Der Branchenexperte Professor Markus Rudolf über Private Banking, die Zufriedenheit der Kunden und den harten Wettbewerb innerhalb der Branche

Vallendar. Viel Geld macht vieles leichter. Vermögende Menschen erhalten oft Angebote, von denen Durchschnittsbürger nur träumen können. Beispielsweise, wenn es eben ums Geld geht. Da hat die Bankenwelt den Untersektor Private Banking eingeführt. Die Zutrittsschwelle variiert. Bei manchen Anbietern genügt ein Vermögen von einigen Hunderttausend Euro, andere verlangen ein paar Millionen. Alle versprechen sie bessere und individuellere Betreuung als für die Laufkundschaft am Schalter. Die Beratung kann im Bankhaus selbst erfolgen, auf Wunsch aber auch in den Geschäfts- oder den Privaträumen der Kunden. Prof. Markus Rudolf von der WHU - Otto Beisheim School of Management kennt die Trends und das wirtschaftliche Umfeld. Darüber hinaus befragt er in regelmäßigen Abständen Private-Banking-Kunden, wie zufrieden sie mit den Leistungen ihrer Bank sind.

Hamburger Abendblatt:

Herr Rudolf, worin unterscheidet sich Private Banking von den Dienstleistungen, die der Kleinanleger bei seiner Bank erhält?

Markus Rudolf:

Private Banking richtet sich an vermögende Kunden. Die Teilnehmer an unserer Studie verfügen im Durchschnitt über 2,5 Millionen Euro. Die Anbieter müssen sehr viele und sehr komplizierte Anlagemöglichkeiten berücksichtigen, es geht nicht nur um Aktien und Anleihen.

Worum geht es noch?

Rudolf:

Circa 15 Prozent des Vermögens stecken in Immobilien, dieses Beratungsfeld ist Standard. Dabei geht es nicht nur um Immobilienfonds, sondern vielmehr um den direkten Kauf eines Objekts zur Geldanlage. Die Kunden schätzen aber auch, wenn ihre Bank im Bereich emotionale Assets wie Kunst oder Weine Kompetenz aufbaut. So hat die Berenberg Bank eigens eine auf Kunst spezialisierte Tochter gegründet, und das Angebot wird dem Vernehmen nach gut angenommen.

Ist das ein Modethema?

Rudolf:

Kunst ist fast immer ein Teil des Eigentums vermögender Menschen. Es ist aber auch der Zeit geschuldet. Wegen der Angst vor Inflation sind Sachwerte gefragt. Gold und Immobilien gelten schon als hoch bewertet. Reiche kaufen daher bevorzugt Wald und immer öfter auch Kunst. Es kann aber auch sein, dass dieser Trend in fünf bis zehn Jahren wieder vorbei ist.

Können Kleinanleger diese Anlagestrategien kopieren oder daraus lernen?

Rudolf:

Naturgemäß bieten sich vermögenden Menschen mehr Möglichkeiten der Geldanlage. Es gibt zwar beispielsweise geschlossene Kunstfonds für Bürger mit einem durchschnittlichen Vermögen, das sind aber exotische Produkte. Es geht beim Private Banking aber nicht nur um Geldanlage.

Was ist außerdem wichtig?

Rudolf:

Der bei Weitem größte Anteil der Kunden sind Unternehmer. Da muss die Firma mit dem Vermögen in Einklang gebracht werden. Auch spielen Themen wie die Nachfolgeplanung eine Rolle. Daher rangiert die Zahl der angebotenen Investitionsmöglichkeiten nur auf Rang vier der Faktoren, die darüber entscheiden, wie zufrieden ein Kunde mit seiner Bank ist.

Und auf Platz eins steht die Rendite?

Rudolf:

Nein, das könnte man zwar erwarten, kommt in unserer Studie über die Zufriedenheit der Kunden im Private-Banking-Segment aber nicht raus. Stattdessen spielt die Zufriedenheit mit dem Berater die wichtigste Rolle. Es geht um Vertrauen. Das ist wie beim Verhältnis von Patient und Arzt. Der Patient weiß nicht, ob er gut oder schlecht behandelt wird. Aber er spürt, ob er dem Arzt vertraut. Das ist beim Verhältnis des Bankkunden zu seinem Berater ähnlich. Zu 24 Prozent entscheidet das über die Zufriedenheit mit der Bank. Die Qualität der Berater wird allerdings durchweg als hoch angesehen, anders als die Anlage-Performance. Da schneiden die Anbieter schwach ab. Dieses Kriterium kommt aber in der Bedeutung für die Zufriedenheit erst an dritter Stelle. Davor steht noch das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Ist das denn angemessen?

