Berlin. Bruno Ganz ist der Star in der Filmkomödie „The Party“, die jetzt im Kino läuft. Privat geht er schon lange nicht mehr auf Feiern.

Eigentlich will Bruno Ganz gar nicht reden. Zur Berlin-Premiere seines aktuellen Films „The Party“ ist der in der Schweiz lebende Schauspieler zwar ins Kino gekommen und den Film will er sich auch noch mal anschauen. Interviews hat der 76-Jährige aber abgesagt. Dann zeichnet sich doch eine Chance ab. Und ja, spontan nimmt er sich die Zeit. Und wir setzen uns auf eine halbe Stunde ins „Savoy Hotel“. Danach eilt der Mime ins Kino zurück. Muss er auch. Der Film ist ja nur 71 Minuten kurz.

Herr Ganz, als Engel in „Der Himmel über Berlin“ sind Sie unweigerlich mit Berlin verbunden. Verspüren Sie noch Heimweh nach Berlin?

Bruno Ganz: Als ich wegging, hatte ich wirklich ein bisschen genug von der Stadt. Aber so langsam erwacht mein Interesse wieder. Und ganz weg bin ich ja nie. Ich lebe ja mit der Fotografin Ruth Walz zusammen, und die hat eine große Wohnung hier.

Wie sind Sie eigentlich in ihren jüngsten Film „The Party“ von Sally Potter geraten?

Ganz: Das hat mir die Sally nach der letzten Klappe von meinen Drehtagen offenbart. Da hat sie am Set alle zusammengerufen und gesagt, sie hätte sich schon immer gewünscht, mit mir mal was zu machen, seit sie „Der Himmel über Berlin“ gesehen hätte.

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Warum sieht man Sie nicht häufiger in einer komischen Rolle? Traut man sich nicht, Sie zu fragen?

Ganz: Die gute Antwort ist da immer: Das müssen Sie die Regisseure fragen. Es kommt schon vor, aber selten. Und dann gibt es im deutschen Film auch sogenannte Komödien, in denen ich nicht unbedingt dabei sein muss.

Sie spielen einen wunderbar schrulligen Esoteriker, der immer einen dummen Spruch zur falschen Zeit auf Lager hat. Wie gehen Sie mit Klischees um?

Ganz: Man hat natürlich gewisse Vorurteile. Ich habe Sally anfangs auch vorgeschlagen, ich hätte gern Birkenstock-Sandalen. Aber dann fand ich es doch reicher, es nicht auf eine Parodie herabzuziehen.

Haben Sie je selbst einen Therapeuten in Anspruch genommen?

Ganz: Nein, das nicht. Aber bei handfesteren medizinischen Dingen, als ein vertrauter Arzt nicht erreichbar war, bin ich schon mal an Leute geraten, die sich da so was zusammenerfunden haben. Das war etwas mühsam und nicht sehr vertrauenerweckend.

Bei wem würden Sie sich Rat suchen, wenn Sie ihn nötig hätten?

Ganz: Bei mir.

Und das funktioniert?

Ganz: Mal mehr, mal weniger. Ich denke, wenn ich wirklich verzweifelt wäre, würde ich lieber zu Freunden oder Kollegen gehen. Ich habe einen großen Respekt vor alternativer Medizin, aber das berührt halt auch immer Scharlatanerie. Da muss man schon schauen, zu wem man Vertrauen hat.

Ihr Film heißt „The Party“. Sind Sie selbst ein Partygänger?

Ganz: Nein, noch nie gewesen. Ich habe ganz früher sehr lange sehr viel getrunken, da war ich auch auf Partys. Dann aber immer weniger. Und seit ich gar nichts mehr trinke, seit mehr als 20 Jahren, lasse ich auch Partys. Das ist mir alles zu laut. Dann trinken die alle viel. Und für jemanden, der nichts getrunken hat, ist das sehr mühsam. Ständig muss man sagen: Ich trinke nicht. Und muss das dann immer erklären. Erst wenn man es ein paarmal entschieden gesagt hat, wird es akzeptiert. Dann erzählen die Leute plötzlich lauter Sachen, die sie eine halbe Stunde vorher auch schon mal gesagt haben. Da ergibt sich so ein eigenartiges Fluidum von angehobener Stimmung, dann ist bei mir alles aus.

Sie sind jetzt 76 Jahre und drehen unermüdlich. Andere gehen es in Ihrem Alter ruhiger an. Brauchen Sie das Drehen womöglich als eine Art Lebenselixier?

Ganz: Ich muss mich nicht quälen. Aber ich mach das einfach sehr gern. Und das füllt auch meinen Alltag. Es ist ja nicht nur die Dreherei, es ist auch die Vorbereitung, die manchmal viel interessanter ist als das, was beim Drehen passiert. Deshalb würde ich das schon gern noch so lange machen, wie das geht.

Im deutschen Film sind Sie aber nicht mehr so häufig. Werden Ihnen im Ausland einfach die spannenderen Angebote gemacht? Traut man sich nicht, Sie anzusprechen?

Ganz: Wieso? Ich bin doch umgänglich. Man kann mich jederzeit ansprechen. Das hat nichts mit mir zu tun. Ich bin aber nicht so ein Netzwerker. Ich beknie auch nicht ständig meine Agentin, hier und da anzurufen. Ich warte, bis man mir was anbietet. So geht das.

Mit dem Theater haben Sie eigentlich längst abgeschlossen. Aber 2012 spielten Sie dann doch noch mal in Paris auf der Bühne. Würden Sie auch da wieder zusagen, wenn ein Angebot käme?

Ganz: Ich werde immer mal wieder gefragt, auch aus England kommen Angebote wegen Shakespeare. Aber das traue ich mich nicht mehr.

Sie sind Träger einer besonderen Auszeichnung, des Iffland-Rings, aber Sie tragen ihn nicht wirklich.

Ganz: Der war lange im Safe. Schon weil man den beim Spielen ja immer abnehmen musste und in Garderoben so viel geklaut wird. Jetzt müsste er, glaube ich, bei der Ruth zu Hause sein, das weiß ich aber gar nicht so genau. Aber keine Angst, er geht nicht verloren. Das ist etwas, das man bewahren muss.

Das Theater befasst sich häufig mit dem Themen wie Vergänglichkeit und auch mit dem Tod. Gibt es Momente, in denen Sie über Ihr eigenes Ableben nachdenken?

Ganz: Sehen Sie, ich bin in einem Alter, wo man den Tod nicht mehr verdrängen kann, das wär doch kindisch. Ich spiele ja auch immer häufiger Figuren, die sterben.