Kanzlerin ist überzeugt, dass selbst der US-Präsident die GM-Pläne nicht kannte. Beschäftigte protestieren gegen Verbleib beim US-Konzern GM.

Rüsselsheim/Hamburg. Tausende Opel-Mitarbeiter haben gestern gegen den Verbleib des angeschlagenen Autobauers beim Mutterkonzern General Motors (GM) demonstriert. Im Stammwerk Rüsselsheim sowie in Bochum, Kaiserslautern und Eisenach protestierten sie gegen den abgesagten Verkauf ihres Unternehmens an den Zulieferer Magna. Der Chef des Gesamtbetriebsrats, Klaus Franz, sagte, es sei unvorstellbar gewesen, wie General Motors in den vergangenen zwölf Monaten mit den Ängsten der Beschäftigten und deren Familien gespielt habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die am Dienstag bei ihrer USA-Reise nicht von der Kehrtwende von GM informiert worden war, hält das Verhältnis zu den USA dennoch für unbeeinträchtigt. Merkel sagte nach einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama, er habe sie nicht absichtlich in Unkenntnis über den geplatzten Verkauf gelassen. Zugleich will sie den Druck auf den US-Autokonzern erhöhen. "Das Gespräch mit US-Präsident Obama hat mir gezeigt, dass auch er von der Wende bei General Motors nichts gewusst hat", sagte Merkel der "Bild". "Bei allen Fragen, die sich jetzt stellen, werden wir sehr vertrauensvoll zusammenarbeiten."



GM hatte sich nach monatelangem Gezerre entschieden, die Mehrheit an Opel doch nicht zu verkaufen. Der Konzern erwartet wie Magna die Streichung von 10 000 Stellen in Europa. Der Unmut der Opelaner richtet sich auch gegen die Summe von drei Milliarden Euro, die GM für die Sanierung ausgeben will. Der Betrag reiche nur, um das Unternehmen immer kleiner zu schneiden und den Marktanteil zu senken, sagte IG-Metall-Funktionär Armin Schild im ZDF.

Die drei Milliarden Dollar könnten laut GM-Chef Fritz Henderson entweder aus einer Senkung der Lizenzgebühren finanziert werden, welche die europäischen Ableger an das Mutterhaus überweisen, oder sie könnten aus den Finanzhilfen der US-Regierung an GM beglichen werden. Henderson räumte ein, dass die Entscheidung über Opel erst nach "sehr heftigen Diskussionen" gefallen sei.

Trotz der Verärgerung in der Bundesregierung kann GM aber offenbar noch auf Staatshilfen hoffen. Wenn ein Plan von GM vorliege, könne man über Geld aus dem Deutschlandfonds reden, sagte der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hält Staatshilfen noch für möglich. Voraussetzung sei, dass General Motors bei Opel auf Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichte.



Ökonomen warnten Bund und Länder gestern jedoch vor neuen Subventionen. "Es ist noch nie gelungen, mit Steuergeldern künstlich Kapazitäten zu halten, die der Markt nicht hergibt", sagte der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther. Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer warnte, nach den Erfahrungen der vergangenen 20 Jahre sei das Risiko des Scheiterns für Opel bei GM hoch: "Nach meiner Einschätzung zu hoch, um Steuermilliarden als Kredite zur Verfügung zu stellen", sagte Dudenhöffer.

Selbst im eigenen Konzern sorgte der GM-Verwaltungsrat für Streit. "So ein plötzlicher Schwenk ist kaum nachzuvollziehen", sagte GM-Europachef Carl-Peter Forster der "BamS". Er hätte sich ein anderes Ergebnis gewünscht, habe keine Erklärung für das Vorgehen und wisse nicht, wie es weitergehe. Auf die Frage, wie die Opel-Sanierung aussieht, sagte Forster: "Ich weiß es nicht. Das müssen wir in den nächsten Tagen erarbeiten. Ich glaube, die wichtigen Herren, die das entschieden haben, wissen es selbst nicht."