Das Drama der Finanzmarktkrise hat gezeigt: Märkte neigen zu Exzessen, wenn sie sich selbst überlassen bleiben und ihnen keine Grenzen gesetzt werden.

Bildlich ausgedrückt: Investmentbanker und Börsianer haben sich in einen Rausch getrunken, nicht wenige Kunden haben sich sozusagen besinnungslos reden lassen von der (illusionären) Aussicht auf maximale Renditen bei minimalem Risiko. Bis es zum großen Crash kam. Die Frage lautet: Nehmen wir das so einfach hin, oder machen wir Schluss mit dem "Komasaufen" auf den Finanzmärkten. Vorsicht ist geboten, die Ersten sind schon wieder dabei, das Kasino zu eröffnen.

Zügellosem Alkoholmissbrauch von Jugendlichen versucht der Gesetzgeber auch einen Riegel vorzuschieben. Und bei Exzessen auf den Finanzmärkten, die uns alle in den Ruin treiben können, soll die Politik tatenlos zuschauen? Das kann nicht richtig und schon gar nicht gerecht sein.

Wir kriegen keine zweite Chance, konsequent gegenzusteuern. Noch ist das internationale Zeitfenster für notwendige Reformen offen. Nutzen wir es! Wenn wir jetzt keine Regeln gegen Gehaltsexzesse durchsetzen und es nicht schaffen, dass die Lasten aus der Krise fair verteilt werden, wird uns das nie gelingen.

Es geht um viel Geld. Allein dem Bund fehlen wegen der Krise in der nächsten Legislaturperiode über 150 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Der Staat musste fast 500 Milliarden Euro an Bürgschaften und Kapitalhilfen für Banken bereitstellen und Wirtschaft und Konsum mit zwei Konjunkturpaketen in der Größenordnung von insgesamt über 80 Milliarden Euro stabilisieren. Dazu addieren sich 100 Milliarden Euro des Kredit- und Bürgschaftsprogramms für Unternehmen. Und die Kosten für die Bereitstellung dieser Riesenpakete sollen die Bürgerinnen und Bürger alleine schultern?

Frank-Walter Steinmeier und ich sagen: nein. Für uns ist es eine zentrale Frage der Gerechtigkeit, dass die Finanzmärkte ihren Teil zur Finanzierung der Krisenlasten beitragen. Wir wollen ihren Beitrag, um damit die Belastungen durch Bürgschaften und Kapitalhilfen für Banken gegenzufinanzieren. Das beste Mittel dafür ist eine internationale Finanzmarktsteuer. Das Zweitbeste wäre eine nationale Börsensteuer. Beides fordern wir bereits im Regierungsprogramm der SPD.

Die internationale Finanzmarktsteuer müsste möglichst breit für alle Geschäfte auf den Finanzmärkten gelten, dürfte also im Unterschied zur "Tobin-Steuer" nicht nur die Devisenmärkte betreffen. Um das Ausweichen auf andere Handelsplätze unmöglich zu machen, müssen wir sie zumindest auf G20-Ebene einführen, denn schließlich verantworten die G20-Staaten auf ihren Börsen- und Handelsplätzen weltweit 92 Prozent des Aktienhandels und 76 Prozent des Anleihenhandels. Der Steuersatz sollte möglichst niedrig zwischen 0,01 Prozent und 0,05 Prozent liegen, damit keine unerwünschten Nebeneffekte auftreten.

Nach Berechnungen, die das WIFO-Institut in Wien für die österreichische Bundesregierung angestellt hat, könnten damit Einnahmen in Höhe von rund einem Prozent des nominellen Welt-Bruttoinlandsprodukts erzielt werden. Das wäre immerhin rund die Hälfte der vom IWF berechneten Kosten der Krisenbekämpfung. Vorsichtig geschätzt könnte eine solche Finanzmarktsteuer für Deutschland Einnahmen zwischen zehn und 20 Milliarden Euro pro Jahr bringen. Geld, das die Bürgerinnen und Bürger entlastet.

Nicht wenige Finanzminister aus den G20-Staaten beschäftigt die Frage nach den gesellschaftlichen Folgen der Krise und einer fairen Lastenverteilung. Schwieriger wird es bei der Frage nach konkreten Instrumenten. Davon sollten wir uns aber nicht abhalten lassen.

Es geht um die Frage, wer die Zeche zahlt. Bekommen wir es hin, dass zum Beispiel die trunkenen Investmentbanker mit bezahlen müssen, die uns allen die Krise mit eingebrockt haben? Die nach dem Motto leben und arbeiten "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren"? Oder fehlt uns die Kraft, harte und dicke Bretter so lange zu bohren, bis wir eine Lösung haben. Ich bin gerne bereit, die Bundeskanzlerin auf dem G20-Gipfel Ende September in Pittsburgh dabei zu unterstützen, für eine gerechte Verteilung der Lasten zu streiten.

Eines sollte nur klar sein: Wenn wir die beste Lösung einer internationalen Finanzmarktsteuer nicht bekommen, sollten CDU und CSU ihre Blockadehaltung endlich aufgeben und mit uns in Deutschland wenigstens eine Börsensteuer einführen. Eine kleine Lösung ist besser als keine. Auch darum geht es am 27. September.