Essen. Michael Schanze war der TV-Liebling der Nation – dann verschwand er vom Bildschirm. Ein Gespräch über Glück und den Tod seines Vaters.

Er war vielleicht der letzte Allroundmoderator im deutschen Fernsehen. Michael Schanze sang, moderierte und spielte Sketche. Mit Shows wie „1, 2 oder 3“, „Hätten Sie heut’ Zeit für mich“ oder „Kinderquatsch mit Michael“ war er über Jahre hinweg Publikumsliebling.

Seit 2006 aber tritt der 71-Jährige kaum noch im Fernsehen auf – widmet sich lieber dem Theater. Dem Bayerischen Rundfunk gewährte er für eine Dokumentation (Montag, 22 Uhr, Bayerischer Rundfunk) Einblicke in sein Leben.

Herr Schanze, was macht Sie glücklicher – das Leben im Rampenlicht wie früher oder die zurückgezogene Künstlerarbeit heute?

Michael Schanze: Ich muss da eine Gummiantwort geben. Was ich damals gemacht habe, war damals richtig. Und was ich heute mache, ist heute richtig. Gerade hatte ich eine besonders gelungene „Kiss Me, Kate“-Vorstellung an der Bonner Oper. Und danach bin ich im Bett gelegen und habe gesagt: Ich möchte mit niemandem auf der Welt tauschen.

Ich darf heute Sachen tun, die hätte ich vor 20 Jahren nicht machen können. Wobei ich mich früher immer ins Rampenlicht gesehnt hatte. Aber sobald ich das Studio verließ, versuchte ich ein „normales“ Leben zu führen. Ich wollte nicht abheben, sondern den Ball flach halten.

War für Sie ein normales Leben möglich?

Schanze: Grenzwertig. Als Monika, meine Ex-Frau, und ich eine Krise hatten, hatten wir das Gefühl, dass wir hier unter diesen Bedingungen nie mehr zueinanderfinden. Deshalb sind wir in den Süden gezogen, um uns da aufeinander zu konzentrieren. Heute im Zeitalter der Smartphones hätte es auch dort kein Entkommen mehr gegeben.

Ihr Vater nahm sich das Leben, als Sie neun waren. War es vielleicht Ihre größte Leistung, dass Sie durchgehalten haben?

Schanze: Das kann ich selbst nicht beurteilen. Aber auf alle Fälle hat es dunkle Momente gegeben. Für mich war es eine Leistung, dass ich mich entgegen aller Unkenrufer als seriöser Schauspieler durchgesetzt habe. Ich habe Angebote abgelehnt, in denen ich den alten Michael Schanze hätte zeigen sollen. Und da habe ich nicht nach den fetteren Fleischtöpfen geschielt, sondern gesagt: Ich muss jetzt zu neuen Ufern aufbrechen.

Als mir dann 2007 Professor Hellmuth Mathiasek den bitterbösen, menschenverachtenden Gagler in dem Carl-Orff-Stück „Astutuli“ angedient hat, da hat sich mein Leben kapital verändert. Mathiasek ist es gelungen, meine Showkruste aufzubrechen.

Ich hätte nie gedacht, dass Sätze wie „Sie sind ein gottverdammtes Arschloch“ je aus meinem Mund kommen würden. Wenn Sie mich aber vor 20 Jahren nach meiner größten Leistung gefragt hätten, hätte ich Ihnen wahrscheinlich gesagt: dass ich so gut trainiert habe, dass ich mit den Mountainbike-Profis in der Schweiz unterwegs war.

Wären Sie versucht, noch mal in die Branche einzusteigen?

Schanze: Eine Zeit lang habe ich Anfragen bekommen, aber da habe ich mich nicht mehr gesehen. Ich glaube, dass ich ganz gut mit Leuten reden kann. So gesehen könnte ich die absolut allererste Sendung im Fernsehen machen, wo sich Menschen unterhalten. Aber showmäßig die Treppe herunterkommen, das wäre es nicht.

Man könnte sagen: Der Schanze hat das Fernsehen noch zu seiner Hochzeit erlebt. Denn inzwischen ist das ja eine ganz andere Landschaft. Ich merke das an meinen Söhnen, die sich ihr Programm selbst zusammenstellen.

Haben Sie mit 71 herausgefunden, was wahres Glück bedeutet?

Schanze: Ich glaube, das Mosaik eines Lebens besteht aus vielen kleinen Glückssteinchen. Und meine Erkenntnis ist, dass man nicht immer der Vollendung dieses Glücksmosaiks hinterherrennen, sondern dass man die einzelnen Steinchen als Etappen zur Kenntnis nehmen soll. Über die kann man sich dann freuen. Und so kann ich dann in meinen letzten Momenten sagen: Ja, dieses Leben ist eine pfundige Sache gewesen.