Rudolf:

Aus Sicht der Kunden eher nicht. Offenbar sind sie sehr preissensitiv. Dabei geht es nicht um das Preisniveau an sich, sondern eher um das Verhältnis der Leistungen bezogen auf das Preisniveau.

An diesem Punkt setzt doch Honorarberatung an, bei der Kunden direkt für die Beratung zahlen und dafür keine zusätzlichen Provisionen mehr fällig werden, die über die Finanzprodukte erhoben werden. Die Quirin Bank hat sich darauf spezialisiert ...

Rudolf:

... und besetzt damit offensichtlich eine kleine Nische. Obwohl die Politik die Honorarberatung fördern will, sind die Wachstumsraten niedrig. Der große Durchbruch blieb bislang aus, und es finden sich auch keine Nachahmer. Ich sehe eher mehr Marktanteile für ein Mischmodell aus einer fixen, jährlichen Gebühr und einem zusätzlichen Satz für jede Transaktion. Das wird verstärkt angeboten.

Ist das auch ein Versuch, den Kampf um den Kunden zu gewinnen?

Rudolf:

In erster Linie ist es ein Qualitäts-Wettbewerb. So existieren beispielsweise mittlerweile wissenschaftliche Konzepte in der Vermögensverwaltung, das hat es früher so nicht gegeben. Interessanterweise schneiden die Privatbanken derzeit bei der Zufriedenheit überwiegend besser ab als die Private-Banking-Einheiten der Großbanken. So sind die Kunden der Deutsche-Bank-Tochter BHF wesentlich zufriedener als die Kunden des Private-Wealth-Managements der Deutschen Bank.

In den vergangenen Jahren haben so manche Privatbanken ihre Unabhängigkeit verloren und wurden von großen Häusern aufgekauft. Der Rest wirbt jetzt genau mit dieser Unabhängigkeit. Zu Recht?

Rudolf:

Bei der Zufriedenheit der Kunden haben wir keinen Unterschied festgestellt. Ob eine Privatbank zu einer großen Geschäftsbank gehört oder eigenständig ist, bleibt unerheblich. Andererseits ist es für einen Unternehmer, der seinen Betrieb an die nächste Generation übergibt, schon angenehm, wenn er davon ausgehen kann, dass auch seine Bank in der nächsten Generation noch existiert.

Bislang hatten die Schweizer Anbieter einen Standortvorteil. Doch die Diskussion um Steuerflucht, Konten-CDs und Ähnliches wird sicher nicht ohne Folgen bleiben.

Rudolf:

Es ist nicht gut, dass das Modell Steuerhinterziehung im Wettbewerb eine Rolle gespielt hat. Die Schweizer Privatbanken spüren jetzt deutlich, dass sich der Wind gedreht hat. Ihre Kunden sind nicht mehr bereit, hohe Gebühren zu bezahlen, nur weil sie Steuern sparen oder hinterziehen. Das setzt die Gewinnmargen der Schweizer Häuser unter Druck. Man sieht bereits jetzt, dass ihre Gewinnmargen sinken. Der Wettbewerb verschiebt sich mehr und mehr zur eigentlichen Bankdienstleistung. Ich rechne allerdings nicht damit, dass jetzt im großen Ausmaß Gelder von der Schweiz nach Deutschland zurückfließen.

Warum nicht?

Rudolf:

Nach wie vor ist der Schweizer Bankenplatz deutlich diskreter als der deutsche.

Es gibt ja auch verstärkt Angebote aus Fernost. Dorthin könnten die Kunden ihr Geld ohne Probleme auch verlagern, wenn sie nicht in Deutschland anlegen wollen.

Rudolf:

Ich glaube nicht, dass das im großen Stil geschieht. Die Kunden wollen ihren Bankberater vor Ort haben und nicht in 12 000 Kilometern Entfernung in Singapur.

Professor Markus Rudolf ist Leiter des Centers of Private Banking der WHU - Otto Beisheim School of Management