Die norddeutschen Beschäftigten des Konsumgüterherstellers Johnson & Johnson bangen: 170 Arbeitsplätze werden nach Mexiko verlagert.

Norderstedt. "Erst waren wir traurig, fühlten uns verraten und verkauft, allein gelassen mit unseren Familien. Aber heute herrscht die Wut vor!" So fasste Ayhan Öztürk, Betriebsratsvorsitzender von Johnson & Johnson in Norderstedt, am Freitag die Stimmung des Protestes zusammen. 500 Mitarbeiter des Medizintechnik-Unternehmens hatten sich gegen 6.30 Uhr vor dem Haupteingang an der Robert-Koch-Straße versammelt, um gegen die Entlassung von 170 Kolleginnen und Kollegen zu demonstrieren. Ihre Arbeitsplätze sollen nach Mexiko verlegt werden, weil die Produktion dort billiger ist (Abendblatt berichtete).

"Bei den meisten hat sich ein Wandel im Verhalten eingestellt. Noch auf dem Weg zur Demo haben sie geweint, doch dann wichen die Tränen der Wut und der Kampfbereitschaft. Die Solidarität ist gewachsen, alle stehen füreinander ein", sagte Öztürk. "Der Verlust des Arbeitsplatzes ist das Schlimmste, was uns passieren kann", sagte Ismail Demirel (45), der seit neun Jahren in der Produktion arbeitet.

Vor wenigen Wochen hatte er - wie viele Kollegen - durch einen Bericht der Norderstedter Zeitung, die zum Abendblatt gehört, von den Abbauplänen des Managements erfahren. Damals war noch von 400 Jobs die Rede gewesen.

"Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen!"

Jan Eulen, Bezirksleiter der Gewerkschaft IG BCE Hamburg, rief den aufgebrachten Mitarbeitern zu: "Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen! Johnson & Johnson schreibt satte Gewinne. Hier wird Profitmaximierung auf Kosten langjähriger Mitarbeiter betrieben. Das können und werden wir nicht hinnehmen." Die Protestaktionen seien nur der erste Schritt. "Wir erwarten von der Geschäftsleitung endlich klare Aussagen, wie es weitergehen soll."

Eulen kritisierte, dass jetzt fertige Pläne umgesetzt werden sollen, bevor der Betriebsrat auch nur eine einzige Analyse zu Gesicht bekommen habe. "Für uns ist klar: Bevor wir über einen Interessenausgleich oder Sozialplan mit dem Arbeitgeber verhandeln, kämpfen wir um jeden einzelnen Arbeitsplatz", sagte er.

"Wir nehmen die Nachricht vom drohenden Stellenabbau mit Bedauern zur Kenntnis", sagte Hans-Joachim Gote, Oberbürgermeister in Norderstedt, wo Johnson & Johnson mit derzeit noch 2300 Beschäftigten der größte Arbeitgeber ist und kräftig Gewerbesteuer zahlt. Zugleich freue er sich über die Zusage der Geschäftsleitung, mit der er am Freitag telefoniert habe, dass der Standort Norderstedt erhalten bleiben soll. Eine weitere Verlagerung sei nicht geplant. Weltweit will der Konzern 8000 von 120 000 Arbeitsplätzen abbauen.