Berlin. Nun hat auch Salma Hayek ihr Schweigen gebrochen: Harvey Weinstein habe auch sie belästigt. 14 Jahre lang hatte sie nichts gesagt.

Mit dem Erfolg kamen die Interviews. Die Welt sollte erfahren, wie Salma Hayek ihren Durchbruch erlebt hat, als Frau, als Mexikanerin in Hollywood. Sie hatte für ihren Film „Frida“ gekämpft, sich durchgesetzt, wurde für einen Oscar nominiert: Es war doch bestimmt nicht einfach, oder?

Nach ihrer traumatischsten Erfahrung in der Traumfabrik wurde sie gefragt. „Autofahren“, antwortete sie. Das war 2003. Eine Antwort wie ein Ausweichmanöver. Das Hollywood-Trauma von Salma Hayek heißt in Wirklichkeit Harvey Weinstein. Ihr Monster, nennt sie ihn in einem Protokoll ihrer „Frida“-Zeit in Hollywood, das die „New York Times“ jetzt veröffentlichte.

Mit ihm als Produzent wurde scheinbar ein Traum wahr

„Harvey Weinstein war ein leidenschaftlicher Cineast, einer, der Risiken eingeht, ein Schauspielermäzen, ein liebender Familienvater – und ein Monster“, schreibt Hayek nun. „Jahrelang war er auch mein Monster.“

Salma Hayek als Frida Kahlo in „Frida“, der 2003 in die Kinos kam.
Salma Hayek als Frida Kahlo in „Frida“, der 2003 in die Kinos kam. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / dpa-Film Buena Vista

Über Weinsteins sexuelle Übergriffe gegen Schauspielerinnen, über Einschüchterungen, über das System des Schweigens, der Geldzahlungen, der Verharmlosungen seiner Taten selbst durch Agenten betroffener Frauen ist viel gesagt worden. Aber selten wurde der Einfluss von Weinsteins Methoden auf ein konkretes Projekt so deutlich wie in Hayeks Bericht.

Sie hatte schon Jahre an einem Filmporträt der von ihr verehrten mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo gearbeitet. Diesen Film zu realisieren, war ihr größter Wunsch. Er schien sich zu erfüllen, als Weinstein mit seiner damaligen Produktionsfirma Miramax Interesse zeigte. Doch sein Ja zu ihrem Projekt sei der Beginn einer Zeit gewesen, in der sie, die Hauptdarstellerin und Co-Produzentin, immer wieder Nein habe sagen müssen.

Zwischen süßem Gesäusel und Morddrohungen

Nein dazu, die Tür auch mitten in der Nacht für ihn zu öffnen, Nein dazu, mit ihm zu duschen, sich von ihm beim Duschen beobachten zu lassen, sich von ihm massieren zu lassen, sich von einem nackten Freund von ihm massieren zu lassen, Nein zu Oralsex, Nein dazu, sich mit einer anderen Frau vor ihm auszuziehen.

Es seien viele Neins gewesen, so Hayek, und jedes von ihnen habe den großen Filmguru wütender gemacht. „Ich glaube, er hasste kein Wort mehr als Nein“, schreibt sie. Seine Überredungsversuche hätten zwischen süßem Gesäusel und Morddrohungen geschwankt. Und als er endlich begriffen habe, dass sie „sich ihren Film nicht auf die Art, die er erwartete hatte, verdienen würde“, habe er begonnen, ihr Steine in den Weg zu legen. Drohte, ihn einer anderen Schauspielerin zu geben, weil ihr Name zu unbekannt sei.

Schließlich musste sie verschiedene Bedingungen erfüllen, wenn Sie den Film wirklich machen wollte; etwa einen Topregisseur und ein paar prominente Schauspieler dafür finden. Ihr gelang alles, auch mithilfe von Freunden. „Jetzt war Harvey Weinstein nicht nur zurückgewiesen worden, sondern musste auch noch einen Film drehen, den er nicht machen wollte“, so Hayek.

Weinstein erschwert Dreharbeiten mit Wutanfällen und Beleidigungen

Das Ergebnis seien qualvolle Dreharbeiten gewesen, dominiert von seinen Wutanfällen, Beleidigungen und immer neuen Forderungen. Er habe eine Sexszene verlangt, die nicht vorgesehen war, zwischen Frida und einer Frau. Hayek fügte sich. „Da war kein Raum für Verhandlungen“, schreibt sie.

Es ist etwas anderes, die Szene jetzt erneut zu sehen – in dem Wissen, dass sie Hayek einen Nervenzusammenbruch kostete. Den beschreibt sie eindrücklich. Und betont, dass nicht die Nacktszene ihr Problem gewesen sei. Sondern die Tatsache, dass sie sie für Weinstein machen musste.

Ein Sprecher des gestürzten Filmmoguls sagte am Donnerstag dem Magazin „People“, er weise die Vorwürfe sexueller Belästigung zurück. Lediglich „rüpelhaftes Verhalten“ räume er ein.

Sexismus-Debatte: Das sagen die deutschen Promis über ihre Branche

weitere Videos

    Hayek beklagt Ungleichgewicht der Geschlechter in Hollywood

    Am Ende wurde „Frida“ ein Erfolg, dem natürlich niemand die Entstehungsgeschichte ansehen konnte. Und Salma Hayek hatte das Gefühl, einen Krieg gewonnen zu haben. „Aber warum müssen viele von uns Künstlerinnen überhaupt in einen Krieg ziehen, um unsere Geschichten zu erzählen?“, fragt sie jetzt.

    Sie ist sicher: Solange das Ungleichgewicht in Hollywood zwischen Männern und Frauen – bei Filmemachern wie bei wichtigen Filmrollen – weiter besteht, so lange werden es männliche Täter in der Branche leicht haben. Immerhin, sagt sie: „Frauen reden heute darüber, in dieser neuen Ära, weil wir es endlich können.“