Besonders die Sparkassen des Landes leiden unter dem Immobilienpreisverfall

Hamburg. Erst war es die Finanzkrise, ausgelöst durch faule US-Hypothekenkredite, dann kam das griechische Schuldendebakel - und nun stürzt der Zusammenbruch der Immobilienpreise in Spanien die Märkte schon wieder in neue Turbulenzen: Der Deutsche Aktienindex (DAX) sackte gestern im Handelsverlauf um deutlich mehr als drei Prozent ab, die Börsen in Madrid und in Mailand gaben zeitweise um mehr als vier Prozent nach.

Selbst der Dow-Jones-Index in New York rauschte zu Handelsbeginn um 2,6 Prozent abwärts, weit unter die Marke von 10 000 Punkten. Zu der schlechten Stimmung hatten bereits am Morgen Verluste an den asiatischen Aktienmärkten wegen der politischen Spannungen zwischen Nord- und Südkorea beigetragen.

Nachdem über Pfingsten die spanische Sparkasse CajaSur durch die dortige Notenbank gerettet werden musste, kletterten die Risikoaufschläge für zehnjährige spanische Staatsanleihen auf das höchste Niveau seit der Verabschiedung des Euro-Rettungspakets der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der Kurs der Gemeinschaftswährung sank gestern um nahezu eineinhalb Cent auf 1,2223 Dollar.

Aktien britischer Großbanken stürzen um fast sieben Prozent ab

Besonders stark litten allerdings Bankenaktien, weil Anleger offenbar befürchten, dass die Probleme spanischer Institute sich ausweiten. So verloren die Papiere der Großbanken Banco Santander und BBVA zeitweise knapp sechs Prozent an Wert, die Börsenkurse ausländischer Geldhäuser wie der Royal Bank of Scotland sowie der ebenfalls britischen Lloyds Banking Group fielen sogar um fast sieben Prozent. Auch deutsche Adressen blieben nicht verschont, die Titel der Commerzbank und der Deutschen Bank schwächten sich im frühen Handel um rund viereinhalb Prozent ab.

Tatsächlich gehen Branchenexperten davon aus, dass die CajaSur kein Einzelfall bleibt. "Wir werden sicher noch weitere spanische Kreditinstitute sehen, die in Schwierigkeiten geraten", sagt Andreas Pläsier vom Hamburger Bankhaus M.M.Warburg & CO. "Die Lage in Spanien ist problematisch", meint auch Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. "Die Wirtschaft dort hat weitgehend vom Tourismus und von der Bauindustrie gelebt - aber die Immobilienpreise sind seit zwei Jahren im freien Fall, und anders als in Großbritannien ist noch keine Bodenbildung abzusehen."

Vor allem die spanischen Sparkassen hätten in den früheren Boomzeiten ohne Weiteres 90 oder 100 Prozent des Investitionsbetrags kreditfinanziert, "weil man sicher war, dass sich die erfreuliche Wertentwicklung fortsetzt", erklärt Pläsier.

Doch dann zerschlug sich nicht nur diese Hoffnung. Spaniens Wirtschaft rutschte in die Rezession ab, aktuell leidet das Land unter einer Arbeitslosenquote von rund 20 Prozent - es ist die höchste in der gesamten Euro-Zone. Damit können immer mehr Menschen ihre Hypothekenkredite nicht mehr zurückzahlen.

Zu einem ernsten Problem könne dies aber nur für kleinere, regional tätige Institute werden, sagt Faust, zumal spanische Sparkassen in der Regel nur über eine eher knappe Eigenkapitaldecke verfügten. Vor diesem Hintergrund schließen sich die vier Sparkassen Caja Mediterráneo (CAM), Cajastur, Caja Extremadura und Caja Cantabria gerade zum fünftgrößten Geldinstitut des Landes mit 2300 Filialen und 14 000 Beschäftigten zusammen. Dieser Schritt stabilisiert die Situation der ebenfalls angeschlagenen CAM mit Sitz in Alicante.

Spanische Großbanken dürften nach Einschätzung von Faust jedoch kaum durch den Immobilienpreisverfall gefährdet sein, schon weil sie international tätig seien und außerdem eine wesentlich stärkere Eigenkapitalausstattung aufwiesen. Allerdings könnten ihnen die steigenden Zinsen der spanischen Anleihen zu schaffen machen.

Das Risiko, dass die Probleme in Spanien über Geschäftsverflechtungen auch auf deutsche Banken übergreifen, halten beide Branchenkenner für eher gering.

Auch deutsche Hypothekenbanken waren in Spanien aktiv

Doch einige deutsche Kreditinstitute seien auch direkt auf dem spanischen Markt für Immobilienfinanzierungen tätig gewesen. "Die Gewinnmargen waren so hoch, dass man diese Chancen nicht ungenutzt lassen wollte", sagt Faust. Dies gelte im Wesentlichen für Hypothekenbanken wie die verstaatlichte Hypo Real Estate, aber auch für die Commerzbank-Tochter Eurohypo und die Aareal Bank. Faust geht allerdings nicht davon aus, dass deutsche Institute durch ihr Spanien-Geschäft in Schwierigkeiten geraten.