Die Hafenfirmen fordern die Stadt zu Investitionen auf, rechnen jedoch mit harten Debatten um die Finanzierung von Verkehrsprojekten.

Hamburg. In den Jahren des Booms jubelte man gemeinsam über Wachstumspläne, in der Krise wird der Ton zwischen der Hamburger Hafenwirtschaft und Politik nun rauer. Die Weltwirtschaftskrise belastet das Geschäft des größten deutschen Seehafens wegen rückläufiger Gütermengen und wegen der erschwerten Finanzierung neuer Infrastrukturprojekte. Zudem ist unklar, wie stark die neue Bundesregierung, die gestern ihre Amtsgeschäfte aufnahm, den Ausbau der deutschen Seehäfen und ihrer Anbindungen per Straße und Schiene fördern wird.

"Wir werden in Zukunft sehr viel schwierigere Verteilungskämpfe haben", sagte Klaus-Dieter Peters, Chef des Hafenlogistikkonzerns HHLA, bei der Mitgliederversammlung des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Peters ist zugleich Präsident des Verbandes mit 110 Unternehmen aus der Hamburger Hafenwirtschaft. "Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung vermisse ich eine Verstetigung von Investitionsvorhaben über das Jahr 2010 hinaus", sagte er. Projekte wie die Elbvertiefung, der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals oder der Schienenverbindungen zu den Häfen müssten ungeachtet der Krise fortgesetzt werden, damit der Hamburger Hafen konkurrenzfähig bleibe.

Vom Senat forderte Peters, die vergleichsweise hohen Anlaufkosten des Hamburger Hafens unter die Lupe zu nehmen. Neben den Hafenunternehmen sind an der Gestaltung der Preise, die die Reedereien zahlen müssen, auch die Hamburg Port Authority sowie der Bund beteiligt, der die Gebühren für die Elblotsen festlegt. Peters begrüßte den Vorstoß von Wirtschaftssenator Axel Gedaschko, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen: "Ich hoffe allerdings, dass es dabei nicht beim Tischgebet bleibt."

Die Weltwirtschaftskrise und der stagnierende Welthandel haben den Hamburger Hafen im zurückliegenden Jahr hart getroffen. Insgesamt ging der Umschlag im ersten Halbjahr 2009 gegenüber den ersten sechs Monaten 2008 um rund 24 Prozent zurück. Besonders stark traf der Abschwung den Containerverkehr, der 2008 noch eine Gesamtmenge von 9,7 Millionen Einheiten (TEU) erreicht hatte. In diesem Jahr dürften es nach nicht-offiziellen Schätzungen der Hafenwirtschaft insgesamt nur noch 7,7 Millionen TEU werden. "Die Talsohle scheint erreicht. Aber zweistellige Zuwachsraten gehören der Vergangenheit an", sagte Peters. Von ehrgeizigen Ausbauprojekten im Hafen haben sich Stadt und Unternehmen längst verabschiedet. Ende 2006 ging die Branche davon aus, dass sich der für Hamburg besonders wichtige Containerverkehr von der damaligen Menge bis zum Jahr 2015 auf rund 18 Millionen TEU noch einmal glatt verdoppeln würde. HHLA-Chef Peters rechnet nun damit, dass der Hafen erst 2014 wieder rund zehn Millionen TEU erreichen wird.

Betroffen ist von der Krise vor allem das Projekt eines fünften großen Containerterminals, das ursprünglich im mittleren Freihafen entstehen sollte. Ob dieses Terminal gebaut wird und welche Güter dort dann umgeschlagen werden könnten, lässt die Port Authority derzeit untersuchen.

In den zurückliegenden Boomjahren wuchs stetig der Drang der Hafenwirtschaft, die Terminals aus- und neu zu bauen, um der anschwellenden Menge von Containern überhaupt noch Herr zu werden. Jetzt setzt sich die gegenteilige Haltung durch. "Die Entwicklung des mittleren Freihafens darf nicht zu Kapazitätsüberhängen führen", sagte Peters gestern. Denn Überkapazitäten würden den Preisdruck auf die Hamburger Hafenwirtschaft weiter erhöhen. Aus verschiedenen Gründen haben die beiden führenden Hamburger Betreiber von Containerterminals - HHLA und Eurogate - bereits zahlreiche Zubringerdienste in die Ostsee an die Nordsee-Konkurrenzhäfen Rotterdam und Zeebrugge verloren.

Weitere Abwanderungen sind zu erwarten, wenn die Fahrrinne der Elbe nicht zügig vertieft wird. Die Reedereien setzen, vor allem auf ihren Fernostlinien, immer größere Schiffe ein. Diese Frachter oberhalb von 8000 - und mittlerweile zunehmend von mehr als 10 000 - TEU Tragfähigkeit können mit der Flut nur zu wenigen Zeiten auslaufen. "Diese Zeitfenster werden immer enger", sagte Eurogate-Manager Gunther Bonz, der frühere Staatsrat der Wirtschaftsbehörde. Die Kapazität auf den Terminals wiederum stellt aus seiner Sicht kein Problem dar: "Wir können bereits mit den heutigen technischen Mitteln und Flächen die bestehenden Terminals auf eine Kapazität von 20 bis 25 Millionen TEU Containerumschlag im Jahr erweitern."

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Hafenwirtschaft und Stadt ist klar vorgezeichnet. Nach dem Willen des schwarz-grünen Senats soll sich der Hafen von 2012 an aus seiner eigenen Leistung tragen, die Unternehmen sollen dann auch an der Finanzierung von Verkehrsanbindungen und Logistikflächen beteiligt werden. Bislang finanziert die Stadt die Infrastruktur. HHLA-Chef Peters drängt darauf, dass das auch so bleibt: "Der Ausbau der Infrastruktur ist Aufgabe des Staates, nicht der Privatwirtschaft. "Das werden wir leidenschaftslos verhandeln."