Berlin. Angelina Kirsch, Deutschlands bekanntestes Plus-Size-Model, mag ihre Rundungen und möchte Frauen Mut machen, zu ihrem Körper zu stehen.

Angelina Kirsch (28) ist eine Frau, die etwas Wichtiges auslöst: Wer einen Schokoriegel in der Hand hält, fühlt sich nicht gleich schlecht. Kirsch, Deutschlands bekanntestes Plus-Size-Model und Jurorin in einer Castingshow für Mollige, steht zu ihren Rundungen und trifft mit einem Spruch mitten in die Herzen der sogenannten normalen Frau: „Ich lass mir das Essen nicht verbieten“ – und bin trotzdem schön.

Während bei Heidi Klums Castingshow zu „Germany’s next Topmodel“ jedes Gramm zu viel ein K.-o.-Kriterium für die Kandidatinnen ist, sind Pfunde bei der Show „Curvy Supermodel“ (ab 17. Juli, RTL II, 20.15 Uhr) ein Muss. In einer Zeit, in der Magermodels immer noch das Schönheitsideal bestimmen, klingt Kirschs Bekenntnis zu Bauch, Beinen und Po wie eine Befreiung. Ein Gespräch über Abnehmzwang, Waagen und der Fähigkeit, sich trotz Pölsterchen schön zu fühlen.

Frau Kirsch, Sie hören von allen Seiten, dass Sie fantastisch aussehen. Sie sind eine Botschafterin für ein gutes Körpergefühl trotz ein paar Pfunden mehr. Hatten Sie eigentlich nie das Gefühl, zu dick zu sein?

Angelina Kirsch: Ich war ja nie dick. Ich war immer normal. Auch in der Schule oder als Teenie. Gut, es gab Dünnere, es gab aber auch Dickere.

Sie wollten also nie das, was viele Mädchen und Frauen wollen: richtig dünn sein?

Kirsch: Nein. Deshalb wollte ich ja auch kein Model werden.

Angelina Kirsch bei der letzten Staffel von „Let’s Dance“ mit ihrem Tanzpartner Massimo Sinato.
Angelina Kirsch bei der letzten Staffel von „Let’s Dance“ mit ihrem Tanzpartner Massimo Sinato. © imago/APress | imago stock&people

Man hatte Sie aber angesprochen. In Rom, als Sie gerade vor einem großen Eisbecher saßen.

Kirsch: Ja, als der Agent dann auf mich zukam, dachte ich erst, der will bestimmt, dass ich abnehme. Und habe deshalb auch abgelehnt. Aber er hat nicht lockergelassen. Und nach einem halben Jahr bin ich dann in seine Agentur gegangen, aber nur um zu gucken und zu sagen: Es wird nix mit uns. Ich hatte keine Lust, mich krumm zu machen. Aber dann erzählte er, dass er mich als Curvy-Model sieht. Und dann hab ich zugesagt und erst mal neben dem Studium gejobbt.

Waren Sie denn nie frustriert, weil in den Boutiquen die Hosen und Kleider wieder mal viel zu klein waren?

Kirsch: In vielen Boutiquen gibt es ja heute auch schon schöne Sachen in Größen 42, 44 oder sogar 46. Aber sicher, es ist auch schon mal vorgekommen, dass mir nur die Schuhe passten.

Sie nehmen vieles mit Humor. Eine Haltung, die Mädchen und Frauen das Leben erleichtern könnte.

Kirsch: Das ist doch gerade das Traurige. Ich kann nur sagen: Mädchen, ihr seid nicht zu dick, ihr seid schön. Wer legt denn fest, was schön ist oder was normal ist. Schönheit ist doch individuell. Es ist doch schade, dass sich viele Mädchen um ihr Leben betrügen. Wir haben alle nur das eine Leben. Und das sollten wir genießen und uns nicht mit falschen Vorbildern quälen.

Als Model erleben Sie ja nicht nur kurvige Models, sondern auch die schlanken.

Kirsch: Oh ja, ich habe einmal ein echt dürres Model erlebt, das sagte mir, als ich einen Müsliriegel essen wollte: „Meinst du, das ist tatsächlich noch nötig? Du hast doch schon genug auf den Rippen.“ Ich war entgeistert. „Natürlich muss das sein“, hab ich ihr gesagt. Sie hat übrigens wirklich nur einen Wattebausch in ihren Orangensaft getaucht. „Das kann doch nicht gesund sein“, hab ich ihr gesagt. Sie sah wirklich schon total verhungert aus.

Interessiert es Sie gar nicht, wenn die Waage nach einem Abend, an dem Sie richtig viel gegessen haben, zu viel anzeigt?

Kirsch: Ich geh nicht auf die Waage.

Woher kommt eigentlich der lockere Umgang mit dem Gewicht?

Kirsch: Von meiner Mutter. Die hat mich und meine Zwillingsschwester, als wir in die Pubertät kamen, zur Seite genommen und gesagt: So Mädels, ihr werdet jetzt Frauen. Und die sehen alle anders aus. Und das ist auch schön. So, wie ihr seid, seid ihr gut so.

Und Sie haben es ihr geglaubt?

Kirsch: Ja.