Im Streit um die geplante Kürzung der Solarförderung wird der Ton schärfer. Gefährdung von Arbeitsplätzen in Solarbranche befürchtet.

Berlin. Der Jahrestag des Reaktorunglücks in Japan rückt näher und damit auch der erste Jahrestag der deutschen Energiewende nach Fukushima. Doch Zeit für ein Innehalten ob der Abkehr von der Atomkraft wird der Koalition nicht gegeben. Mehr denn je steht sie unter Beschuss der Opposition und der Solarbranche. Grund: die geplanten Kürzungen der Solarförderung zum 1. April. Diese soll nach dem Willen der Bundesregierung je nach Größe der Anlage um 20 bis 30 Prozent sinken.

Grünen-Chefin Claudia Roth kann die Anpassungen bei der Fotovoltaikförderung nicht nachvollziehen. Sie nannte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), der mit Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Kürzungen ausgehandelt hatte, einen "Radikalinski". Und ein radikaler Angriff auf die Solarförderung und den Fotovoltaikausbau seien die Koalitionspläne, so Roth. Das könne kein mittelständisches Unternehmen durchhalten.

+++ Koalition glaubt an die Solar-Kostenbremse +++

Solange man Jahr für Jahr einen Zubau auf Rekordniveau habe, sei die Parole vom "Solarausstieg" eine Verhöhnung der Verbraucher, die die Renditen finanzieren müssten, sagte dagegen CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dem Abendblatt. "Eine weitere Absenkung der Förderung ist nicht nur gerechtfertigt, sondern unumgänglich." Hasselfeldt wies darauf hin, dass die unverhältnismäßig hohen Renditen von Solarinvestitionen - bedingt durch eine hohe Förderung bei gleichzeitig stark sinkenden Preisen - einen Wettkampf beim Zubau von Fotovoltaikanlagen ausgelöst hätten, "der in die Milliarden geht und eine inakzeptable finanzielle Belastung der Stromkunden bedeutet". Ziel sei aber, die Solarenergie als wichtigen Baustein zur Stromversorgung zu manifestieren.

Trotzdem muss sich Rösler seit Tagen verteidigen: Es sei das gute Recht der Solarmitarbeiter, gegen die Kürzungen bei der Förderung zu protestieren. "Als Wirtschaftsminister muss ich aber die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen im Blick halten", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Mehr als die Hälfte der Milliardenförderung für erneuerbare Energien fließe in die Fotovoltaik, obwohl deren Anteil an der Stromproduktion nur drei Prozent betrage.

+++ Regierung stellt Kürzungspläne vor +++

Die Solarbranche sieht das anders. "Die Argumente von Herrn Rösler gegen den Solarstrom werden nicht richtiger, nur weil er sie ständig wiederholt", sagte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, dem Abendblatt. "Teuer war beim Solarstrom gestern, heute wirkt sich der weitere Solarstromausbau aufgrund rasant gesunkener Kosten kaum noch auf die Strompreise aus." Berechnungen würden zeigen, dass die Strompreise bis 2016 nur um knapp zwei Prozent ansteigen, um einen Solarstromanteil von sieben Prozent am Strommix in Deutschland zu erreichen, so Körnig.

Durch Röslers Pläne würde ein Durchschnittshaushalt nur 30 bis 60 Cent im Monat sparen. Errechnet hat diese Zahlen das Beratungsunternehmen Prognos. Der Schaden für die Wirtschaft wäre durch die Kürzungen dagegen enorm, sagte Körnig. Durch die Gefährdung von 100 000 Arbeitsplätzen in der deutschen Solarindustrie.

Es gehe bei der Kürzung der Solarförderung vor allem darum, die stark fallenden Preise der Solartechnik an die Verbraucher weiterzugeben, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums dem Abendblatt. Zu konkreten Beträgen, die der Verbraucher durch die Kürzungen bei der Solarförderung einspart, wollte er sich nicht äußern.

Die großen Energiekonzerne haben dagegen die Energiewende deutlich zu spüren bekommen. Gestern teilte der Branchenprimus RWE in Essen mit, der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sei um 17,5 Prozent auf 8,460 Milliarden Euro gefallen. Das für die Dividende entscheidende nachhaltige Nettoergebnis sei sogar um 33,9 Prozent auf 2,479 Milliarden Euro geschrumpft. Der beschleunigte Atomausstieg durchkreuzte 2011 nicht nur die mittelfristigen Planungen von RWE, sondern auch die der anderen deutschen AKW-Betreiber E.on, EnBW und Vattenfall. RWE musste etwa die beiden Blöcke des Atomkraftwerks im hessischen Biblis stilllegen, die zu den Gewinnbringern des Konzerns gehörten. Zusätzliche Belastungen muss der Konzern durch die neue Brennelementesteuer hinnehmen.