Berlin. Sönke Wortmanns neuer Film „Sommerfest“ ist eine Liebeserklärung an das Ruhrgebiet. Ein Gespräch über Klischees, Heimat und die Liebe.

Das „Sofitel“ scheint das Hotel für Sönke Wortmann zu sein. Hier, um die Ecke vom Kurfürstendamm, hat er vor einem Jahr Interviews zu „Deutschland. Dein Selbstporträt“ gegeben und vor zwei Jahren zu „Frau Müller muss weg“. Hier spricht der gebürtige Marler, der in Düsseldorf lebt, von Heimat. Denn sein neuer Film „Sommerfest“ handelt vom Ruhrgebiet. Peter Zander sprach mit ihm über Heimatgefühle, über Klischees – und über die Liebe.

Herr Wortmann, am Ende Ihres neuen Films „Sommerfest“ steht: „Für alle Jugendlieben“. Gab es bei Ihnen auch eine große Jugendliebe?

Sönke Wortmann: Na klar, bei Ihnen nicht?

Schon. Aber ich bin nicht so prominent, dass man sich dafür interessieren würde.

Wortmann: Bei mir fing das mit 14, 15 an, als die Beziehungen noch etwa eine Woche dauerten. Ich war in Ute verliebt, aber nach ein paar Tagen hat sie mit meinem besten Freund Udo geknutscht und ging dann mit dem. Meine erste ganz große Liebe hatte dann leider einen Freund, den sie nicht verlassen wollte. Sie sehen, das ist erst mal nicht so positiv geprägt, vom Ergebnis her. Aber wenn man an die erste Liebe denkt, kriege ich, kriegen auch viele andere so ein ganz warmes Gefühl.

Bei dem Film musste ich ständig an Ihren frühen Erfolg „Kleine Haie“ denken. Geht nur mir das so, oder war das beabsichtigt?

Wortmann: Schön, dass Sie an diesen Film denken und nicht an andere. Nein, das war eigentlich keine Absicht, nach dem Motto: 25 Jahre danach. Aber klar, in „Kleine Haie“ ist ein junger Schauspielschüler voller Erwartungen nach München gegangen, hier kommt ein Schauspieler aus München ohne Illusionen in seine Heimat zurück. Ich habe sogar kurz überlegt, ob ich nicht Jürgen Vogel, der damals in „Kleine Haie“ mitgewirkt hat, fragen sollte, ob er das spielen will. Aber er spricht ja unsere Sprache nicht ...

Bitte? Er spricht unsere Sprache nicht?

Wortmann: Die, wo ich herkomme. Also Ruhrdeutsch. Und das war zwingend, da bin ich ganz pedantisch.

Sie sind damals auch nach München gegangen. Das setzt ja noch ganz andere Assoziationen frei. Wie persönlich ist der Film?

Wortmann: Es ist ja eine Romanverfilmung. Aber natürlich war das genau das, was mich an dem Buch von Frank Goosen angesprochen hat. Als ich „Sommerfest“ gelesen habe, dachte ich, das hätte ich auch schreiben können – wenn ich Bücher schreiben könnte. Goosens Heimat ist ja auch meine Heimat, im Ruhrgebiet kenne ich mich aus. Dass es so persönlich geworden ist, liegt sicher daran, dass ich das Drehbuch mal wieder selber geschrieben habe. Wenn ich das tue – bei „Kleine Haie“, „Das Wunder von Bern“ oder jetzt – hat das immer viel mit mir zu tun. Und ich glaube, man merkt es dem Film auch an, dass er persönlicher ist als sonst.

Wie groß war die Gefahr, dass man bei so einem Film gewissen Klischees aufsitzt?

Wortmann: Ach, Klischees. Das ist ein Thema, das mich immer wieder verfolgt. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Komödie gar nicht ohne Klischees auskommt. Klischees bilden ja auch einen Teil der Wahrheit ab, die kommen ja irgendwo her. Goosen hat mit Klischees gespielt, sein Buch aber nicht damit überfrachtet. Ich denke, der Film tut das auch nicht.

Seit dem „Wunder von Bern“ sind Sie nicht nur der Mann fürs Große, sondern auch der für die deutschen Themen, ob bei „Deutschland – ein Sommermärchen“ oder „Deutschland. Dein Selbstporträt“.

Wortmann: Aha, die nächste Schublade. Ich kann Ihnen auch die dritte sagen: Sönke Wortmann, der Komödienregisseur. Dagegen immerhin habe ich erfolgreich gearbeitet. Aber wissen Sie: Alle reden immer von Schubladendenken. Bei mir gibt es drei Schubladen, das ist doch schon was. Damit bin ich zufrieden. Aber ich mache halt immer auch Filme wie „Sommerfest“, der jetzt in keine dieser Schubladen passt. Es ist ein bisschen eine Komödie, aber eine traurige, aber es ist weder groß noch besonders deutsch.