Beauty Sweeties mit Aloe Vera und Enzymen sind Verkaufsschlager. Die Wirkung ist zwar umstritten, aber schmecken tut es trotzdem.

Hamburg. "Açaibeere! Die Sweeties mit der Açaibeere mag ich am liebsten", sagt Andreas Detterbeck mit vollem Mund. Gemeinsam mit seinem Partner Jens Mühe verkauft er seit Dezember des vergangenen Jahres Fruchtgummis unter der Marke "Beauty Sweeties" - und das mit wachsendem Erfolg. Ein halbes Jahr nach der Markteinführung werden die kleinen Fruchtgummiherzen mit dünner Joghurtschicht bereits bei Edeka, Rewe, Budnikowsky und einigen Apotheken angeboten. Auch in den USA, Japan, den Niederlanden sowie im deutschsprachigen Ausland kaut man sich schön.

Das zumindest verspricht die Produktverpackung. Aloe Vera, Kollagen und das für die Produktion von Zellenergie wichtige Q10 finden sich in der Süßigkeit. In Asien seien derartige Zusatzstoffe gang und gäbe. "In Japan gibt es gar ein Deo-Bonbon, nach dessen Verzehr der Schweiß angenehmer riechen soll", sagt Detterbeck, der jahrelang eine Werbeagentur betrieb und für große Nahrungsmittelkonzerne wie die Schweizer Emmi arbeitete.

Im Gegensatz zu diesem praktikablen Anwendungsbereich haben Zusatzstoffe wie Q10 aber wohl nur einen positiven Effekt auf die Psyche des Verbrauchers, der daran glaubt. Zwei Tüten der Beauty Sweeties müsste man essen, um die empfohlene Tagesdosis aufzunehmen. Doch selbst diese von einigen Ernährungsexperten ausgesprochene Empfehlung ist umstritten, da Q10 kein Vitamin, sondern ein Koenzym ist und ohnehin in ausreichender Menge vom Körper produziert wird. Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg sagt, es gebe zudem keine Studien, "die eine schönheitsfördernde Wirkung derartiger Stoffe belegen". Im Gegensatz zum japanischen Markt herrscht hierzulande zudem Skepsis bei Inhaltsstoffen wie Aloe Vera, die viele Menschen nur aus Cremes kennen. Deshalb mussten die ersten Produktdesigns der Beauty Sweeties abgeändert werden. Die Zusatzstoffe werden seither kleiner beworben, die Marke und die natürlichen Zutaten stehen im Vordergrund. "Es ist ein Lifestyleprodukt, das unsere zumeist weiblichen Kunden sofort verstehen", sagt Mühe über die modern wirkenden weißen Tüten. Mit 1,99 Euro für die 125-Gramm-Tüte sind sie rund doppelt so teuer wie Haribo-Goldbären. "Wir haben bei Haribo, Katjes und Trolli mit unserer Idee vorgesprochen, und da war man begeistert", sagt Detterbeck. Schließlich sei es das erste Produkt dieser Art weltweit.

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Weil die Konkurrenz aber lediglich versucht habe, die Marke zu übernehmen, packten Detterbeck und Mühe ihre Muster zusammen und suchten selbst nach einem Produzenten. Fündig wurden die beiden ehemaligen Werbetreibenden in Stelle bei der Johannes Lühders KG. "Herr Lühders hat sofort verstanden, was wir wollten", sagt Mühe. Angestrebt war ein Fruchtgummi aus natürlichen Zutaten, das neben den angeblich schönheitsfördernden Zusatzstoffen auch Fruchtstücke enthalten sollte. Und tatsächlich duftet es, als habe jemand eine Mango frisch aufgeschnitten, als Detterbeck die erste Tüte mit Mango-Pfirsich-Geschmack öffnet. "Bei Granatapfel-Himbeere riecht es nicht so stark. Wie bei den echten Früchten eben", sagt Detterbeck. Ein Diätprodukt sind die Fruchtgummisjedoch nicht, je 100 Gramm enthalten sie 41,7 Gramm Zucker.

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25 Tonnen Fruchtgummiherzen in drei Geschmacksrichtungen verlassen die Fabrik in Stelle derzeit pro Monat, das sind 200 000 Tüten. Die Expansion nach Singapur, Korea und Italien ist bereits geplant. Deutsch etikettierte Produkte kommen zudem bei Einzelhändlern im Ausland gut an, weil sie teurer verkauft werden können. Zur erstaunlichen Expansionsgeschwindigkeit seines Unternehmens befragt, hält sich Mühe bedeckt: "Wir haben einen Exportmitarbeiter, der gute Kontakte aus dem ehemaligen Job mitbringt." Den Startschuss zur Welttournee ihres Fruchtgummis gaben der 46-jährige Mühe und sein 52 Jahre alter Geschäftspartner jedoch selbst, indem sie innerhalb eines Monats mehr als 1000 Telefonate mit Einzelhändlern, Supermarktketten und sogar Fitnesscentern führten. "Der Druck auf die Großhändler, das Produkt aufzunehmen, entstand somit von unten", sagt Jens Mühe.

Im Herbst soll die Beauty-Sweetie-Schokolade folgen, auch Kekse und Traubenzucker soll es bald geben. Für Mühe und Detterbeck ist es eine Erfolgsgeschichte mit wässrigem Beigeschmack. Mit dem "Beauty Water", das noch immer verkauft wird, starteten sie vor einigen Jahren. "Daraus haben wir viel gelernt", sagt Mühe. Das Produkt war preislich unattraktiv wegen des deutschen Pfandsystems und zu kompliziert. "Es hätte eigentlich stets jemand danebenstehen müssen, der erklärt, was dieses Q10 im Wasser zu suchen hat", so Mühe. "Man sollte eben im besten Fall Produkte herstellen, die man selbst richtig gut findet", ergänzt Detterbeck und steckt sich noch eine Handvoll Gummiherzen in den Mund.