Hamburg. Am Samstag wird die Schauspielerin Christiane Hörbiger 80 Jahre alt. Im Gespräch nennt die Österreicherin die Vorteile des Alters.

Es versteht sich von selbst, dass eine Christiane Hörbiger nicht unbemerkt 80 werden kann. Und natürlich gehört das deutsche Fernsehen zu den Gratulanten, es hat ihr viel zu verdanken. Im Ersten und im Zweiten läuft je ein neuer Film mit der großen Schauspielerin aus Österreich. Aber was bedeutet er für sie persönlich, dieser Geburtstag?

„Ich möchte ihn schon hinter mir haben“, sagt Hörbiger beim Gespräch in einem Hamburger Hotel. Interviewmarathon, ein Journalist nach dem anderen wird in den Raum geführt, um seine Fragen zu stellen. Jetzt, kurz vor der Mittagspause, ist sie müde. Aber solche Tage gehören längst zum Beruf, in Christiane Hörbigers Fall auch 15 Jahre nach dem Erreichen des Rentenalters. Sie lächelt immer wieder freundlich.

Eins ist klar: Wenn dieser Trubel vorbei ist, will sie kürzertreten. Es ist kein neuer Film geplant, so will sie es auch. Und die Geburtstagsfeier? „Die findet im ganz kleinen Familienkreis statt“, sagt sie entschieden.

Auch eine Grande Dame wie sie ist beim Dreh mit Adorf noch aufgeregt

Sie hat sowieso etwas Entschiedenes an sich. Am 13. Oktober 1938 in eine Schauspielerfamilie hineingeboren, seit 1955 vor der Kamera und auf der Bühne. Burgtheater Wien, Schauspielhaus Zürich, Salzburger Festspiele. Und seit der 80er-Jahre-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ eine der gefragtesten Darstellerinnen im deutschen Fernsehen. In aufrechter Haltung, elegant gekleidet, silbrig weißes Haar, sitzt hier eine Autoritätsperson qua vita.

Aber auch sie kann schüchtern sein: In ihrem ARD-Geburtstagsfilm „Einmal Sohn, immer Sohn“ hatte sie eine Szene mit Mario Adorf. Adorf! Den bewundert sie. „Da war ich sehr aufgeregt“, erzählt sie. Es sei dann aber gut gegangen. Natürlich – Profis unter sich.

Sie würde nichts anders machen in ihrem Leben

Hörbiger sieht durchaus Vorteile im Älterwerden. „Man macht sich weniger Sorgen, es ist vieles schon erledigt, mein Sohn hat eine erfolgreiche Karriere – das sind Erleichterungen im Leben. Das hilft, alles nicht so furchtbar wichtig zu nehmen. Man hat diesen ganzen Berg nicht mehr vor sich.“ Wenn sie zurückblickt, sieht sie Höhen und Tiefen. Wegen der Tiefen sagt sie: Nein, Danke, ich würd’s nicht noch einmal tun. Aber sie sagt auch, dass sie nichts anders machen würde.

Zweimal hat sie einen Mann verloren. 1978 starb Rolf R. Bigler, als der gemeinsame Sohn Sascha zehn Jahre alt war. Den anderen, Gerhard Tötschinger, wollte sie nach 32 gemeinsamen Jahren endlich heiraten – er starb kurz vor der Hochzeit. Das war 2016. Wann und wie hat Christiane Hörbiger gewusst, dass sie wieder bereit ist zu arbeiten? Oh, sie sei sofort wieder reingesprungen. „Und das war wirklich die beste Medizin. Ich war vollkommen abgelenkt von der Trauer oder von der Verzweiflung. Weg vom seelischen, privaten Schmerz.“

Jetzt sei sie das erste Mal in ihrem Leben ohne Partner, und so solle es auch bleiben. Für Beziehungen hat sie offenbar ein Talent – wie ist es mit dem Talent fürs Alleinsein? „Ich habe es entdeckt, und ich genieße es“, sagt sie.

Hörbiger arbeitet gerne mit ihrem eigenen Sohn

Einen Mann gibt es aber, der in ihrem Leben eine sehr große Rolle spielt: ihr Sohn, Sascha Bigler. „Er ist mir der allerliebste Mensch auf dieser Welt“, sagt sie. Die Vehemenz der Aussage berührt. Und wie sie es sagt, klingt sie ganz anders als die strengen Mütter aus ihren neuen Filmen. Bei „Die Muse des Mörders“ im ZDF treffen fiktive und reale Mutter-Sohn-Beziehung aufeinander: Regisseur war Sascha Bigler.

Sie arbeite für ihr Leben gern mit ihrem Sohn, sagt sie. „Er ist ein Vollprofi. In Amerika ausgebildet.“ Auch die anderen am Set könnten ihn gut leiden. Der Stolz in der Stimme: würde ihren neuen Figuren so direkt nicht einfallen. Als „Muse“ gibt sie eine grantelnde Schriftstellerin und Mutter, deren Krimis plötzlich Vorlage für echte Morde werden. In „Einmal Sohn, immer Sohn“ ist sie, zusammengefasst, ein Biest.

Beim Drehen ist sie Perfektionistin

Es mache viel Spaß, so etwas zu spielen, sagt sie. Der Film erzählt von einer fiktiven Ikone der Frauenbewegung. Natürlich überspitzt, ist ja eine Komödie. Was aber hat sie gedacht, als im echten Leben Schauspielerinnen unter #MeToo sexuelle Übergriffe und eine Kultur des Machtmissbrauchs im Filmgeschäft öffentlich machten? „Ich finde das sehr gut“, sagt sie. „Da ist eine sehr, sehr wichtige Bewegung entstanden.“

Auch sie habe im jungen Alter so etwas erlebt. Konnte ihre Mutter, die Schauspielerin Paula Wessely, ihr damals helfen? „Im Gegenteil. Meine Mutter hätte sicher gesagt, da bist du selber schuld, was wackelst du auch so mit den Hüften. Aber das war halt mein Gang!“ Drüber sprechen können habe man damals nicht.

Christiane Hörbiger hat hohe Ansprüche an sich selbst. Lernt ihre Rollen komplett auswendig, bevor ein Dreh beginnt. Ärgert sich sehr, wenn sie doch mal hängen bleibt. Ihre beiden neuen Filme wird sie bei der Fernsehpremiere zum ersten Mal sehen, so macht sie es immer.

Kommt es vor, dass die Perfektionistin in ihr dann sagt: Mensch, das hättest du auch anders spielen können? „Nein“, sagt sie. Wieder sehr entschieden. „Ich denke höchstens mal: Da hätte ich vielleicht besser fotografiert werden können.“

K Die Muse des Mörders ZDF, 8. Oktober, ,20.15 Uhr

K Einmal Sohn, immer Sohn ARD, 12. Oktober, 20.15 Uhr