“Do it yourself“ liegt im Trend. Deutsche investieren im Schnitt 219 Euro pro Jahr. Gartenzubehör beflügelt die Umsätze.

Hamburg. Lange Schlangen an den Kassen. Vor allem an den Wochenenden ein Ansturm auf Pflanzen, Dünger, Erde oder Gartenmöbel: Mit den langsam steigenden Temperaturen hat die Hochsaison bei den Bau- und Gartenmärkten eingesetzt. In den größten Markt der Hamburger Kette Max Bahr in Stellingen kommen an Sonnabenden schon einmal 6000 Kunden, 2000 mehr als an Werktagen. "Die Einkaufswagen sind dann voll mit Geranien, Petunien, Fuchsien für Balkonkästen sowie Margeriten für die Gärten", sagt Marktleiter Sven Görtz. "An solchen Tagen machen wir 60 Prozent des Tagesumsatzes mit Gartenartikeln."

Jetzt hofft die Branche, dass die Sonnenstrahlen das Geschäft der Heimwerkermärkte auch in den kommenden Monaten warmlaufen lassen. Nach dem langen Winter reichte die Lust auf das neue Grün im Garten im ersten Quartal erneut für ein Umsatzplus von 2,3 Prozent. Damit setzt sich der Trend aus dem vergangenen Jahr fort. Schon 2009 hatten sich die Baumärkte vom schwachen Einzelhandel abgekoppelt. Gab es dort ein Minus von 1,8 Prozent, legten die Märkte um zwei Prozent von 17,55 auf 17,9 Milliarden Euro zu. "Erstmals seit Jahren", so der Bundesverband Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenmärkte (BHH), kletterten die Erlöse auch ohne die neu eröffneten Filialen um 0,7 Prozent.

"Bisher sind wir in Deutschland gut durch die Krise gekommen", sagt Verbandssprecher Stefan Michell. Der BHH rechnet auch für 2010 zumindest mit einem stabilen Geschäft. Branchenanalyst Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe sieht sogar weiteres Wachstum. Gefragt sind neben den Gartenartikeln auch Styroporplatten, Steinwolle oder Filzmatten, mit denen Decken oder Böden gedämmt werden, um teure Energie zu sparen. Zusätzlich dürften sich Tausende von Kurzarbeitern in ihrer unverhofft freien Zeit als Heimwerker versuchen. Vor allem aber rückt in Krisenzeiten das eigene Heim stärker in den Vordergrund. "Wer nicht mehr weit weg in den Urlaub fährt, will es sich zu Hause bequem machen und gibt für seine vier Wände gern Geld aus", sagt Analyst Schlienkamp.

Mit einem Umsatzwachstum im laufenden Jahr rechnet auch Wolfgang Werner, der Vorstandsvorsitzende der Praktiker Holding AG. Das Ergebnis der Kette soll gegenüber 2009 sogar "deutlich" steigen. Dafür wird es in jedem Fall weniger Rabattaktionen geben, bei denen Praktiker 2009 allein 60-mal "20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung" versprach. Vor allem aber sollen unter der Eigenmarke Praktiker künftig hochwertigere Artikel angeboten und damit höhere Preise erzielt werden. Bei Pflanzen, Schutzmitteln und Gartenmöbeln hat die Offensive bereits begonnen. "Wir profitieren hier vom Know-how von Max Bahr", sagt Praktiker-Sprecher Harald Günter. Die Eigenmarken sollen bis 2013 von derzeit 27 auf 40 Prozent zunehmen, ähnlich wie bei der Hamburger Kette, die im Februar 2007 übernommen wurde.

Deren auf höherwertige Produkte und Service für die Kunden ausgerichtete Strategie hatte den Gewinn von Max Bahr 2009 um 5,9 Millionen auf 31,4 Millionen Euro steigen lassen. Seit Februar wird jetzt am Flaggschiffmarkt der Kette in Stellingen ein neues Konzept für ein Gartencenter mit neuen Farben, großen Fotos und ohne störende Verpackung getestet. "Hat das Erfolg, können wir uns vorstellen, weitere dieser mehr als 3000 Quadratmeter großen Center zu bauen", sagt Max-Bahr-Sprecherin Simone Naujoks. Schon 2009 haben die Hamburger ihre Investitionen auf 15,5 Millionen Euro fast verdoppelt und damit das Konzept Traumbäder eingeführt. In mehr als 20 der 78 Märkte bundesweit können nun Kunden mit einem Grundriss unter dem Arm Renovierungen in 3-D planen lassen und gleich die nötigen Handwerker ordern. Ähnlich werden in einigen Studios in den Märkten Küchen angeboten. "Das", versichert Naujoks, "wirkt sich wirtschaftlich bereits positiv aus."

"Solche Konzepte nach dem Prinzip des One-stop-Shoppings sind zwar nicht neu, können aber den Gewinn steigern", sagt Analyst Schlienkamp. Insgesamt dürften die Preise aber stabil bleiben. Der Wettbewerb in der Branche ist scharf. Immerhin hat sich die Zahl der Märkte seit 1982 von 720 auf mehr als 2400 erhöht, werden statt früher gut einer Million Quadratmeter heute knapp 14 Millionen Quadratmeter mit Pflanzen, Gartengeräten, Werkzeugen, Schrauben, Dübeln bestückt, errechnete das Leverkusener Handelsberatungsunternehmen Gemaba.

Die Deutschen sind gut versorgt. "Nach unseren Berechnungen gibt ein Bundesbürger mit 219 Euro deutlich mehr aus als ein Brite, der auf 142 Euro kommt", sagt BHH-Sprecher Michell.

Auf hohe Kaufkraft setzte auch die Hornbach-Gruppe, die 1968 den ersten Baumarkt in Deutschland eröffnete, als sie im Januar 2009 in die Hansestadt kam. Versehen mit einem Gartencenter und mit 15 000 Quadratmetern ist er wie die meisten Märkte des Unternehmens deutlich größer als die der Konkurrenz. In Eidelstedt verkauft das Unternehmen, das für das am 28. Februar beendete Geschäftsjahr von einem Umsatzplus von 3,7 Prozent ausgeht, auch an Profikunden wie Handwerker, die von eigenen Ansprechpartnern beraten werden. Dazu können im angedockten Drive-in-Baustoffzentrum Kalk, Zement und Ziegel direkt aus dem Regal ins Auto geladen werden. "Rabatte oder Aktionswochen gibt es bei uns nicht", sagt Hornbach-Sprecherin Ursula Dauth. Dafür erhalten Kunden, die niedrigere Preise bei Konkurrenten nachweisen, diesen auch für ihrem Einkauf und obendrein einen Bonus von weiteren zehn Prozent. Erkenntnisse über die Konkurrenz sind kostbar.

Immerhin geht es bundesweit um knapp 47 Milliarden Euro - so viel gaben Heimwerker, Bastler und Hobbygärtner 2009 für ihre Leidenschaften aus. Verglichen mit knapp 18 Milliarden Euro, die in den Kassen der Heimwerkerketten landeten, bleibt so noch Potenzial. "Unser Geschäft", so BHH-Sprecher Michell "ist ausbaufähig."