Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in Hamburg zieht an. Einzelhäuser in Randlagen sind dagegen derzeit schwer zu verkaufen.

Hamburg. Wenn sich die schlechten Nachrichten über den Euro und die Staatsschulden überschlagen, dann haben Hamburgs Makler gut zu tun. Die Leute denken wieder an Betongeld, also an die Immobilie. "Sie wollen ihr Geld sachwertgesichert anlegen", sagt Gerhard Feldmann, Geschäftsführer des Immobilienverbandes Nord (IVD). "Innerhalb von einer Woche zählten wir 135 Anfragen von Kaufinteressenten. Das ist doppelt so viel wie in normalen Zeiten", sagt Frank Stolz, Leiter Wohn-Projekte bei Grossmann & Berger. Zwar führt nicht jede Nachfrage zu einem Abschluss, aber seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 ist das Interesse an der Immobilie wieder erwacht.

Besonders profitiert davon ein Segment, das lange ein Schattendasein fristete: Eigentumswohnungen. "Im vergangenen Jahr haben wir 40 Prozent mehr Neubauwohnungen verkauft als 2008, und dieser Trend wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen", sagt Stolz. Grossmann & Berger bringt jährlich zwölf bis 15 Wohnprojekte auf den Markt. "Jetzt könnten es angesichts der Nachfrage durchaus mehr sein", sagt Stolz. Das knappe Angebot auch mangels geeigneter Grundstücke in den richtigen Lagen schlägt sich in steigenden Preisen nieder (siehe Tabelle). Nach den Erhebungen von Grossmann & Berger sind Neubauwohnungen in Hamburg in den vergangenen vier Jahren im Schnitt um jährlich sechs Prozent teurer geworden. "Das liegt nicht an steigenden Baukosten und höheren Anforderungen an die Energieeffizienz der Bauten, sondern ausschließlich an der steigenden Nachfrage", sagt Stolz.

Die höchsten Preissteigerungen für Neubauprojekte verzeichnen mit Lokstedt und Barmbek-Süd zwei Stadtteile, die viele nicht unter den Preistreibern vermuten. "Barmbek-Süd befindet sich im Wandel und wird von Käufern als Alternative zu den angrenzenden, deutlich teureren Stadtteilen wie zum Beispiel Winterhude und Uhlenhorst in Betracht gezogen", sagt Garlef Kaché, Leiter Wohn-Projekte bei Grossmann & Berger. Im Komponistenviertel müssen schon 3800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bezahlt werden. In Lokstedt entstehen nördlich des Veilchenweges und am Lohkoppelweg neue Wohnprojekte.

Trotz bereits gestiegener Preise können die Käufer auch jetzt noch auf eine steigende Wertentwicklung hoffen, "wenn Lage und Immobilie stimmen", wie IVD-Experte Feldmann sagt.

Die Hansestadt punktet mit dem bundesweit höchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und der höchsten Erwerbstätigenquote. Die Stadt gehört zu den wettbewerbsfähigsten Regionen in Deutschland und Europa, urteilt die HSH Nordbank. Hamburg könne in den kommenden Jahren mit steigenden Einwohner- und Haushaltszahlen rechnen, was für eine steigende Nachfrage am Wohnungsmarkt sorge. "Bis zum Jahr 2020 rechnen wir mit einem Bedarf von etwa 1500 Wohnungen pro Jahr in Hamburg", sagt Peter Axmann, Leiter des HSH-Unternehmensbereichs Immobilienkunden.

Sechs bis acht Monate dauerte es früher, bis eine Eigentumswohnung verkauft war. "Heute reichen drei Monate, wenn das Preisleistungsverhältnis stimmt", sagt Doris Rohn vom Heuer-Immobilien Dienst. Wer eine ungünstig geschnittene Drei-Zimmer-Wohnung mit 144 Quadratmetern in Rahlstedt aus den 1970er-Jahren für 260 000 Euro verkaufen möchte, wird nicht auf große Nachfrage stoßen, weiß ein Makler. Längst lässt sich nicht jedes Objekt problemlos verkaufen.

