London/New York. In einem sehr emotionalen Artikel beschreibt Herzogin Meghan ein schlimmes Erlebnis: Sie hat ein ungeborenes Kind verloren. Gesundheitsexperten loben die Offenheit - der Palast schweigt.

Herzogin Meghan (39) hat im vergangenen Juli eine Fehlgeburt erlitten. Sie verlor das Kind, als sie ihrem einjährigen Sohn Archie gerade die Windel gewechselt hatte, wie Meghan am Mittwoch in der "New York Times" schrieb.

Sie habe plötzlich einen stechenden Krampf gespürt und sei mit Archie in den Armen auf den Boden gefallen. "Ich summte ein Schlaflied, um uns beide zu beruhigen. Die fröhliche Melodie war ein starker Kontrast zu meinem Gefühl, dass etwas nicht stimmte", schrieb Prinz Harrys Frau.

"Ich wusste, als ich mein erstgeborenes Kind umklammerte, dass ich mein zweites verliere", berichtete Meghan. Stunden später habe sie in einem Krankenhausbett gelegen. Harry (36) sei an ihrer Seite gewesen, und beide hätten geweint. Sie habe seine Hand gehalten und seine Fingerknöchel geküsst. Die beiden hätten sich danach oft gegenseitig gefragt: "Geht es dir gut?" Dies sei der "einzige Weg", so die Herzogin von Sussex, um sich in einer solchen Situation zu stützen.

Aber warum macht Meghan solche privaten Momente öffentlich? Nach ihren eigenen Worten will sie damit die Menschen dazu aufrufen, sich mehr umeinander zu kümmern - gerade während der Corona-Pandemie, die viele Menschenleben gefordert hat, und anlässlich der Thanksgiving-Feiern in Familien an diesem Donnerstag in den USA.

Der Buckingham-Palast wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Es handele sich um eine sehr persönliche Angelegenheit, so ein Sprecher.

Harrys Onkel, Charles Spencer, sagte hingegen dem Fernsehsender ITV, dass alles "sehr, sehr traurig" sei. Er ist ein Bruder von Harrys Mutter Diana, die bei einem Autounfall in Paris ums Leben kam. Britische Gesundheitsexperten lobten Meghans Artikel: Fehlgeburten kämen oft vor, seien aber immer noch ein Tabu-Thema, sagte Christine Ekechi vom Königlichen College für Geburtshelfer und Gynäkologen. Offene Diskussionen darüber seien willkommen.

Etwa jede vierte Schwangerschaft ende in einer Fehlgeburt, teilte die gemeinnützige britische Organisation Tommy's mit, die auch Forschungen in diesem Bereich fördert. Die meisten Frauen verlieren ihr Kind in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen. Meghans Ehrlichkeit und Offenheit sei eine "starke Botschaft" an betroffene Paare: Man fühle sich zwar einsam, sei aber nicht allein, sagte Sophie King von der Organisation. In welchem Schwangerschaftsmonat Meghan ihr Kind verlor, schrieb die Herzogin in ihrem Artikel nicht.

Harry und Meghan hatten sich im Frühjahr vom Königshaus losgesagt ("Megxit") und leben im kalifornischen Santa Barbara. Die ehemalige US-Schauspielerin ("Suits") stammt aus Los Angeles. Ihren Lebensunterhalt verdienen sich die beiden in den USA unter anderem mit einem lukrativen Vertrag beim Streamingdienst Netflix, für den sie etwa Dokumentationen und Spielfilme produzieren wollen. Ihr hauptsächliches Anliegen ist es aber, sich im sozialen Bereich zu engagieren. Dafür gründeten sie auch eine gemeinnützige Organisation.

Bei ihrem Vorhaben prescht vor allem Meghan voran und hält sich auch mit politischen Ansichten - etwa bei der US-Präsidentenwahl - nicht zurück. Sie ist eine scharfe Kritikerin des Republikaners Donald Trump und hatte die US-Amerikaner eindringlich dazu aufgerufen, zu den Wahlurnen zu gehen. Ihr politisches Engagement ist für Royals, zu denen sie auch nach dem "Megxit" gehört, ungewöhnlich.

Für Königin Elizabeth II. (94) ist die Fehlgeburt neben dem "Megxit" ein weiterer Schlag in diesem Jahr. Mehrere Mitglieder der Königsfamilie hatten sich mit dem Coronavirus infiziert. Ihr Sohn Prinz Andrew (60) soll in einen Missbrauchsskandal verwickelt sein. Eine US-Amerikanerin wirft ihm vor, sie als Minderjährige missbraucht zu haben.

Zumindest einen Lichtblick gibt es bei den Royals: Prinzessin Eugenie, eine Enkelin der Monarchin und die Tochter von Andrew, ist schwanger. Sie lebt mit ihrem Mann Jack Brooksbank nun im Frogmore Cottage, wo einst Harry und Meghan wohnten - fast in Sichtweite der Queen, die viel Zeit im Schloss Windsor wegen der Pandemie verbringt.

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