Richter nennt Klageschrift nicht entscheidungsreif und fordert Nachbesserungen. Vorschlag für Vergleich.

München. Die Investoren hatten sich von ihrer Anklage viel erhofft. Doch schon ihr erster Schritt entpuppte sich als Stolperstein: Das Landgericht München hat gestern die Sammelklage auf Schadenersatz über 320 Millionen gegen die Krisenbank Hypo Real Estate (HRE) vorerst auf 2010 vertagt.

Das Gericht habe große Probleme mit der von Rechtsanwalt Andreas Tilp vorgelegten Klageschrift. "Die Klage ist im Moment nicht entscheidungsreif", sagte der Vorsitzende Richter Matthias Ruderisch bei der ersten mündlichen Verhandlung der 22. Zivilkammer am Landgericht München. "Da muss erheblich nachgebessert werden", so der Richter. Die HRE sei nur haftbar, wenn sie kursrelevante Insiderinformationen nicht rechtzeitig an die Anleger weitergegeben habe. Doch genau in diesem Punkt sei die Sammelklage nicht genau. Sie spiegele mehr einen Abriss der Finanzkrise wider. Der Schaden für die Anleger werde dagegen dadurch nicht deutlich.

Vielmehr schlug das Gericht den Prozessbeteiligten vor, sich im Rahmen eines Vergleichs zu einigen. Die HRE könnte je nach Zeitpunkt der Aktienkäufe zwischen zehn bis 100 Prozent des entstandenen Schadens zahlen.

Allerdings könne dies nur für den Zeitraum zwischen Ende November 2007 und Mitte Januar 2008 gelten, in dem die Bank möglicherweise schon Kenntnis von Belastungen durch die Finanzkrise hatte und dies den Anlegern nicht mitgeteilt habe. Das Gericht gab dem Klägeranwalt zudem eine Liste mit offenen Fragen mit, die bis zum 10. Oktober abgearbeitet werden soll. So will das Gericht eine ausführlichere Begründung dafür, warum die Kläger Forderungen für Aktienkäufe zwischen dem 11. Juli 2007 und dem 15. Januar 2008 stellen. Eine Entscheidung will das Gericht im Januar 2010 verkünden.

Zu den Klägern zählen rund 40 Fondsgesellschaften aus Deutschland, Luxemburg, den USA, Kanada und Saudi-Arabien. Sie werfen der inzwischen verstaatlichten HRE vor, Anleger über die Schieflage des Instituts getäuscht zu haben. Die Bank habe sowohl Informationen verschwiegen als auch falsch informiert, sagte Tilp. Durch den rasanten Absturz der früher im DAX notierten Aktie sei ihnen ein hoher Schaden entstanden. Die HRE bestreitet dagegen die Vorwürfe. "Wir halten die Klagen für unbegründet. Die Gesellschaft ist ihren Informationspflichten immer vollständig und wahrheitsgemäß nachgekommen", so ein Banksprecher.

Da die Hypo Real Estate nach der Beinahepleite im vergangenen Jahr inzwischen dem Staat gehört, richten sich die Klagen nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) letztlich gegen den Bund und somit auch gegen die Steuerzahler. Der Staat hatte zur Rettung der Hypo Real Estate bereits mehr als 100 Milliarden Euro gesteckt, um einen Kollaps des Geldinstituts zu verhindern.

Einem Anleger hatte das Gericht bereits in einem Prozess im Juni rund 4000 Euro Schadenersatz zugesprochen, dagegen legte die HRE allerdings Revision ein. Auch in einem weiteren Verfahren vor knapp zwei Wochen gibt es gewisse Erfolgschancen.

Der Klägeranwalt Tilp wertete den Vorschlag des Gerichts für einen Vergleich bereits als Erfolg. "Kein Richter regt einen Vergleich an, wenn er die Klage als gescheitert ansieht", sagte er. Ob er darauf eingehen wird, ließ er allerdings offen. "Vergleiche hängen letztlich an den Zahlen, und da wird man rechnen." Auch die Hypo Real Estate hielt sich bedeckt: "Wir können das nicht hier am Tisch entscheiden."