Schwer haben es vor allem Wohnungen in großen Anlagen aus den 1960er- und 1970er-Jahren. "Wenn das Wohngeld dann noch so hoch ist wie eine mögliche Finanzierung, schreckt das viele Käufer ab", sagt Jörn Olaf Ridder, Bereichsleiter Wohnimmobilien bei Grossmann & Berger. Auch das hauseigene Schwimmbad hat sich überlebt. "Alle zahlen dafür, nur wenige nutzen es", sagt Ridder.

"Gut laufen Drei-Zimmer-Wohnungen mit 80 Quadratmetern", sagt Rohn. "Kleinere Wohnungen müssen schon nah am Stadtzentrum liegen, um das Interesse der Käufer zu finden." Viele nutzen diese Wohnungen auch zur Kapitalanlage und vermieten sie. "Da lassen sich Bruttorenditen von rund fünf Prozent erzielen", sagt Feldmann. Vor zwei Jahren waren es noch sieben bis acht Prozent. Das zeigt, wie die Preise schon angezogen haben. 2009 lag der Durchschnittspreis für gebrauchte Eigentumswohnungen nach IVD-Erhebungen mit 2080 Euro/m{+2} aber noch 20 Prozent unter dem Höchstwert von 1994. Das zeigt: Ein Immobilienerwerb ist risikoreich, wenn Käufer bei zu hohen Preisen wie nach der Vereinigungsboom zugreifen.

"Einfamilienhäuser und Doppelhäuser in bevorzugten Lagen wie dem Alstertal sind sehr gefragt, und die Nachfrage übersteigt das Angebot", sagt Ridder. Die Folge sind Preissteigerungen von jährlich fünf bis zehn Prozent in den vergangenen drei Jahren. Dagegen ist der Verkauf von Einfamilienhäusern in den Randlagen schwieriger. "Das gilt vor allem für ältere Objekte ab 500 000 Euro", sagt Axel Schneider von Schneider Immobilien. Das liege auch daran, dass die Banken nur noch 60 bis 70 Prozent des Kaufpreises finanzierten.

Auch Luxushäuser mit einem Kaufpreis von über 750 000 Euro haben sich 2009 in Hamburg schlechter verkaufen lassen. Die Zahl der Verkäufe ging um 14 Prozent gegenüber 2008 zurück. Insgesamt wechselten 163 solcher Objekte den Besitzer, davon rund ein Drittel zu einem Kaufpreis ab 1,5 Millionen Euro. Die Verkaufserlöse schrumpften um 17 Prozent. Das geht aus einer Studie des Maklerunternehmens Dahler & Company hervor, das dazu die tatsächlichen Verkaufsfälle, die von den Gutachterausschüssen erfasst werden, ausgewertet hat. Von sieben großen deutschen Metropolen verzeichneten nur Berlin und Köln größere Rückgänge.

"Der Markt hat sich in Hamburg zugunsten der Eigentumswohnungen verschoben", sagt Björn Dahler von Dahler & Company. Denn in diesem Bereich gab es mit 105 Verkäufen 17 Prozent mehr Veräußerungen als 2008. Die Verkaufserlöse stiegen um zehn Prozent. Eigentumswohnungen profitieren dabei von mehreren Faktoren. "Wohlhabende im Ruhestand tauschen ihre Häuser gegen luxuriöse Wohnungen im innerstädtischen Bereich", sagt Dahler. "Viele Käufer suchen Wohneigentum nur noch im Innenstadtbereich, in denen Einfamilienhäuser und Villen traditionell rar sind." Ein Beispiel dafür ist die HafenCity, wo die Zahl der verkauften Wohnungen im Wert von einer Million Euro um ein Drittel gestiegen ist. Das geht vor allem auf die Objekte im Marco Polo Tower zurück. Auch die zunehmende Zahl von Single- und Zwei-Personen-Haushalten stützt den Trend zur Eigentumswohnung. "Und nicht zuletzt hat die Akzeptanz der Eigentumswohnung als Kapitalanlage gewonnen", sagt Dahler.