Projekt Desertec - dem geplanten Aufbau großer Solaranlagen in Nordafrika und deren Anbindung an Europa - geht es darum, die erneuerbaren Energien in den kommenden Jahrzehnten im großen Maßstab zu nutzen. Damit könnte die Stromversorgung in Europa schrittweise auf eine letztlich rein regenerative Basis umgestellt werden, das allerdings erst längerfristig. Der europäische Windenergie-Verband EWEA schätzt allein den Zeitbedarf für den Bau eines unterirdischen Netzes in der Nordsee auf etwa zehn Jahre und die Kosten auf rund 30 Milliarden Euro.

Der Bundesverband Windenergie begrüßte die Ankündigung zur europäischen Offshore-Initiative, Sprecher Ulf Gerder wies aber darauf hin, dass das Gros der Windkraftanlagen heute wie auch in den kommenden Jahren an Land stehen werde: "Das bleibt das Kerngeschäft unserer Branche", sagte er. Europaweit werde die installierte Windkraft-Kapazität von derzeit rund 75 000 Megawatt auf etwa 230 000 Megawatt im Jahr 2020 ansteigen. "Rund 80 Prozent davon werden an Land stehen, und auch dafür müssen neue Netzstrukturen geschaffen werden. Es geht darum, die heutige Struktur mit zentralen Großkraftwerken durch eine dezentrale Versorgungsweise zu ersetzen."

Ein wesentliches Problem der erneuerbaren Energien ist bislang, dass nur ein Teil von ihnen kontinuierlich zur Verfügung steht, nämlich Biomasse und die Ausbeute aus Wasserkraftwerken, darunter künftig verstärkt auch Gezeitenkraftwerke. Die Energielieferungen von Windkraftwerken und Solaranlagen schwanken hingegen mit dem Windangebot und dem Wechsel von Tag und Nacht. Dieses Manko lässt sich durch Speicher überwinden, etwa durch Pumpspeicherkraftwerke an Stauseen - oder aber durch die Vernetzung von Tausenden Einzelanlagen der verschiedenen Technologien in einer größeren Region.

Deutschlands größter Netzbetreiber, der Essener Energiekonzern RWE, begrüßte die gestrige Ankündigung für das Projekt eines Nordsee-Netzes: "Für die erneuerbaren Energien bedeutet das einen weiteren Schub", sagte Sprecherin Annett Urbaczka. Das RWE-Tochterunternehmen Innogy zählt zu den führenden deutschen Unternehmen im Markt der erneuerbaren Energien.