41 Millionen Dollar Verbandsgelder sind mit der Lehman-Pleite verschwunden. Nordmetall-Chef Thomas Klischan nimmt dazu Stellung.

Hamburg. Der Millionenverlust beim Arbeitgeberverband Nordmetall hat am Wochenende weit über Hamburgs Grenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Wie berichtet, hat der Verband 41 Millionen Dollar verloren, nachdem er einen Teil der Mitgliedsbeiträge in Zertifikate der pleitegegangenen US-Investmentbank Lehman Brothers investiert hatte. Insgesamt geht es beim Verband um 30 Millionen und bei der Stiftung des Verbandes um elf Millionen Dollar. Für den Verband bedeutet dies eine Einbuße aus der Streikreserve. Die Stiftung engagiert sich mit ihrem Kapital vorwiegend für Bildung und Kultur im Norden.

Über die Ursachen und die Folgen des Verlusts sprach das Abendblatt mit Nordmetall-Hauptgeschäftsführer Thomas Klischan (62).

Hamburger Abendblatt:

Warum haben Sie in Lehman-Papiere investiert?

Thomas Klischan:

Zu dem damaligen Zeitpunkt galt das Lehman-Papier für uns, und wie für etliche andere Anleger auch, als sichere Anlage. Ein bestens bewertetes Investment, das etliche Banken empfohlen haben. Wir haben uns damals auf den Rat eines Experten gestützt, der den Verband und unseren Anlageausschuss aus ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern seit Jahren berät. Zuvor haben wir auf diese Weise jahrzehntelang außerordentlich gewinnbringende Anlagen getätigt.

Abendblatt:

Warum haben Sie mit einer so große Summe auf eine einzige Anlageform gesetzt - es gibt doch die Möglichkeit, das Risiko auf verschiedene Anlagen zu verteilen?

Klischan:

Unsere Vermögensanlagen sind breit gestreut. Das Vermögen der Verbände ist über Jahrzehnte gewachsen, wenn ich hier auch grundsätzlich keine Summen nennen will. Der Fonds für die bestreikten Unternehmen ist bei uns seit Jahrzehnten kaum in Anspruch genommen worden, weil wir relativ wenige Streiks hatten.

Abendblatt:

Wann war der Verlust bekannt geworden?

Klischan:

Gleichzeitig mit der Pleite von Lehman Brothers im September 2008. Allerdings gibt es noch eine gewisse Hoffnung, dass uns ein Teil des Geldes aus der Insolvenzmasse zurückfließt. Vorsorglich haben wir das Geld aber bereits abgeschrieben.

Abendblatt:

Wann haben Sie die Mitglieder darüber informiert, dass das gemeinsam ersparte Geld verloren ist?

Klischan:

Am 9. Juli 2009 auf der Mitgliederversammlung. Vorher schon hatten die Mitglieder wie in jedem Jahr die Möglichkeit, den Bericht des Wirtschaftsprüfers einzusehen. Es gab jedoch keine Kritik: Nachdem der Schatzmeister über den Verlust informiert hatte, wurden Vorstand und Geschäftsführung schließlich auch einstimmig entlastet.

Abendblatt:

Haben Sie den Lehman-Verlust auch im Jahresbericht oder im Protokoll der Mitgliederversammlung erwähnt?

Klischan:

Wir haben ihn im Geschäftsbericht des Wirtschaftsprüfers erwähnt, aber nicht im Jahresbericht. Dabei handelt es sich um eine fast bundesweit verschickte Broschüre, in der vorwiegend über unsere Tätigkeit informiert wird und nicht über unsere Finanzen. Und das Protokoll ist kein Wortlaut- sondern ein Ergebnisprotokoll.

Abendblatt:

Wird es personelle Konsequenzen geben im Verband oder der Stiftung?

Klischan:

Nein, dazu sehe ich keine Veranlassung. Keiner hat einen Fehler gemacht, außer vielleicht die US-Regierung, indem sie die Bank nicht gerettet hat.

Abendblatt:

Welche Projekte mussten Sie wegen Geldmangels einstellen oder einschränken?

Klischan:

Wir mussten keine Projekte einstellen. Der Verlust hat zwar wehgetan, er schränkt aber weder die Handlungsfähigkeit des Verbandes für seine Mitglieder noch die Fördertätigkeit der Stiftung ein. Außerdem konnten wir die Einbußen durch andere Anlagen in den vergangenen Monaten praktisch vollständig wieder ausgleichen. Das Stiftungsvermögen von 80 Millionen Euro steht auch weiterhin zur Verfügung.

Abendblatt:

Wie haben Sie das übrige Geld angelegt?

Klischan:

Ganz unterschiedlich. Und gewinnbringend.

Abendblatt:

Gab es Kündigungen der Mitglieder?

Klischan:

Nein.