Bei sommerlichem Wetter über Pfingsten haben die Fotovoltaikanlagen hierzulande in der Spitze so viel Strom geliefert wie 20 Atomkraftwerke.

Münster/Berlin. Die Sonne bringt auch die Wirtschaft zum Strahlen: Das sommerliche Wetter hat Deutschland zu Pfingsten zeitweise einen neuen Rekord bei der Sonnenstromproduktion beschert. Fotovoltaikanlagen lieferten erstmals eine Gesamtleistung von über 20.000 Megawatt. Das belegen Zahlen der Leipziger Strombörse EEX. "Wir gehen von 22.000 Megawatt aus. Das entspricht der Leistung von mehr als 20 Atomkraftwerken", sagte der Direktor des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) in Münster, Norbert Allnoch. Nimmt man als Basis die neueren AKW-Typen, entspricht dies der Leistung von 15 Meilern.

Während sich der Solarrekord auf einzelne Stunden am Mittag bezieht, sind Kern- oder Kohlekraftwerke grundlastfähig. Sie können rund um die Uhr feste Strommengen liefern und nicht einmalig bei idealen Bedingungen. Der Rekord wurde am Freitag zwischen zwölf und 13 Uhr erreicht. Aber auch am Sonnabendmittag wurden 20 000 Megawatt überschritten. Bis gestern ging die Produktion dann etwas zurück und pendelte als Höchstwert zwischen 16.000 und 18.000 Megawatt.

"Das ist ein Rekord. Es gibt kein anderes Land auf der Erde, in dem Solaranlagen mit einer Leistung von 20.000 Megawatt Strom produzieren", sagte Allnoch. Der Ausbau der alternativen Energien habe zum Bestwert beigetragen, allerdings auch das frühsommerliche Wetter und der Sonnenstand. Genau ein Jahr früher, am 25. Mai 2011, hatten die Solaranlagen mittags nur 14.000 Megawatt geliefert.

Wie viel Sonne braucht die Energiewende?

Allnoch betonte, dass deutsche Solaranlagen mittlerweile in der Lage seien, den Mehrbedarf in den besonders verbrauchsintensiven Mittagsstunden in großem Maße abzupuffern. "Es wird so häufig unterschätzt, dass die Sonne genau dann erhebliche Leistung bringt, wenn sie am meisten gebraucht wird: in den Spitzenzeiten am Mittag." Nachts lieferten konventionelle Quellen wie Atom und Braunkohle eine Grundlast von mindestens 32.000 Megawatt.

Die Börse honorierte die Nachricht gestern sogar mit Kursaufschlägen. Zahlreiche Solaraktien präsentierten sich fest. So kletterten die Titel des Branchenprimus Solarworld in der Spitze um 7,66 Prozent auf 1,561 Euro. Durch die Konkurrenz aus China stehen viele Solarfirmen in Deutschland unter erheblichem Kostendruck, einige mussten bereits Insolvenz anmelden.

Koalition glaubt an die Solar-Kostenbremse

Der Zuwachs der Sonnenstromproduktion in einem eher sonnenschwachen Land wie Deutschland hängt vor allem damit zusammen, dass hier bereits mehr als eine Million Solaranlagen installiert sind. Dank guter Förderbedingungen und zugleich eines Preisverfalls bei Modulen durch einen starken Konkurrenzdruck aus China, schrauben sich immer mehr Bürger Fotovoltaikanlagen auf das Dach. Allein 2010 und 2011 wurden fast 15.000 Megawatt an neuen Anlagen installiert.

Regierung stellt Kürzungspläne vor

Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) drängt unterdessen darauf, dass der Solarausbau stärker mit dem Netzausbau in Einklang gebracht werden muss. Denn sonst droht gerade bei viel Sonne die Zwangsabschaltung von Solarparks. Die Regierung will die Solarförderung um bis zu 30 Prozent kürzen, doch die Länder blockierten dies mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundesrat.

Nun soll bis Sommer im Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern eine Lösung gefunden werden. Das Problem: Die Förderkosten zahlen die Bürger per Umlage über den Strompreis - zuletzt fielen mehr als sieben Milliarden Euro pro Jahr nur für die Solarförderung an. Der bei der Installation der Anlage gültige Fördersatz wird über 20 Jahre garantiert. Zwar dämpft mehr Solarstrom die Preise an der Strombörse, immer höhere Förderkosten treiben aber zugleich den Strompreis für Bürger und Industrie nach oben.