Manipulationsfälle haben sich in einem Jahr verdoppelt. Auch Ticketautomaten im Visier

Hamburg. Der Datenklau an Hamburger Geldautomaten nimmt drastisch zu: Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der entdeckten Fälle mehr als verdoppelt. Insgesamt wurden 69 Automaten manipuliert - 2009 waren es 31 gewesen. Auch in den vergangenen Wochen gab es weitere Fälle. Von Januar bis April 2011 wurden bereits an 20 Automaten die Daten von EC-Karten abgegriffen, um mit illegal hergestellten Kopien kurz darauf im Ausland an Geld zu kommen. Diese Zahlen nannte Margit Schneider, Leiterin Sicherheitsmanagement bei dem Dienstleister Euro Kartensysteme, der im Auftrag deutscher Banken und Sparkassen arbeitet.

Nach Erkenntnissen der Experten werden pro Manipulationsfall im Schnitt die Daten von 60 Bankkunden gestohlen. Damit dürften im vorigen Jahr mehr als 4100 Hamburger von Betrügereien betroffen gewesen sein.

Insgesamt registrierte die Polizei 2010 in Deutschland 3183 Angriffe auf Geldautomaten, das war eine Steigerung von 55 Prozent. Der geschätzte Schaden für die Geldinstitute erhöhte sich von 40 Millionen auf 60 Millionen Euro, teilte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, gestern in Berlin mit.

Das tatsächliche Ausmaß dieser Form der Kriminalität dürfte jedoch größer sein, als die offiziell gemeldeten Zahlen erkennen lassen. "Die betroffenen Bankkunden erstatten häufig keine Anzeige bei der Polizei, weil sie das illegal abgebuchte Geld von den Banken erstattet bekommen", sagte BKA-Sprecherin Barbara Hübner dem Abendblatt, "und für die Banken ist es auch eine Reputationsfrage, nicht mit allzu hohen Fallzahlen in Verbindung gebracht zu werden."

Fast immer läuft der Datenklau nach dem gleichen Muster ab: Auf den Kartenschlitz des Geldautomaten setzen die Täter eine Vorrichtung auf, die dazu dient, die Informationen vom Magnetstreifen der EC-Karte zu lesen und zu speichern. Zusätzlich müssen die Kriminellen eine getarnte Kamera am Automaten oder in dessen Nähe anbringen, um das Eintippen der PIN-Nummer abzufilmen. Hierzu basteln sie häufig eine unauffällige Verkleidung, die ein Handy enthält.

Bevorzugt manipulieren die Täter Automaten an stark frequentierten und auch von Touristen besuchten Orten, in Hamburg zum Beispiel in Reeperbahn-Nähe, in der Innenstadt sowie an den Bahnhöfen. Schon zwei bis drei Tage nach dem Datendiebstahl heben Komplizen mit Duplikaten der EC-Karten im Ausland - zumeist in Großbritannien, Italien, in den Niederlanden, in Bulgarien und in Russland - Geld ab. In Deutschland ist das nicht möglich, weil die gefälschten Karten hier dank "technischer Sicherheitsvorkehrungen" erkannt werden, wie das BKA erklärte.

Doch inzwischen manipulieren die Täter nicht nur Geldautomaten: Ende des vergangenen Jahres waren laut Ziercke erstmals Bezahlautomaten an SB-Tankstellen in Nordrhein-Westfalen betroffen, wobei schon mit den EC-Karten-Daten aus einer einzigen Tanksäule 600 000 Euro Beute gemacht wurden. Im März traf es erste Fahrkartenautomaten der Bahn.