Ein Boom steht nicht bevor. Sorgen bereitet der Wirtschaft der starke Euro, der deutsche Ausfuhren in den Dollar-Raum verteuert.

Hamburg/Berlin. Die deutschen Exporteure schöpfen neue Hoffnung. Nach den zum Teil drastischen Einbrüchen in diesem Jahr erwarten die Außenhändler 2010 wieder deutlich anziehende Geschäfte. Im Schlepptau der weltweiten Erholung dürften die Umsätze um bis zu zehn Prozent auf 898 Milliarden Euro klettern, sagte der Präsident des Bundesverbands Groß- und Außenhandel (BGA), Anton Börner, gestern in Berlin.

Der Außenhandel werde in den nächsten Monaten sowie im kommenden Jahr weiter an Boden gutmachen. Eine Rückkehr zu früheren Boomjahren sei dies allerdings nicht, dämpfte er zu euphorische Prognosen. Zuvor stünden der Branche noch einige magere Jahre bevor. "Vor uns liegt ein langer und beschwerlicher Weg, frühestens im Jahr 2012 werden wir wieder das Exportniveau von 2008 erreichen", sagte der BGA-Präsident. Sorgen bereite der Wirtschaft zudem der starke Euro, der deutsche Ausfuhren in den Dollar-Raum verteuert.

Wegen der weltweiten Rezession rechnen die Exporteure 2009 wie bisher mit einem Geschäftseinbruch um 18 Prozent - dies ist das erste Umsatzminus seit 1993 und das kräftigste seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Importe werden nach Verbandsschätzung um 15 Prozent einbrechen und im nächsten Jahr wieder um sieben Prozent auf 745 Milliarden Euro zulegen.

Die norddeutschen Im- und Exporteure halten die "bundesweiten Einschätzungen auch für den Norden für realistisch", sagte der Vorstandssprecher des Unternehmensverbands AGA für den Groß- und Außenhandel, Volker Tschirch, dem Abendblatt. "Wir denken, dass wir die Talsohle erreicht haben. Wir stehen vor einem milden, längeren Aufstieg." Hamburg und Norddeutschland hätten in der bisherigen Krise eine "unglaubliche Stabilität" gezeigt. "Wir mussten kaum Arbeitsplätze abbauen", so Tschirch. Die Hamburger Außenhändler spürten auch noch keine Kreditklemme, wie sie teilweise aus anderen Bundesländern berichtet werde.

Der jüngste Höhenflug des Euro stellt die deutsche Exportwirtschaft unterdessen vor "gewisse Probleme", sagte BGA-Präsident Börner. "Insbesondere die weitere Gesundung der Branchen Maschinenbau, Kraftfahrzeuge, Chemie und Elektrotechnik, die überproportional in den Dollar-Raum exportieren, könnte dadurch gefährdet werden."

Allerdings sollten die wechselkursbedingten Auswirkungen derzeit noch nicht überschätzt werden, da die Unternehmen rund 80 Prozent ihrer Produkte in Euro abrechneten. Zudem fangen laut Börner neue Märkte wie China - trotz enger Anbindung an den Dollar - zunehmend das Geschäft auf, das im transatlantischen Handel wegbreche. Börner geht davon aus, dass der Euro demnächst die Schwelle von 1,50 Dollar überschreite und in den nächsten Monaten auch die Marke von 1,60 Dollar testen werde. Danach werde sich der Wechselkurs aber zwischen 1,45 und 1,55 einpendeln.

Das Rennen um den Titel des Exportweltmeisters von Waren gibt die Branche noch nicht an China verloren. Im ersten Halbjahr 2009 hätten die heimische Wirtschaft und der asiatische Staat noch annähernd gleichauf gelegen. Den inoffiziellen Titel des Exportweltmeisters hatte Deutschland seit 2003 für sechs Jahr lang inne.