Otto-Logistiktochter legt bessere Arbeitsbedingungen für Paketboten fest und will 500 neue Arbeitsplätze schaffen – allein 100 in Hamburg.

Hamburg. Trotz des 2011 langsamer gewachsenen Umsatzes setzt sich die Hamburger Otto-Tochter Hermes ehrgeizige Ziele. "Wir wollen bis 2015 an der Post als größten Anbieter beim Transport von Paketen und Päckchen vorbeiziehen", sagte Hanjo Schneider, der Chef der Hermes Europe GmbH und Otto-Vorstand, gestern in Hamburg. In vier Jahren soll der Umsatz auf 2,2 Milliarden Euro steigen.

Im Geschäftsjahr 2011 (zum 28. Februar) legte der Umsatz um 4,7 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu, nachdem es 2010 noch ein Plus um 18 Prozent gegeben hatte. Die Zahl der europaweit beförderten Pakete stieg von 371 auf 389 Millionen. Das Ergebnis der Logistiktochter des Hamburger Versandhauskonzerns nannte Schneider nicht. "Wir liegen unter dem Rekordjahr 2010, sind aber zufrieden", sagte der Manager.

Nachdem die Belegschaft 2011 um 773 Mitarbeiter auf 11.011 gewachsen war, will Hermes 2012 rund 500 Mitarbeiter weltweit einstellen. 100 neue Stellen sind für Hamburg vorgesehen. Dabei gilt für die bundesweit mehr als 4000 Beschäftigten seit gestern eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft Ver.di. Sie schließt betriebsbedingte Kündigungen für zwei Jahre aus.

+++ Otto-Tochter Hermes schafft 500 neue Arbeitsplätze +++

Auf die Kritik an den Niedriglöhnen für Paketboten , die auch von Hermes beauftragte Subunternehmen zahlten, hat das Unternehmen reagiert. So wurden mehrere Tausend Fahrer nach ihren Arbeitsbedingungen befragt. "Mehr als 70 Prozent gaben dabei Schulnoten zwischen eins und drei", sagte Hermes-Deutschland-Chef Frank Iden. Um künftig allen der 13 000 Boten sozialverträgliche Arbeitsbedingungen und faire Löhne zu garantieren, hat Hermes mit dem TÜV Saar ein Zertifizierungssystem entwickelt und einen Ombudsmann für Beschwerden eingesetzt. Die von Hermes aufgestellten Bedingungen müssen die Subunternehmen in diesem Jahr erfüllen. Sonst will Hermes die Zusammenarbeit aufkündigen. "In jeden Fall werden Subunternehmer die Aufgaben künftig nicht mehr an wiederum von ihnen beauftragte Firmen weitergeben können", sagte Iden. Diese Praxis, für die es rund 100 Fälle gab, werde bei Hermes beendet.

Zudem hat Hermes in vier Städten die Verteilung der Pakete in eigener Regie übernommen. Dabei erhalten die Boten sieben bis 8,50 Euro pro Stunde. "Diesen Satz, der über der gesetzlich definierten Untergrenze von 6,50 bis sieben Euro liegt, streben wir auch bei allen Subunternehmen an", sagte Iden. Mit den höheren Stundenlöhnen erreichen die Boten ein Monatseinkommen zwischen 1300 und 1400 Euro brutto. "Wir bleiben im Niedriglohnsektor", sagte Schneider. Aber der Job biete vielen auch einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Immerhin 30 Prozent der Belegschaften bei den Subunternehmen, das hatte die interne Befragung ergeben, waren zuvor arbeitslos.

Das größte Wachstum in der Warenlogistik erwarten Schneider und Iden künftig im Ausland. So soll in Russland die Zahl der Paketshops, von denen sich Kunden ihre per Internet bestellten Waren abholen können, bis 2014 von 300 auf 1500 steigen. Dort wird diese Art des Einkaufens immer beliebter. Hermes hat hier zudem den Wettbewerbsvorteil, dass die russische Post teilweise mehrere Wochen für die Lieferung von Waren braucht. In Großbritannien konnte Hermes für 2011 ein Rekordjahr bilanzieren. Der Umsatz legte um 22 Prozent auf 303 Millionen Euro zu. "Wir haben erst im Juni begonnen, Paketshops zu eröffnen und wollen ihre Zahl von derzeit 522 bis zum Jahresende auf 1000 erhöhen", sagte die britische Hermes-Chefin Carole Woodhead. 2013 könnte der Hermes-Umsatz im Ausland erstmals höher ausfallen als bundesweit, so Europachef Schneider. 2011 lag Deutschland mit 986,4 Millionen Euro (plus drei Prozent) noch vorn.

Dass der Boom im Onlinehandel nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, China und Brasilien anhalten wird, ist für Hermes gewiss. In Deutschland lässt sich jetzt nicht nur die Lieferung von Paketen per Internet ankündigen, sondern auch ihr Weg verfolgen. "Für solche Informationen arbeiten wir auch an einer App für Mobilgeräte. Dazu kommen Kundeninformationen über Twitter", sagte Iden. Ziel sei es, künftig alle Informationen online und mobil abzuwickeln. Diese Möglichkeit dürfte künftig immer mehr genutzt werden, glaubt Schneider. "Dafür sorgt schon die junge Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist."