Gläubigerausschuss vertagt Entscheidung auf 7. Juni. Auch Vermieter Highstreet bietet mit. Am Ende könnte eine Fusion mit Kaufhof stehen

Hamburg/Essen. Theoretisch sollte schon in der Nacht auf Sonnabend eine Unterschrift unter dem Kaufvertrag stehen. Praktisch dauerte es aber bis zum späten Freitagnachmittag, bis die potenziellen Karstadt-Käufer dem Gläubigerausschuss überhaupt ihre Konzepte vorgetragen hatten. Und nach stundenlanger Diskussion wurde letztlich nur entschieden, dass die Entscheidung vertagt wird. Am 7. Juni soll der elfköpfige Ausschuss nun sein Votum abgeben, wie Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg mitteilte. Die Unterschrift eines Investors unter den Kaufvertrag sei bis zum 9. Juni vorgesehen. Dieser Beschluss überraschte, auch wenn das Immobilienkonsortium Highstreet sein Angebot erst eine halbe Stunde vor Beginn der alles entscheidenden Sitzung in Essen vorgelegt hatte.

Highstreet und Karstadt verbindet bereits seit Jahren eine leidvolle Geschichte: Im Jahr 2006 hatte Thomas Middelhoff, damaliger Chef der Karstadt-Mutter Arcandor, zwei Drittel der wertvollen Warenhausimmobilien an das Konsortium verkauft. Mit dem Geld baute er Schulden ab, legte aber auch den Grundstein für die als überhöht geltenden Mieten. Die erdrückenden Kosten führten letztlich zur Insolvenz.

Highstreet will offenbar alle Arbeitsplätze erhalten

Neben der US-Investmentbank Goldman Sachs sind auch die Deutsche Bank, der Immobilieninvestor Pirelli Re und Kaufhausbetreiber Borletti an Highstreet beteiligt, der als Vermieter einer der größten Karstadt-Gläubiger ist. Mit dem Angebot war seit Wochen gerechnet worden, da die beiden anderen Karstadt-Interessenten Triton und Berggruen auf deutlich niedrigeren Mieten für die Warenhausimmobilien beharren.

Branchenkreisen zufolge sieht das Highstreet-Konzept bei Arbeitsplätzen und Standorten keine gravierenden Einschnitte vor, die wöchentliche Arbeitszeit der Karstadt-Mitarbeiter soll jedoch auf 39,5 Stunden erhöht werden. Die Arbeitnehmer würden im Gegenzug am Unternehmen beteiligt. Damit wären zumindest vorerst alle 120 Karstadt-Filialen gesichert, darunter elf in Hamburg: das Alsterhaus, je eine Filiale in Eimsbüttel und Billstedt, je zwei an der Mönckebergstraße, in Wandsbek, Bergedorf und Harburg (eine davon das Sporthaus im Phoenix-Center). Karstadt im Elbe-Einkaufszentrum wurde im Rahmen des Insolvenzplans schon im Dezember geschlossen.

Fusion mit Kaufhof wird wahrscheinlicher

Zudem wird in der Branche erwartet, dass bei einem Zuschlag für Highstreet langfristig die Chancen für eine Zusammenlegung mit der Warenhauskette Kaufhof des Handelsriesen Metro steigen. Diese könnte fast zeitgleich mit Karstadt einen neuen Eigentümer bekommen: Metro hat bereits mehrere Interessenten in die Bücher der Konzerntochter Kaufhof schauen lassen.

"Die Interessenten sind mit ihrem Einblick in unseren Datenräumen im Wesentlichen fertig", sagte ein Metro-Sprecher am Freitag, ohne Details zur Abgabefrist eines Gebots zu nennen. Im Rennen um Kaufhof sind laut der "Lebensmittel-Zeitung" unter anderem die Finanzinvestoren Permira, Apollo und Blackstone. Nach Einschätzung von Branchenbeobachtern haben die Interessenten für Kaufhof auch Karstadt im Blick. Bereits vor einem Jahr, als sich die Lage bei Arcandor zuspitzte, wurde über ein Zusammengehen von Karstadt und Kaufhof in einer Deutschen Warenhaus AG spekuliert. Die Metro hatte aber nur Interesse an einem Teil der 120 Karstadt-Warenhäuser signalisiert. Weder der Vorstand der Karstadt-Mutter Arcandor noch später der Insolvenzverwalter wollten die Kette aufteilen.

"Ein guter Investor muss schlechte Häuser schließen"

Es sei jedoch sehr unwahrscheinlich, dass langfristig alle Karstadt-Filialen erhalten bleiben, sagte Handelsexperte Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung, dem Abendblatt. "An vielen Standorten ist die Konkurrenz so stark, dass es nur Luft für ein Warenhaus gibt: Karstadt oder Kaufhof", sagt er. "Ein guter Investor muss schlechte Standorte schließen, um das Unternehmen insgesamt wettbewerbsfähig zu halten."

Der zweite Bieter für Karstadt, der Milliardär Nicolas Berggruen, plant offenbar keine Filialschließungen. Er wolle "die deutsche Kultmarke Karstadt" und alle Arbeitsplätze retten, dafür sollen aber die Mietzahlungen an Highstreet deutlich sinken.

Ende 2007 hatte Berggruen wesentliche Teile des in die Insolvenz gegangenen Möbelherstellers Schieder aus Westfalen übernommen und fortgeführt, zudem investiert er weltweit in Immobilien und Branchen wie erneuerbare Energien - und legt dabei eigenen Angaben zufolge Wert auf langfristige Engagements. Für sein Angebot hat sich Berggruen als industriellen Partner den weltweit aktiven Textilunternehmer Max Azria ins Boot geholt.

Auch der deutsch-schwedische Investor Triton ist nach wie vor an Karstadt interessiert, hatte sich aber mit der Gewerkschaft Ver.di im Streit um Stellenstreichungen überworfen. Auch Triton besteht auf "marktgerechten Mieten" für die Warenhäuser, will im Gegenzug in den kommenden fünf Jahren 500 Millionen Euro in die Warenhauskette investieren.