Widerstand gegen Einstieg von Windanlagenbauer bei Nordseewerken. Heute weitere Kundgebung.

Hamburg. Vor dem geschlossenen Tor der Warnemünder Warnow-Werft zu stehen fällt Schweißer Joseph Hartmut nicht leicht. "Ich glaub nicht dran, dass ich in meinem Alter dort jemals wieder arbeiten werde", sagt der 55-Jährige frustriert und weist auf die Schiffbauhallen. 41 Jahre war der Warnemünder auf der Werft beschäftigt, vor zwei Monaten wurde ihm wie fast allen 2500 Werftleuten der insolventen Wadan-Yards in Rostock und Wismar gekündigt. Die Forderung "Schiffbau - das sind wir" der IG Metall, die gestern in ganz Norddeutschland zu Kundgebungen auf den Werften aufgerufen hatte, spricht ihm aus der Seele. "Ich will arbeiten; ich will wissen, woran ich bin", sagt Hartmut.

Auch nach der Übernahme durch den russischen Investor Igor Jussufow gebe es keine Gewissheit über die weitere Entwicklung in Wismar und Rostock-Warnemünde, sagte Rüdiger Klein von der IG Metall. Betriebsrat Harald Ruschel drohte gar mit der Besetzung der Werft noch vor der Bundestagswahl, falls es nicht Antworten auf die drängenden Fragen der Arbeiter nach einer Zukunft gebe. Trotz eines neuen Investors wird auf den ehemaligen Wadan-Werften nach wie vor nicht gearbeitet.

Ohnehin steckt die gesamte Werftindustrie in der Krise. Deshalb demonstrierten gestern 6500 Beschäftigte von Werften und Zulieferern für den Erhalt der Werften und Arbeitsplätze. Dem Aufruf der IG Metall Küste zum Werften-Aktionstag folgten Beschäftigte an 13 Standorten in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. "Wir sehen die Entwicklung in der Schiffbaubranche mit großer Sorge. Die Beschäftigten spüren die Auswirkungen der Krise immer stärker", sagte Jutta Blankau, Bezirksleiterin der IG Metall Küste. Im Norden sind mehr als 20 000 Menschen auf den Werften beschäftigt, bei Zulieferern seien es weitere Zehntausende.

In Emden sind die Werftarbeiter und die Gewerkschaft IG Metall sauer auf das Management im ThyssenKrupp-Konzern. 1000 Beschäftigte kamen gestern zu einer Kundgebung. Der Hintergrund ihres Protestes: Der Mutterkonzern hatte am Dienstag den Einstieg der Siag Schaaf Industrie AG zum 1. Oktober angekündigt. Nach den Angaben des Windanlagenherstellers sollen bis Ende 2011 nur noch Sektionen für mehrere deutsche und israelische U-Boote gebaut werden. 700 Mitarbeiter würden von Siag übernommen. Rund 400 Beschäftigte würden aber weiter für die Werftenholding ThyssenKrupp MarineSystems (TKMS) im Engineering-, Reparatur- und Verwaltungsbereich arbeiten, sagte TKMS-Sprecherin Andrea Wessel. "Das ist keine Stilllegung oder ein Abbau, sondern ein Umbau mit Zukunftsaussichten." Auch der frühere Thyssen-Manager und Siag-Chef Rüdiger Schaaf geht davon aus, dass nach der Umstrukturierung mehr Arbeitsplätze in Emden angesiedelt sein werden als bisher, wie er der "Ostfriesen-Zeitung" sagte.

Dennoch kündigte der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats der TKMS, Heino Bade, für die Aufsichtsratssitzung am 18. September Widerstand gegen das Konzept des Unternehmens an. Es gebe noch viele offene Fragen. ThyssenKrupp werde nicht aus der Verantwortung für laufende Aufträge und die Arbeitsplätze in Emden entlassen.

In Stralsund unterbrachen gestern rund 700 Schiffbauer ihre Schicht, vor den Toren der Peene-Werft trafen sich 400 Werftleute zur Kundgebung. Auch die Werften der Hegemann-Gruppe kämpfen derzeit mit Finanzierungsengpässen. Dennoch sei die Stimmung der Schiffbauer noch optimistisch, sagte Gewerkschaftssprecher Jan Bloempott nach der Kundgebung. Für heute ist eine zentrale Kundgebung in Bremerhaven geplant.