Der Gründer und Selfmademillionär Bernhard Garbe wechselt in den Aufsichtsrat. Die Söhne Alexander und Christopher sollen ans Ruder.

Hamburg. Bernhard Garbe hatte schon immer ein erstaunliches Gespür für die Schauplätze der Zukunft. Für die guten Lagen, die im Immobiliengeschäft über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Schon 1996 eröffnete der Hamburger sein "Stilwerk" am Fischmarkt. Damals stand diese Gegend noch für lange Beine, die dekorativ aus Wohnmobilen herausschauten und käuflichen Damen gehörten. Heute hat sich die Hafenmeile zum Magneten für trendige Läden und Bars entwickelt - allein schon der Standort lockt Kunden und Touristen in Garbes stylisches Shoppingcenter für Möbel und Lifestyleprodukte. Inzwischen gibt es das Stilwerk auch in Berlin und Düsseldorf. Und die Expansion ins Ausland ist beschlossene Sache: Ende 2010 eröffnet ein Stilwerk in Wien. Rotterdam interessiert sich für das Konzept.

Auch der neue Sitz der Garbe Group, die bei Weitem nicht nur Erfinder des Stilwerks ist, sondern zu den größten Immobilienunternehmen der Republik gehört, passt zu einem Mann mit Weitblick. Garbe schaut aus seinem Büro in der HafenCity durch die Panoramascheiben auf die glitzernden Elbewellen, aber auch auf Hamburgs Symbol der Zukunft - die Elbphilarmonie. Eine langfristige Planung mit Blick auf die Chancen und Risiken der Zukunft wie bei dem Vorzeigeprojekt der Hansestadt entspricht auch Garbes Philosophie: "Man muss nicht nur mit Krisen leben, sondern sie ins Kalkül einbeziehen", sagt der Unternehmer.

Garbe hat es mit diesem Hang zum nachhaltigen Wirtschaften hanseatisch zurückhaltend zum Multimillionär gebracht, der übrigens bislang kaum mit der Presse sprach. Er hat Niederlassungen in Amsterdam, London, Moskau und weiteren Hotspots der Immobilienwelt gegründet. Sein Vermögen will der HSV-Fan, der am Rondeel-Teich in Winterhude lebt, trotz des herrschenden Gegenwindes in der Immobilienbranche weiter mehren: Gewinn und Umsatz der Garbe Group sollen 2009 und in Zukunft steigen. Das Transaktionsvolumen, also der Umsatz mit Immobilien, dürfte im laufenden Jahr rund 600 Millionen Euro erreichen. Die Arbeitsplätze, 350 in der Gruppe, davon 250 in Hamburg, seien sicher, betont der Kaufmann.

Garbe hat Grund zum Optimismus, weil er die Risiken geschickt verteilt hat: Das Familienunternehmen investiert längst nicht nur in Shoppingcenter für Möbel, sondern auch in Bürogebäude, weltweit. Garbe baut Logistikzentren, derzeit für 40 Millionen Euro für Caterpillar in Henstedt-Ulzburg, für Danone in Duisburg und einen Kunden in Mannheim. Um bei solchen Projekten finanziell unabhängig von Banken zu sein, hat Garbe eine eigene Fondsgesellschaft gegründet.

Gerade in der Finanzkrise ist die Tochter, die das Geld für die Objekte einsammelt, Gold wert. "Früher reichte ein Anruf bei der Bank, heute müssen wir von Bank zu Bank und von Sparkasse zu Sparkasse gehen, um Kredite zu bekommen", beklagt Garbe die Zurückhaltung der Institute.

Die im Rahmen der Wirtschaftskrise entstandene Kreditklemme werde etlichen Immobilienfirmen das Genick brechen, schätzt der Branchenkenner: "Ein Drittel der kleineren Firmen wird die Krise nicht überleben", sagt Garbe, der gerade mit Blick auf die Kreditwürdigkeit die Verteufelung des Wachstums von Firmen in der heutigen Zeit nicht versteht. Entsprechend hält sein Portfolio noch weitere Überraschungen bereit.

Der Kunstliebhaber besitzt Gebäude wie das des Steigenberger Hotels Treudelberg, er hat die Steakhauskette Denver ins Leben gerufen, aus der später Maredo mit mittlerweile knapp 100 Restaurants entstand. Er betreibt eine Werkzeugfabrik und steckt vor allem Millionen in neue Wohnungen. "Die Menschen bevorzugen ein urbanes Umfeld und wollen nahe ihrem Arbeitsplatz leben", glaubt Garbe. Er baut derzeit 650 der rund 3500 neuen Wohnungen in Hamburg. Garbe rangiert damit in seiner Heimat nach eigenen Angaben gemeinsam mit dem Wettbewerber Otto Wulff an der Spitze der Hamburger Wohnungsbauunternehmen gemessen am Investitionsvolumen für Neubauten in der Hansestadt. Zuletzt hat er zwar noch einen Rückschlag verkraften müssen, als ihm der Konkurrent Quantum das Filetstück Baubehörde in der City wegschnappte.

Das Projekt sollte Garbe vor zwei Jahren schon ohne Ausschreibung bekommen, es bescherte ihm dann aber den Verdacht von gezielten Parteispenden, die er im Hinblick auf die begehrte Immobilie geleistet haben soll. Allerdings wurde der Verdacht nie bestätigt. "Aber wir haben für 2010 und 2011 noch 1000 neue Einheiten in der Pipeline", sagt Garbe mit Blick auf alternative Projekte in der Hansestadt.

Aber nicht nur die Geschäfte der Garbe Group stellt der Gründer bereits seit Jahrzehnten auf mehrere Säulen, der 70-Jährige wird auch das Management seiner Firma künftig auf mehrere Schultern verteilen: Garbes Söhne Christopher (31) und Alexander (35), die auch bisher schon Leitungsfunktionen in der Gruppe innehaben, sollen künftig als Geschäftsführer das Unternehmen zusammen mit dem etablierten Management führen. Der Senior wird sich in den nächsten Monaten aus der operativen Geschäftsleitung zurückziehen und in den Aufsichtsrat wechseln. Für den Vollblutunternehmer, der mit 16 Jahren als Smutje zur See fuhr und sich nach dem BWL-Studium mit dem Bau von Wohnhäusern in Norddeutschland selbstständig machte, ist das kein leichter Schritt. Der Wunsch, nach seiner Meinung gefragt zu werden und die großen Entscheidungen im Unternehmen noch selber mittragen zu können, schwingt in jedem seiner Sätze mit. "Ich stehe dem Team weiter zur Verfügung", sagt er mit Blick auf seine Söhne, die am Konferenztisch gegenüber Platz genommen haben.

Beide sind sich der Verantwortung bewusst: "Wir ziehen den Hut vor dem Lebenswerk, das unser Vater in den letzten 50 Jahren aufgebaut hat", sagt Alexander, der auch für die Stilwerke verantwortlich ist. Und Christopher betont, dass die Führung der Firma auch für Familienmitglieder keine Selbstverständlichkeit sein soll. Söhne seien bestimmt nicht immer die besseren Unternehmer. "Das bisherige Management wird der Gradmesser sein für die beiden", sagt der Vater, der die Qualität seiner Beschäftigten ohnehin als das höchste Gut seines Unternehmens betrachtet. "Was nützt uns nur Kapital?", fragt Garbe rhetorisch. "Das kann von heute auf morgen verbrannt sein, wie wir jetzt in der Krise sehen. Was wir brauchen, sind die richtigen Mitarbeiter."