240 Polizisten in der Stuttgarter Zentrale im Einsatz. Aktion geht auf Anzeige von Privatpersonen zurück.

Stuttgart. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gestern Geschäftsräume der größten deutschen Landesbank LBBW und zahlreiche Privatwohnungen der Vorstände durchsucht. Die Razzia richtet sich gegen sechs amtierende Vorstandsmitglieder und den im Mai ausgeschiedenen Chef Siegfried Jaschinski. Ihnen wird schwere Untreue im Zusammenhang mit riskanten Geschäften mit US-Wertpapieren zur Last gelegt. Einer mit der Situation vertrauten Person zufolge ist der seit Sommer amtierende Vorstandschef Hans-Jörg Vetter nicht von den Ermittlungen betroffen.

Die übrigen Manager hätten seit Ende 2006 trotz erkennbarer Marktrisiken dreistellige Millionenbeträge in US-Hypothekenanleihen investiert und dadurch das Bankvermögen gefährdet oder geschädigt. Der tatsächliche Schaden sei derzeit noch nicht absehbar, dürfte jedoch in Millionenhöhe liegen, teilten das Landeskriminalamt in Baden-Württemberg und die Stuttgarter Staatsanwaltschaft mit.

Für die Razzia zog die Polizei rund 240 Beamte und Ermittler zusammen, die am Vormittag die Zentrale der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in der Stuttgarter Innenstadt durchkämmten. Auch zehn Privatwohnungen wurden nach Angaben der Ermittlungsbehörden durchsucht. Den Beschuldigten werde vorgeworfen, dass sie die riskanten Geschäfte auch dann noch nicht untersagt hätten, als der Markt für US-Immobilienkredite und -anleihen unmittelbar vor dem Zusammenbruch stand und Investitionen in solche Papiere "deshalb ein unkalkulierbares Risiko bargen". Ein Sprecher der Stuttgarter Landesbank sagte, die Ermittlungen gegen die Vorstände zielten auf das sogenannte Kreditersatzgeschäft. Diese Anlagen in riskante Wertpapiere hatten der LBBW in diesem und im vergangenen Jahr hohe Verluste eingebracht.

Bei der LBBW gehen die Ermittlungen der Behörden auf Anzeigen mehrerer Privatpersonen zurück, die Ende 2008 bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart - teilweise anonym - eingingen. Im November 2008 nahm die Strafverfolgungsbehörde ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen die sieben LBBW-Vorstände auf. Damals hieß es bei der Staatsanwaltschaft, die Anzeigeerstatter hätten "nicht viel in der Hand" und beriefen sich auf allgemein zugängliche Informationen.

"Der Vorstand der LBBW unterstützt die Ermittlungen voll umfänglich, um zu einer raschen Aufklärung des Sachverhalts beizutragen", erklärten LBBW-Chef Vetter und der Vorsitzende des Verwaltungsrats, Peter Schneider. Die Bank gehört dem Land Baden-Württemberg, den Sparkassen und der Stadt Stuttgart. Wegen der weltweiten Turbulenzen an den Finanzmärkten im Zuge der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hatte die LBBW 2008 einen Verlust von fast 2,1 Milliarden Euro eingefahren. Auch 2009 wird mit einem Minus in dieser Größenordnung gerechnet. Um die drastisch gesunkene Eigenkapitalquote zu stützen, haben die Eigner dem Institut in diesem Jahr bereits fünf Milliarden Euro zugeschossen und riskante Wertpapiere im Umfang von fast 13 Milliarden Euro mit Staatsgarantien ausgelagert. Im Mai musste Vorstandschef Siegfried Jaschinski nach vier Jahren im Amt gehen.