Maastricht. Star-Geiger André Rieu ist nach seiner schweren Virusinfektion 2012 wieder auf den Beinen. Geholfen hat ihm dabei vor allem seine Frau.

Hotelzimmer – das sind die Schauplätze derartiger Interviews. Nicht so bei Stargeiger André Rieu. Der lädt lieber in sein 420-Quadratmeter-Schloss bei Maastricht ein, das einst einem gewissen D’Artagnan gehörte, dem vierten Musketier. Ein Gespräch mit dem 68-Jährigen über seinen Erfolg, seine Frau, Geld und Gesundheit.

Sie sind einer der erfolgreichsten Musiker der Welt. Aber Ihr Vater, der selbst Dirigent war, zweifelte an Ihrem Talent. Woher nahmen Sie ohne solche Unterstützung das Selbstbewusstsein, um sich so durchzusetzen?

André Rieu: Das habe ich allein meiner Frau Marjorie zu verdanken. Bei ihr merkte ich: Da ist jemand, der versteht mich. Das war ganz anders als der Missmut, der mir zu Hause entgegen geschlagen ist. Wenn dir jemand begegnet, der an dich glaubt, ist das die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg.

Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?

Rieu: Ich war 13, sie war 15 Jahre alt. Und sie ging mit meiner Schwester in eine Klasse. Bei der Weihnachtsfeier meiner Schwester ist sie mir mit ihren vielen Locken aufgefallen – und ich ihr. Danach haben wir uns ab und zu mal gesehen, das war aber rein platonisch. Wir haben uns dann wieder aus den Augen verloren, haben den anderen aber nie vergessen. Zwölf Jahre später kam es zu einer erneuten Begegnung, bei einem Konzert meiner Schwester Teresia, die inzwischen eine berühmte Harfenistin geworden war. Da machte es Peng, und wir wurden ein Paar. Marjorie sah in mir die Verkörperung eines romantischen Ideals, nämlich des lieben und intelligenten, aber armen Künstlers. Innerhalb von neun Monaten haben wir geheiratet. Ich weiß noch, wie mich ihr Vater fragte: „Können Sie meine Tochter ernähren?“ – Ich sagte: „Nein, sie ernährt mich.“

Und jetzt sind Sie 43 Jahre verheiratet?

Rieu: Genau. Viele Leute fragen mich, wie wir das geschafft haben. Und ich sage im Spaß: „Ich gehe viel auf Tour.“ Natürlich haben die Trennungen auch ihren Nachteil, aber heute kann man ja zum Beispiel skypen. Wichtig sind Liebe, Vertrauen und gegenseitiger Respekt, außerdem lachen wir sehr viel zusammen und teilen die Passion für die Musik. Ohne Marjorie würde ich in der Gosse liegen.

Das klingt ja nach Glück pur. So als ob Sie eigentlich immer einer Meinung sind.

Rieu: Ich bin zum Beispiel jemand, der nicht gerne Geld spart. Geld ist für mich ein Instrument, um das Leben besser und unsere Konzerte für das Publikum noch schöner zu machen. Man kann nichts davon mitnehmen, wenn man in die Kiste geht. Deshalb habe ich auch 2008 für meine Stadiontournee eine Kulisse von Schloss Schönbrunn in dreifacher Ausfertigung herstellen lassen, mit goldenen Kutschen, Pferden, echten Springbrunnen und Debütanten aus Wien, obwohl ich dadurch fast pleitegegangen wäre. Wenn ich aber wieder so eine verrückte Idee haben sollte, dann frage ich Marjorie um Rat.

Sie halten also nichts von Geld?

Rieu: Ich halte nichts vom Sparwahn. In Holland zum Beispiel wurden Musik- und Zeichenunterricht aus Budgetgründen zusammengestrichen, obwohl erwiesen ist, was für positive Auswirkungen das auf unser Gehirn und unseren Körper hat. Das ist dumm.

Was interessiert Sie neben der Musik noch?

André Rieu erkrankte 2012 schwer.
André Rieu erkrankte 2012 schwer. © andrerieu.com

Rieu: Politik interessiert mich total. Wenn ich könnte, würde ich die sogenannte Tempo-Partei gründen. Tempo im Leben ist unglaublich wichtig, nicht nur in der Musik. Wenn eine Regierung einen Entschluss fasst, muss der sofort umgesetzt werden, dann wird das auch von der Bevölkerung unterstützt.

Aber ein atemloses Leben ist nicht ungefährlich. 2012 bekamen Sie vor lauter Stress eine Virusinfektion und konnten nicht mehr stehen.

Rieu: Damals war ich tatsächlich zu schnell unterwegs. Aber ich habe mir eine Ruhezeit genommen, viel nachgedacht und meinen Tagesablauf verändert. Jetzt mache ich dreimal pro Woche Sport, gehe laufen, ernähre mich sehr gesund. Ich versuche, dass mein Puls immer unter 140 bleibt.

Gab es damals die Befürchtung, dass Sie nicht wieder auf der Bühne stehen können?

Rieu: Nein, Marjorie sagte an dem Morgen, an dem der Vorfall geschah: „Was auch immer passiert, dann machen wir was anderes.“ Ich hatte sofort das Gefühl, die stehen alle hinter mir, auch wenn ich mich komplett neu orientieren hätte müssen. Im Leben gibt es so viele Möglichkeiten, aber das, was ich mit Marjorie aufgebaut habe, das funktioniert so toll, da machen wir natürlich weiter.

Das freut Ihre Fans.

Rieu: Ich trage auch eine Verantwortung. Ich habe das größte private Orchester der Welt und insgesamt 110 fest angestellte Mitarbeiter und noch mal über 100 auf Tour. Das ist das Schöne: Ich arbeite nicht, ich habe Spaß.