Teilweise fällt Auslastung auf unter 60 Prozent. Aus für einen Standort erwartet

München/Frankfurt. Die Lage bei Opel ist offenbar dramatischer als bisher bekannt. Die Werke des krisengeschüttelten Autobauers leiden nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" unter schwacher Auslastung. In einigen Werken lägen mehr als 40 Prozent der Kapazität brach, heißt es mit Bezug auf vertrauliche Unterlagen des Unternehmens, das zum US-Autobauer General Motors (GM) gehört. Opel werde bis Jahresende rund eine Million Autos produzieren, habe aber Kapazitäten für 1,6 Millionen.

Bislang liege die Auslastung im Stammwerk Rüsselsheim bei 65 Prozent, in Gliwice (Polen) seien es 62 Prozent, in Saragossa (Spanien) 59 Prozent und in den Werken Luton und Ellesmere Port in Großbritannien 57 und 55 Prozent. Die Auslastung in Eisenach betrage 66 Prozent und in Bochum 77 Prozent. Aus den Angaben ging nicht hervor, ob sich die Zahlen auf einen Zwei- oder Drei-Schicht-Betrieb in den Werken bezieht. Opel bestätigte die Angaben nicht. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte, Opel kommentiere seine interne Produktionsplanung aus Wettbewerbsgründen grundsätzlich nicht. Der Branchenexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule in Bergisch Gladbach sagte dem "Focus", GM "kommt in Europa nicht darum herum, ein Werk zu schließen".

Rainer Einenkel, Betriebsratschef des Opel-Werks in Bochum, das von Schließung bedroht ist, stellte derweil den Sanierungsbeitrag der europäischen GM-Beschäftigten in Höhe von jährlich 265 Millionen Euro infrage: "Wir bezahlen doch nicht für die eigene Beerdigung." Gesamtbetriebsratchef Wolfgang Schäfer-Klug sagte der "Automobilwoche": "Lohnverzicht ist die primitivste Form der Einsparung." Wirkungsvoller wäre es, Material- und Produktkosten zu verbessern. Schäfer-Klug setzt zudem auf die Fertigung europäischer Chevrolet-Modelle in Opel-Werken. Es sei Politik von GM, "dort zu fertigen, wo man verkauft". Neue Aufträge könnten sich auch aus dem Bündnis von GM mit dem Autohersteller PSA Peugeot Citroën ergeben. Das Opel-Stammwerk in Rüsselsheim könnte in einigen Jahren statt des Kompaktwagens Astra die Citroën-Mittelklasselimousine C5 produzieren, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Dies habe die Unternehmensleitung der Belegschaft angeboten. Das wäre ein Ausgleich für den Astra, den das Unternehmen nach Gewerkschaftsangaben lieber in Polen oder Großbritannien produzieren will.

Opel-Vorstandschef Karl-Friedrich Stracke wies Vorwürfe der Arbeitnehmer zurück, er spiele in der Diskussion um mögliche Werksschließungen die Standorte gegeneinander aus. Ausschlaggebend seien allein die Kosten, sagte er dem "Wall Street Journal". "Unsere künftige übergeordnete Fertigungsstrategie wird sein, dass wir alle Werke im Drei-Schicht-Betrieb auslasten wollen, um die Kosten über das Volumen deutlich zu senken", sagte Stracke. Dieser Maxime sei auch die Wahl des künftigen Astra-Standorts untergeordnet. Im Rahmen der Sanierung werde jeder Stein umgedreht.