Nürnberg. Hannes Schott verkündet die christliche Botschaft mit Witz. Die Kirche müsse „Raus aus dem toten Winkel“, so der Titel seines Buches.

Hannes Schott, Pfarrer aus Nürnberg mit Faible für runde Brillen und den Dialekt seiner fränkischen Heimat, ist definitiv kein gewöhnlicher Geistlicher. Zur Predigt verkleidet er sich manchmal als Engel, Wirt oder König und erzählt gerne Witze, um sich die Aufmerksamkeit der Gemeinde zu sichern.

„Kreative Gottesdienste“ nennt der 40-Jährige das und hat es mit seiner unprätentiösen, humorvollen Art zu einem Hoffnungsträger der evangelischen Kirche gebracht, dessen Engagement Gläubige in ganz Deutschland verfolgen. Sein Motto: Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche gehen, kommt die Kirche eben zu Ihnen nach Hause.

Die Zeiten sind für Kirchenleute kompliziert. Die Austrittswelle aus den beiden großen christlichen Kirchen bleibt ungebrochen, landauf, landab trudeln entsprechende Anträge bei Standesämtern und Amtsgerichten ein.

Allein aus der Evangelischen Kirche traten im vergangenen Jahr rund 270.000 Menschen aus, meldet die Deutsche Bischofskonferenz. Die Aussichten sind düster: Laut einer Studie des Forschungszentrums Generationenverträge könnte die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland innerhalb der nächsten 40 Jahre um fast die Hälfte zurückgehen.

Lesen Sie auch: Diebe stehlen heilige Überreste von Regensburger Bischof

Was also sollen Geistliche tun – den Kopf in den Sand stecken? Nein, ist Hannes Schott überzeugt. „Sobald es etwas Innovatives gibt, ist auch sofort Interesse da“, sagt er. „Ich glaube, dass in jedem Menschen ein gewisses spirituelles Interesse vorhanden ist – auch bei denjenigen, die sagen, dass sie nichts mit Religionen anfangen können.“

Die Kirche hat ein Imageproblem, findet der Pfarrer

Um sie zu erreichen, verlässt er häufig den Altarraum. Im November 2018 verloste er Wohnzimmergottesdienste mit sich bei Familien zuhause, im Sommer 2019 veranstaltete er zum ersten Mal einen Bus-Gottesdienst, bei dem die Teilnehmer quer durchs Frankenland gefahren wurden – sogar die Feier des Abendmahls fehlte nicht. Und als nebenberuflich tätiger Kabarettist hat er sich den Spitznamen „Hofnarr der Landeskirche“ erworben.

Ein Problem, glaubt er, bestehe im schlechten Image der Kirche. Die Institution habe mit vielen Klischees zu kämpfen. „Natürlich sind auch Missbräuche passiert“, gesteht er ein, „das ist furchtbar, ganz klar. Aber das sind nur die Ausnahmen.“ Als leidenschaftlicher Pfarrer sehe er sich in der Verpflichtung, auch missionarisch aktiv zu werden, was für ihn werbend und einladend heißt.

Lesen Sie auch: Katholische Kirche: Bis zu 50.000 Euro für Missbrauchsopfer

Mit einem neuen Buch („Raus aus dem toten Winkel“) will Schott nicht nur Menschen ansprechen, die ohnehin bereits gläubig sind. Sondern eben auch diejenigen, die der Kirche nicht allzu nahestehen.

Hannes Schott: Zeitweise wollte er Schauspieler werden

Vor fast 35 Jahren ist Schott über das Krippenspiel zu seiner religiösen Prägung gekommen – und zu seiner Bühnenleidenschaft. Wer sich seine Gottesdienste in Nürnberg oder auf Youtube anschaut, merkt, dass da einer spricht, der gerne vor einem größeren Publikum steht. Zeitweise habe er sogar überlegt, Schauspieler zu werden, erzählt Schott. Heute ist er froh, sich doch anders entschieden zu haben: „Auch die Kanzel ist eine Bühne.“

Mit Laptop in der Kirche- Studium in Corona-Zeiten

weitere Videos

    Am liebsten predige er übrigens auf Beerdigungen. Weil er dort den Menschen am nächsten sein und ihnen Hoffnung zusprechen könne. Sein großes Talent, glaubt der 40-Jährige, ist sein Humor: „Menschen zum Lachen bringen ist mir wichtig. Dann geht für mich ein Stück Himmel auf.“

    Youtube-Gottesdienste für Weihnachten geplant

    Sein nächstes Projekt ist schon geplant: Für Weihnachten ist Schott dabei, mehrere Youtube-Gottesdienste vorzuproduzieren. Als Alternative, da in der Corona-Zeit nicht so viele Menschen in die Kirche kommen können. Aber ist das wirklich ein Ersatz? „Man muss da ein Ritual draus machen und auch von zu Hause aus mitsingen und spenden“, appelliert Schott an den Optimismus der Gläubigen. Lesen Sie auch: Deutsche freuen sich trotz Corona-Sorgen auf Weihnachten

    Wenn die Kirche endlich aus dem toten Winkel, aus der Negativspirale, herauskommen wolle, müsse sie sich trauen, neue Wege gehen: In seiner neuen Kirche in Nürnberg, in die er vor rund drei Monaten aus Bayreuth kommend gewechselt ist, nutzt er neben typischer Orgelmusik beispielsweise eine Band – die Rolle der Popmusik sei nämlich nicht zu unterschätzen. „Die Kirche“, fordert er, „muss immer wieder reformiert werden.“