“Mehr drin“ oder “Jetzt günstiger“: So werden Kunden beim Verteuern von Produkten hinters Licht geführt. Hersteller wehren sich.

Hamburg. Geschirrspülmittel im Sonderangebot, Schokoriegel im preiswerten Sammelpack und "dauerhaft günstige" Butter oder Milch: Wer seinen Blick im Supermarkt über die Regale schweifen lässt, kann den Eindruck gewinnen, dass unter den Händlern ein gnadenloser Preiskampf tobt. Doch aus Sicht der Verbraucherzentrale Hamburg führen Hersteller und Händler die Kunden mit immer neuen, versteckten Preiserhöhungen hinters Licht.

"Die Produzenten werden immer erfindungsreicher", sagt der Einzelhandelsexperte Armin Valet. "Wurde früher einfach nur die Füllmenge reduziert und die Ware dann zum selben Preis verkauft, arbeiten die Hersteller heute mit dünneren Käsescheiben, veränderten Dosierempfehlungen oder verschlechterten Rezepturen." Besonders oft seien solche Mogeleien bei Procter & Gamble, Mars, Henkel und Nestlé zu beobachten. Zehn Tricks haben die Verbraucherschützer ausgemacht, zu denen die Hersteller am liebsten greifen.

Das Schrumpf-Prinzip

Bei scheinbar gleicher Packungsgröße und identischem Preis schrumpft der Inhalt eines Produkts. So reduzierte der Konzern Procter & Gamble die Anzahl von Pampers-Windeln einer bestimmten Größe in den vergangenen sechs Jahren von 47 über 44 und 40 auf heute 37 Stück pro Packung. "Wenn das so weitergeht, dann gibt es die Windeln im Jahr 2035 nur noch im Einzelpack", unkt Experte Valet. Procter & Gamble erklärt den geschrumpften Inhalt hingegen mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten, aber auch mit hohen Aufwendungen für die Verbesserung der Windeln. So habe Pampers in der Baby-Dry-Linie einen "verstärkten Saugkern für noch bessere Trockenheit" eingeführt.

Der Mehr-drin-Trick

Eine größere Füllmenge suggeriert zunächst ein Schnäppchen, wird aber überproportional teuer verkauft. So gibt es Nutella von Ferrero jetzt in einem 450-Gramm-Glas statt vormals in einem 400-Gramm-Glas. Der Verbraucher bekommt also 12,5 Prozent mehr Inhalt, muss dafür aber statt 1,99 nun 2,39 Euro zahlen - eine Preiserhöhung um 20 Prozent.

Das Pseudo-günstiger-Prinzip

Der Preis eines Produkts wird mit der Verringerung der Füllmenge gesenkt, doch der Preisnachlass entspricht nicht der Reduzierung des Inhalts. Beispiel: Die Menge der Rewe-Kuchenglasur Bourbon-Vanille schrumpfte von 200 auf 150 Gramm, doch der Preis sank lediglich von 1,25 Euro auf 1,09 Euro, was einem Preisaufschlag von 16 Prozent gleichkommt.

Der Händler-Trick

Ein Produkt steht bei verschiedenen Händlern in Packungen mit unterschiedlichen Mengen im Regal. Auf den ersten Blick kosten Haribo-Goldbären überall 0,89 Euro - egal ob man sie beim Discounter oder im besser sortierten Supermarkt kauft. Doch die Tüten enthalten mal 200 und mal 300 Gramm.

Der Sammelpack-Trick

Mehrfach- oder Sammelpackungen werden genutzt, um Produkte scheinbar besonders preisgünstig, jedoch im kleineren Format anzubieten. Der Schokoriegel Twix von Mars beispielsweise ist im Fünferpack 50 Gramm schwer, wiegt einzeln abgepackt aber 58 Gramm. Mars erklärt dies offiziell damit, dass man dem Kunden unterschiedliche "Schokomomente" bieten wolle. So sei der Einzelriegel für den "Spontankonsum" an der Tankstelle oder am Kiosk gedacht, der Fünferpack hingegen als Vorrat. Zudem liege die Entscheidung über den Verkaufspreis ausschließlich beim Handel.

Der Portions-Trick

Produkte in praktisch vorportionierten Beuteln haben insgesamt eine geringere Füllmenge, aber oft denselben Preis wie das Ausgangsprodukt. So bietet Aldi Nord sein "Cappuccino Classic"-Pulver nicht mehr in einer Dose, sondern in einer Schachtel mit kleineren Einzelportionen an und erhöhte auf diese Weise den Preis.

Der Mengen-Trick

Die Stückzahl ersetzt die besser vergleichbare Angabe der Füllmenge auf der Vorderseite einer Verpackung. Auf diese Weise verkauft der Hersteller Bel seinen Leerdammer Käse nach wie vor in Abpackungen von 14 Scheiben mit scheinbar gleicher Menge. Heute bekommt man aber nur 280 Gramm Käse, früher 350 Gramm. Die Scheiben sind schlicht dünner geworden.

Der Qualitäts-Trick

Durch einen geringeren Anteil an wertvollen Bestandteilen verschlechtert sich die Qualität eines Produkts, die Hersteller sparen Kosten und erhöhen bei identischem Preis ihre Marge. Für sein Schlemmerfilet à la Bordelaise reduzierte etwa Iglo den Fischanteil von 70 auf 52 Prozent.

Der Quantitäts-Trick

Veränderte Dosiervorgaben führen dazu, dass größere Mengen eines Produkts benötigt werden. Der Hersteller Henkel vergrößerte für sein Pril-Geschirrspülmittel Kraft-Gel die Ausgussöffnung und setzte die Dosierempfehlung von zwei auf drei Milliliter pro fünf Liter Wasser herauf. "Das ist schon eine sehr ausgeklügelte Strategie, um für einen höheren Absatz zu sorgen", so Valet. Henkel pocht aber darauf, dass man die Öffnung nur deshalb vergrößert habe, weil sich dort häufig Reste des Spülmittels angesammelt hätten. Die Dosierungsempfehlung habe man verändert, da einige Verbraucher die "Produktleistung" bei den alten Angaben als "nicht zufriedenstellend" empfunden hätten.

Das Alles-neu-Prinzip

Die Wiedereinführung eines Produkts in einer neuen Verpackung wird genutzt, um die Füllmenge zu reduzieren und den Preis zu erhöhen. Nestlé etwa bietet seine Beba-Säuglingsnahrung nicht mehr im Pappkarton, sondern in einer Metalldose an und nutzte den Relaunch vor einigen Monaten für eine Preiserhöhung von knapp 30 Prozent.