Der finnische Wärtsilä-Konzern mit Produktion in Wilhelmsburg sucht Spezialisten. In Hamburg beschäftigt das Unternehmen bereits 300 Mitarbeiter.

Hamburg. Die Halle ist nagelneu, manche Einrichtungen und Armaturen fehlen noch. Aber die Arbeiter werkeln in ihren Blaumännern bereits fleißig an Motoren, an tonnenschweren Zylinderköpfen oder Laufbuchsen für Schiffsmotoren. In der Wilhelmsburger Schlenzigstraße nahe dem Spreehafen richtet der finnische Wärtsilä-Konzern seine neue Deutschland-Zentrale ein. Seit 1982 betreibt der Hersteller von Großmotoren, Antriebssystemen und Schiffsautomation seine Niederlassung in der Hansestadt, seither ist das Unternehmen stetig gewachsen - vor allem durch den regulären Ausbau des Geschäfts, aber auch durch den Kauf anderer Unternehmen in der Stadt, etwa des Schiffsdesigners Schiffko und des Motorelektronikspezialisten Intec im Jahr 2006. "Mittlerweile beschäftigen wir in Hamburg etwa 300 Mitarbeiter", sagt Geschäftsführer Thomas Becker, der die deutsche Niederlassung seit 2004 führt.

Als Folge der Weltwirtschaftskrise ist der Auftragseingang für Schiffsneubauten im zurückliegenden Jahr dramatisch gesunken. Wo immer möglich versuchen Reedereien, geplante Neubauten zu verschieben oder gar zu stornieren. Viele deutsche Neubauwerften wie Sietas in Neuenfelde oder Wadan in Wismar kämpfen ums Überleben. Der Schiffszulieferbranche geht es verglichen damit deutlich besser - schon deshalb, weil Tausende Schiffe, die weiterhin im Einsatz sind, gewartet werden müssen. "Jeder, der in der Branche tätig ist, spürt derzeit den Rückgang im Neubaugeschäft", sagt Becker, "was ja nicht gleichzeitig bedeutet, dass trotz der rezessiven Weltwirtschaft die Schifffahrt zum Erliegen gekommen ist."

Die niedrigen Transportpreise für Container oder Massengut zwingen die Reedereien, die Betriebskosten der Schiffe so weit wie möglich zu drücken - obwohl die Kosten für Schiffsbrennstoff, verglichen mit dem vergangenen Jahr, wieder deutlich gesunken sind. "Energieeffizienz ist ein großes Thema. Das bedeutet unter anderem auch, dass immer mehr Elektronik zur Feinsteuerung und Überwachung der Antriebe zum Einsatz kommt", sagt Becker. Systeme also, wie sie Wärtsilä und dessen großer Konkurrent MAN Diesel anbieten.

Die fortschreitende Komplexität und technische Spezialisierung sorgen für zusätzliche Arbeit und damit für neue Stellen auch bei Wärtsilä. "2008 haben wir 35 Mitarbeiter eingestellt, auch in diesem Jahr sind weitere Neueinstellungen in spezialisierten Servicebereichen geplant", sagt Becker. "Wir legen auch großen Wert auf Ausbildung, zurzeit sind etwa fünf Prozent unserer Mitarbeiter Auszubildende in technischen Berufen."

Die Mitarbeiter in Beckers Team warten und reparieren Schiffsantriebe in Hamburg, etwa dann, wenn die Schiffe bei Blohm + Voss oder auf der Norderwerft ihre Klassifizierung bekommen, ihren "Schiffs-TÜV". Beckers Experten reisen aber bei Bedarf auch rund um die Welt, abrufbar 24 Stunden sieben Tage in der Woche. Wenn ein Schiff fahruntüchtig festliegt, kann das den Betreiber Tausende Dollar oder Euro am Tag kosten - da ist für technische Hilfe Eile geboten. Das Ersatzteillager in Wilhelmsburg ist gut gefüllt. Aber auch aufwendige Motorenanalytik steht bei Wärtsilä in Hamburg, zum Beispiel der konzernweit einzige Prüfstand für die hoch komplexen Common-Rail-Systeme, die elektronisch gesteuerte Reiheneinspritzung für die Motoren mit bis zu 14 Zylindern.

Die Krise bedroht Unternehmen und Arbeitsplätze, schafft aber ihrerseits auch neue Arbeit. Hunderte Schiffe liegen weltweit in den Häfen oder auf Reede, weil sie keine Fracht haben. "Auflieger" nennt man die Frachter in Wartestellung in der Branche. Auch diese Schiffe müssen gewartet werden, egal ob sie sechs Wochen oder sechs Monate in Zwangspause verbringen - ein Job für die Experten zum Beispiel von Wärtsilä. "Wir präparieren auch Auflieger", sagt Becker. "Aber damit wollen wir nicht unser Geld verdienen - wir haben es viel lieber, wenn unsere Kunden ihre Schiffe fahren lassen."