Hamburger Forscher vom HWWI und die Berenberg-Bank sehen großen Markt für alternative Antriebe.

Hamburg. Die von Experten vorausgesagte stark wachsende Nachfrage nach Batterien für Elektroautos droht einer Studie zufolge zu einem Engpass bei der weltweiten Versorgung mit Lithium zu führen - einem der wichtigsten Rohstoffe der Batterien. "Lithium ist ein relativ knappes Gut", sagte Henning Vöpel, Wissenschaftler am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), dem Abendblatt. "Die Nachfrage droht langfristig das Angebot deutlich zu übertreffen", heißt es in einer gemeinsam mit dem Hamburger Privatbankhaus Berenberg erstellten Studie zur Mobilität in den kommenden Jahrzehnten. Dies könne zu "erheblichen Preissteigerungen" bei Lithium führen.

Das Leichtmetall wird neben Kobalt, Nickel und Kupfer aller Voraussicht nach ein Hauptrohstoff für die Herstellung von Batterien der zukünftigen Generationen von Hybrid- und Elektroautos sein. "Hier bahnen sich strukturelle Versorgungsdefizite an", so die Studie. Bisher seien noch keine Alternativen bekannt, die ähnlich günstige Materialeigenschaften aufweisen.

In Elektroautos sind die Akkus die teuersten Bauteile. So kostet die im Mitsubishi Colt MiEV verwendete Lithium-Ionen-Batterie laut den Experten mit umgerechnet 9500 Euro fast so viel wie ein herkömmlicher Kleinwagen.

Zwar gilt heute neben dem Elektroantrieb auch noch die Wasserstofftechnologie als Kandidat für die Ablösung des Benzinmotors in der Zukunft. "Es würde aber enorm hohe Infrastrukturinvestitionen erfordern, zwei Versorgungsnetze parallel aufzubauen", sagte Vöpel, "und darum erwarten wir nicht, dass es dazu kommt." Aktuell scheine es, als werde sich das Elektroauto durchsetzen, zumal es den höchsten Wirkungsgrad aufweise. Zudem sei die CO2-Bilanz für ein batteriebetriebenes Fahrzeug mit nur 35 Prozent der Emissionen eines vergleichbaren Autos mit Otto-Motor sehr günstig.

Allerdings werde sich die neue Technologie nur langsam durchsetzen. So gingen einige Prognosen davon aus, dass selbst im Jahr 2020 die Hybrid- und Elektrofahrzeuge erst sechs bis sieben Prozent des jährlichen Gesamtabsatzes ausmachen werden, für 2030 werde aber ein Anteil von fast 40 Prozent aller Neuwagen für möglich gehalten.

In Deutschland dürften nach Schätzungen der Bundesregierung im Jahr 2020 eine Million Elektro- und Hybridautos zugelassen sein - was einem Marktanteil von rund zwei Prozent entspräche. Zehn Jahre später sollen es schon fünf Millionen sein.

Der Technologiewandel wird nach Einschätzung der Experten jedoch die Struktur der Branche verändern: "Grundlegende Umwälzungen sowohl bei Automobilherstellern als auch im Bereich der Zulieferer stehen an", sagte Robert Freiherr von Kap-herr, Leiter Sekundär-Research der Berenberg Bank.

Grund dafür sei nicht zuletzt die "finanzielle Doppelbelastung" der Konzerne: Sie müssten Milliarden in die Forschung investieren, während sie derzeit mit hohen Umsatzrückgängen und teils mit Verlusten zu kämpfen haben. Dies biete jungen Technologieunternehmen die Chance, etablierten Herstellern Konkurrenz zu machen, zumal Elektroautos einfacher zu produzieren seien als heutige Pkw.

Trotz des allmählichen Wandels zu den neuen Antriebsformen trage die dynamische Entwicklung des Personenverkehrs dazu bei, dass sich der globale Energiebedarf bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird, wie es in der Studie heißt. Triebkräfte dafür seien das immense Bevölkerungswachstum - die OECD erwartet eine Zunahme um gut 40 Prozent bis 2030 - und die rasant steigenden Einkommen in zahlreichen Regionen der Welt. Allein in den Ländern China, Indien, Russland, Brasilien und Indonesien soll die Zahl der Autos in den kommenden beiden Jahrzehnten um 438 Millionen zunehmen. Damit würde sich die Pkw-Dichte in Indien verdreifachen, in Indonesien vervierfachen und in China verzehnfachen. Vor allem für Mega-Städte in Asien prognostizieren die Experten vor diesem Hintergrund große Probleme wegen des steigenden Verkehrsaufkommens: "Lärm, Luftverschmutzung und Staus werden zunehmend das Bild wachsender Metropolen prägen."