Berlin. Der Schauspieler Volker Bruch spricht im Interview über seine Rolle in der Serie „Babylon Berlin“, die ab Sonntag in der ARD läuft.

Mit seinen verwuschelten Haaren und den wachen blauen Augen sieht der 38 Jahre alte Volker Bruch viel jünger aus als der Kriminalkommissar Gereon Rath, den er in „Babylon Berlin“ spielt. Dabei sind die ersten beiden Staffeln der Serie, die ab Sonntag in der ARD laufen, schon seit zwei Jahren im Kasten. Derzeit bereitet sich Bruch auf die dritte Staffel vor, die ab Oktober gedreht wird.

Herr Bruch, das Thema Krieg scheint Sie besonders zu reizen.

Volker Bruch: Ich suche mir nicht gezielt Rollen aus, die einen Bezug zum Krieg haben.

Sie spielten schon einen Kampfflieger, einen SS-General und in der ZDF-Serie „Unsere Mütter, unsere Väter“ den desillusionierten Soldaten Wilhelm Winter. Nun geben Sie in „Babylon Berlin“ den vom Ersten Weltkrieg schwer traumatisierten Kriminalkommissar Gereon Rath.

Bruch: Ich hatte das Glück, bei Produktionen mitzuwirken, denen große Stoffe zugrunde liegen. Große Stoffe sind oft historisch. Und historische Stoffe haben oft direkt oder indirekt mit Krieg zu tun. Dieser Ausnahmezustand ist ein guter Nährboden für Geschichten. Und, na klar, die Rollen, die ich übernehmen durfte, haben mich gereizt. Aber es ist nicht so, dass ich wegen des Themas Krieg zusage. Mir geht es immer um die konkreten Geschichten.

Gereon Rath leidet unter einer Krankheit, die heute als posttraumatische Belastungsstörung bekannt ist. Unter Stress zittert er, verkrampft sich, nässt sich ein. Sie spielen das sehr überzeugend. Wie bereitet man sich auf solche Szenen vor?

Liv Lisa Fries (Charlotte Ritter) und Volker Bruch (Geron Rath) in einer Szene von „Babylon Berlin“.
Liv Lisa Fries (Charlotte Ritter) und Volker Bruch (Geron Rath) in einer Szene von „Babylon Berlin“. © dpa | Frédéric Batier

Bruch: Ich habe mir dokumentarisches Filmmaterial angeschaut, das Menschen zeigt, die im Ersten Weltkrieg solche Traumata erlitten haben. Davon gab es sehr viele. Die Symptome sind höchst unterschiedlich. Wir haben viel ausprobiert und uns dann auf das Zittern der rechten Hand geeinigt, das dann in den Arm geht und schließlich den ganzen Körper erfasst.

Im Oktober beginnen die Dreharbeiten zur dritten Staffel von „Babylon Berlin“. Besteht für Gereon Rath Hoffnung auf Heilung?

Bruch: So eine Geschichte lässt einen ja nie richtig los. Wie es mit seiner Krankheit weitergeht, steht aber noch nicht fest. Da ist nichts in Stein gemeißelt. Das ist ja das Tolle: Die Regisseure, die auch das Drehbuch schreiben, sind sehr beweglich. Aber Gereon Raths Erlebnisse im Ersten Weltkrieg werden immer Thema bleiben.

Wie sind Sie eigentlich zur Rolle des Gereon Rath gekommen?

Bruch: Ich hatte eine ganz normale Casting-Anfrage. Dann gab es mehrere Runden und erst in der letzten waren die drei Regisseure vor Ort. Das war für keinen von uns einfach. Sie hatten zum ersten Mal einen Kandidaten vor sich, der den Rath spielen sollte, und ich wusste nicht, auf wen ich hören musste. Schließlich gab es dann noch ein Casting, bei dem auch Liv ...

... die Darstellerin der weiblichen Hauptrolle, Liv Lisa Fries ...

Bruch: ... dabei war. Das hat den Druck von mir genommen. Plötzlich war alles sehr entspannt.

Sie stellten fest, dass Sie mit ihr sehr gut spielen konnten.

Bruch: Der Fokus lag nicht mehr nur auf mir. Mit drei Regisseuren, einer Casterin, einem Kameramann und zwei Anspielpartnern fiel es mir schwer, mich zu entspannen. Mit Liv war das dann anders. Wir haben einfach die Szenen gespielt, ohne zu viel zu denken. Das hat so gut funktioniert, dass wir danach alle wussten, das ist es jetzt.

Was hat Sie an der Rolle gereizt?

Bruch: Bei der Casting-Anfrage gab es noch keine Drehbücher, sondern nur die Romane von Volker Kutscher. Die habe ich gelesen und sofort gewusst, dass ich das machen muss. Eine Figur, die mit einem so großen Geheimnis unterwegs ist – das hat mich schon sehr gereizt. Andererseits ist dies das Schlimmste, was einem passieren kann. Das steht einem beim Casting im Weg. Man bekommt viel eher die Rollen, die einem egal sind.

Eine so gebrochene, facettenreiche Figur wie Gereon Rath ist schwer zu spielen.

Bruch: Das Drehbuch ist wahnsinnig gut. Wenn die Partitur exzellent geschrieben ist, muss man nur noch halbwegs die Töne treffen, dann ergibt sich die Komplexität der Figur ganz von selbst.

War Gereon Rath die Rolle, die Sie in Ihrer Karriere am meisten gefordert hat?

Bruch: Auf jeden Fall.