Berlin. Désirée Nosbusch spricht im Interview über ihre Rolle in „Die Hexenprinzessin“, ihren Karrierebeginn und spirituelle Erfahrungen.

In dem Märchenfilm „Die Hexenprinzessin“ (12. Dezember auf ZDFneo, am 27. Dezember im ZDF) zeigt sich Désirée Nosbusch im Fantasy-Genre. Doch auch im normalen Leben hinterfragt die 55-Jährige die Realität und sucht nach tieferen Antworten, ob in kalifornischen Eichenhainen oder in der täglichen Auseinandersetzung mit sich selbst.

Sie spielen eine alte Hexe, die sich von der jugendlichen Protagonistin Lebenskraft holen will. Aber wie ist das in der Realität: Was kann Ihnen die junge Generation bieten?

Désirée Nosbusch: Ich habe zwei Kinder in ihren 20ern, und ich bin sehr dankbar, dass sie noch viel Zeit mit mir verbringen wollen. Wenn ich ihnen zuhören darf, was sie gut und nicht gut finden, wie sie über unsere Welt nachdenken, dann hält mich das jung und wach. Was meinen Beruf angeht, so finde ich die neue Generation von Schauspielerinnen und Schauspielern großartig, zum Beispiel meine Kollegin Paula Beer bei „Bad Banks“. Das Schöne ist, dass junge Kollegen heute genau wissen, was sie wert sind und was sie wollen. Sie betrachten diesen Beruf vielmehr als ein Business als wir es damals getan haben. Sie trauen sich auch mal ‚nein’ zu sagen. Da kann ich mir ein Stück davon abschneiden.

Als Sie selbst Ihre Karriere als Teenager begannen, schienen Sie auch ein großes Selbstbewusstsein auszustrahlen.

Nosbusch: Ich habe mich immer gewundert, dass die Leute damals meinten, ich sei selbstbewusst.

Was waren Sie dann?

Nosbusch: Ich war neugierig, aber ich war auch sehr oft ängstlich und verloren und irritiert, weil ich eben Vieles nicht wusste. Ich wurde über Nacht in eine erwachsene Welt hinein katapultiert. Aber das ist eine alte Geschichte, die muss man nicht wieder rausholen. Doch ich war bestimmt nicht das vorlaute und altkluge Kind, wie es gerne mal in der Presse dargestellt wurde.

Haben Sie noch Phasen, wo Sie ängstlich und voller Zweifel sind?

Nosbusch: Ich halte gelegentlich kurz inne und frage mich: Gehe ich noch den richtigen Weg? Ich werde unglücklich und unruhig, wenn ich das Gefühl habe, ich wiederhole mich. Da stelle ich schon Sachen in Frage. Aber lieber analysiere ich mich einmal zu viel als nicht genug. Und speziell in diesem Jahr stellt man sich auch bange Fragen: Wie geht das weiter? Bleibt man gesund? Ich hoffe, dass ich weiterhin gut arbeiten kann, aber es gibt viele von meinen Kollegen, die in diesem Jahr auf einmal gar nichts mehr hatten. Wir Künstler fürchten um unsere Existenz. Ich schäme mich also nicht, zu sagen, dass ich ab und zu Angst habe.

Szene aus „Die Hexenprinzessin“: Die drei Hexen (Caro Cult, Désirée Nosbusch, Jana Pallaske) schmieden ihre höllischen Pläne.
Szene aus „Die Hexenprinzessin“: Die drei Hexen (Caro Cult, Désirée Nosbusch, Jana Pallaske) schmieden ihre höllischen Pläne. © ZDF und Conny Klein | Conny Klein

Wie schaffen Sie es, sich dann wieder einzufangen?

Nosbusch: Ich bin grundsätzlich ein positiver Mensch. Nachdem ich mich kurz dem Gefühl der Angst hingegeben habe, kann ich tief durchatmen und sagen: ‚Kopf hoch, schaue einmal von außen auf deine Situation. Was ist denn da gerade so schlimm?’ Dann erkenne ich ganz schnell, dass da so wahnsinnig viel Gutes ist, für das ich ewig dankbar sein muss. Und dann kommt auch die Erfahrung ins Spiel. Denn man weiß, man hat immer wieder einen Weg aus einer Situation herausgefunden. Notlagen fordern einen, und dabei kann etwas Spannendes, Kreatives und Neues herauskommen. Ich vertraue auf das Leben, und ich bin auch jemand, der an eine höhere Kraft glaubt. Man kann sie nennen wie man will – der eine nennt sie Gott, der andere Buddha – ich glaube an eine Energie, und wenn man seine Kanäle offen lässt, kann das einem viel Kraft geben.

Wie haben Sie diese Energie entdeckt?

Nosbusch: Ich komme aus einem katholischen Haushalt, auch wenn ich nicht unbedingt mit strikten Regeln groß geworden bin und mich mit organisierten Religionen schwer tue. Aber den Glauben an etwas Höheres habe ich mir bewahren können. Wenn ich in einer Notsituation bin, wo ich nicht mehr genau weiterweiß, hilft mir das Zwiegespräch mit dieser Kraft. Ich versuche in meinem kleinen Umfeld und mit meinen Möglichkeiten so viel Gutes wie möglich zu tun. Ich würde sagen: Meine Religion ist der Humanismus.

Sie sprachen gerade davon, dass Sie Ihre Kanäle für diese Kraft ­offen halten wollen. Wie machen Sie das?

Nosbusch: Die sind immer offen. Was ich manchmal mache, ist Orte aufzusuchen, wo ich meine innere Stimme besser hören kann. Das sind Orte der Stille. Denn oft wird es in unserem Leben und unserem Alltag wahnsinnig laut.

Haben Sie Beispiele für solche ­Orte?

Nosbusch: Es gibt einen Eichenhain in dem kleinen Ort Ojai in Kalifornien, nördlich von Los Angeles, wo ich an ganz wichtigen Momenten meines Lebens hingefahren bin. Der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti hat zum Teil dort gelebt und auch eine Schule dort gegründet. Ich bin mehrmals hingefahren, auch als er noch lebte, und habe ihn sogar zweimal sprechen hören. Es gab keine Anhängerschaft, er hat einfach den Menschen und Zuhörern auf ihre spirituellen Fragen geantwortet. Das war ein entscheidendes und sehr prägendes Erlebnis für mich.

Wenn Sie solchen Erfahrungen gesammelt haben, sehen Sie da nicht Ihre Branche und Ihr Leben aus großer Distanz?

Nosbusch: Ich stecke auf jeden Fall noch mittendrin, aber ich versuche mich nicht so wichtig zu nehmen. Ich habe nicht das Gefühl, da wo ich bin, ist der Nabel der Welt. Ich versuche auch meinen Beruf in Relation zu setzen. Ich liebe was ich tue, aber es ist die schönste Nebensache der Welt, keine Gehirnchirurgie. Man sorgt für Unterhaltung, die unbedingt zu einem Leben dazu gehört. Ich würde nicht in einer Welt ohne Kultur leben wollen.