Mehr als 90 neue Mitglieder in einer Woche: Seit bei dem Norderstedter Unternehmen Johnson & Johnson bekannt wurde, dass 400 der insgesamt 2300 Stellen abgebaut werden sollen, erlebt die Gewerkschaft IG BCE einen Mitgliederandrang.

Hamburg. "Viele Mitarbeiter sind verunsichert, wissen nicht, was aus ihrem Arbeitsplatz wird", sagte Ayhan Öztürk, Betriebsratsvorsitzender des Unternehmens, im Gespräch mit dem Abendblatt. "Außer der Ankündigung hat es keine weiteren Informationen gegeben. Uns wurde bisher noch nicht einmal ein schlüssiges Konzept vorgelegt. Wir erkennen keine Logik in den Planungen der Geschäftsführung", ergänzte Jan Eulen, Vorsitzender der IG BCE in der Metropolregion Hamburg.

Laut Öztürk hat die Norderstedter Tochter des US-Konzerns seit der Gründung 1956 jedes Jahr Gewinne erwirtschaftet. "Der Standort ist profitabel, doch jetzt sollen 400 Arbeitsplätze in ein Billiglohnland vermutlich außerhalb Europas verlagert werden." Eulen und Öztürk wollen um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Unterstützung bekommen sie vom Fraunhofer-Institut, das im Auftrag des Betriebsrats und der Gewerkschaft ein Gutachten über die Zukunftsfähigkeit der Stellen bei Johnson & Johnson erstellen soll. Für morgen wurde bei der Norderstedter Tochter des US-Konzerns zudem eine Betriebsversammlung einberufen. "Wir erwarten 1300 Mitarbeiter, denen die Geschäftsleitung Rede und Antwort stehen muss." Auch weitere Proteste soll es geben.

Johnson & Johnson fertigt in Norderstedt unter anderem Nadeln und Fäden, die bei Operationen eingesetzt werden. Neben einfachen Standardprodukten werden auch hochspezialisierte und miniaturisierte Produkte angefertigt, die etwa bei Herz- oder Augenoperationen zum Einsatz kommen. Da diese Fertigung sehr arbeitsintensiv ist, fürchten Öztürk und Eulen, dass genau dieser Bereich verlagert werden soll. "Dabei hat das Unternehmen in diese Produktion in den vergangenen zwei Jahren vier Millionen Euro investiert", sagte Öztürk. Johnson & Johnson wollte sich nicht konkret äußern. Noch handele es sich um Planungsszenarien ohne konkreten Beschluss, sagte ein Sprecher.