Berlin. Er war Schorsch Aigner und Sandro Zahlemann. Nun schlüpft Olli Dittrich für die ARD in die Rolle einer „Reporterlegende“. Ein Genuss!

Sie nennen ihn „Faktenjäger“, sein Markenzeichen ist die gestreifte Krawatte. Mit Strickjacke, Zottelbart und einem kaum zu bremsenden Redeschwall wirkt er wie eine Mischung aus Peter Scholl-Latour, Friedrich Nowottny und dem späten Gerd Ruge.

Wie diese drei Gründerväter des deutschen TV-Journalismus gehört auch Sigmar Seelenbrecht zu den alten Haudegen unter den TV-Reportern. Nur, dass sich hinter der Maske Seelenbrechts der große Verwandlungskünstler Olli Dittrich („Dittsche“) verbirgt, der einmal mehr den Zuschauer mit seinem doppelbödigen Spiel aus Wahrheit und Erfindung auf grandiose Weise in die Irre führt.

Der Rahmen der Story: Zu Sigmar Seelenbrechts 81. Geburtstag hat sich der WDR zu einem Interview in dessen Berliner Wohnung angekündigt, wo der „Grand Seigneur der Medienszene“ zwischen schwarz-weißen Erinnerungsfotos und Schränken voller alter Videokassetten im Ruhestand lebt.

Günther Jauch und Anne Will in Nebenrollen

Der redselige „Meisterreporter“ erzählt aus seinem bewegten Leben und nuschelt sich mit Berliner Schnauze durch sein Berufsleben: „Irre Jeschichte, dolle Jeschichte.“ Die Lobeshymnen auf den Jubilar singen in Einspielern die (ganz realen) Günther Jauch, Anne Will oder Giovanni Di Lorenzo.

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So hat man das gefühlt schon tausend Mal gesehen im Fernsehen: Reichlich Lobhudelei von Kollegen („Der kannte wirklich alle“) und endlose Geschichten aus der guten, alten Zeit. Doch Olli Dittrich wäre nicht Olli Dittrich, würde er sich mit einer Persiflage auf das nervige Hommage-Genre zufrieden geben.

Wie schon in der mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Satire „Schorsch Aigner – der Mann, der Franz Beckenbauer war“ wechselt Dittrich so lange zwischen Realität und Fiktion, bis sich beides zu vermischen scheint. „Fake News“ lassen grüßen.

„Seelenbrecht kennt die Wahrheit“

Dittrich nimmt sich reale Ereignisse – und lässt seine Figur Seelenbrecht erzählen, wie es „wirklich“ war. Zum Beispiel: Einführung des Farbfernsehens 1967? Alles Schwindel! In Wahrheit wurden die Deutschen auf Geheiß der Regierung kollektiv so lange mit LSD besprüht, bis sie Farben zu sehen glaubten. Und warum? „Um eine ganze Nation mit bunten Bildern zu betäuben“, so Enthüller Seelenbrecht. Da winken aus dem Off die Chemtrails-Verschwörungstheoretiker heutiger Tage.

Die Verwandlungen des Olli Dittrich

Ob Proll oder Popstar, Dittsche oder Franz Beckenbauer: Der Schauspieler und Satiriker Olli Dittrich ist ein Verwandlungskünstler. Bekannt wurde er in den 90er-Jahren durch die RTL-Sendung Samstagnacht.
Ob Proll oder Popstar, Dittsche oder Franz Beckenbauer: Der Schauspieler und Satiriker Olli Dittrich ist ein Verwandlungskünstler. Bekannt wurde er in den 90er-Jahren durch die RTL-Sendung Samstagnacht. © imago stock&people | imago stock&people
Als Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher ließ sich Dittrich (li.) von Wigald Boning interviewen.
Als Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher ließ sich Dittrich (li.) von Wigald Boning interviewen. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Jörg Carstensen
Eine von Olli Dittrichs Paraderollen: Franz Beckenbauer.
Eine von Olli Dittrichs Paraderollen: Franz Beckenbauer. © imago/teutopress | imago stock&people
Auch Tennis-As Boris Becker blieb von Olli Dittrichs Persiflage nicht verschont.
Auch Tennis-As Boris Becker blieb von Olli Dittrichs Persiflage nicht verschont. © imago/Horst Galuschka | imago stock&people
Olli Dittrich als kahlköpfiger Muskelprotz.
Olli Dittrich als kahlköpfiger Muskelprotz. © imago/Horst Galuschka | imago stock&people
Selbst als Popstar Michael Jackson trat er auf.
Selbst als Popstar Michael Jackson trat er auf. © imago/Horst Galuschka | imago stock&people
Wenn es sein muss, setzt sich Olli Dittrich auch mal eine Krone auf.
Wenn es sein muss, setzt sich Olli Dittrich auch mal eine Krone auf. © imago/teutopress | imago stock&people
Immer schlagfertig: Olli Dittrich als Boxer.
Immer schlagfertig: Olli Dittrich als Boxer. © imago/APress | imago stock&people
Und ja, auch dies ist Olli Dittrich.
Und ja, auch dies ist Olli Dittrich. © imago stock&people | imago stock&people
Wer denkt da nicht an den Modezar Rudolph Moshammer? Olli Dittrich in den Neunzigern.
Wer denkt da nicht an den Modezar Rudolph Moshammer? Olli Dittrich in den Neunzigern. © picture-alliance / Sven Simon | dpa Picture-Alliance / SVEN SIMON
Die Truppe von RTL Samstagnacht (stehend v.li.): Stefan Jürgens, Olli Dittrich, Mirco Nontschew, Hugo Egon Balder, Jacky Dreksler und (sitzend v. li.) Esther Schweins, Wigald Boning, Tanja Schumann.
Die Truppe von RTL Samstagnacht (stehend v.li.): Stefan Jürgens, Olli Dittrich, Mirco Nontschew, Hugo Egon Balder, Jacky Dreksler und (sitzend v. li.) Esther Schweins, Wigald Boning, Tanja Schumann. © imago/Horst Galuschka | imago stock&people
Als „Die Doofen“ trat Olli Dittrich (re.) gemeinsam mit Wigald Boning auf.
Als „Die Doofen“ trat Olli Dittrich (re.) gemeinsam mit Wigald Boning auf. © imago stock&people | Horst Galuschka
Die Rolle des philosophierenden Imbissbesuchers Dittsche brachte Olli Dittrich den Grimme-Preis ein.
Die Rolle des philosophierenden Imbissbesuchers Dittsche brachte Olli Dittrich den Grimme-Preis ein. © WDR | Beba Franziska Lindhorst
Auch nicht ganz ernst gemeint: Olli Dittrich mit Kollegin Cordula Stratmann als Moderatoren Sören Lorenz und Claudia Akgün in der Satiresendung „Frühstücksfernsehen“.
Auch nicht ganz ernst gemeint: Olli Dittrich mit Kollegin Cordula Stratmann als Moderatoren Sören Lorenz und Claudia Akgün in der Satiresendung „Frühstücksfernsehen“. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / WDR/Dietmar Seip
Ohne Drehbuch improvisierte Olli Dittrich an der Seite von Anke Engelke in der ZDF-Sendung „Blind Date
Ohne Drehbuch improvisierte Olli Dittrich an der Seite von Anke Engelke in der ZDF-Sendung „Blind Date". © picture-alliance/ dpa | dpa Picture-Alliance / Christian Dalchow
Für die Edgar-Wallace-Persiflage  „Der Wixxer“ spielte Olli Dittrich an der Seite von Bastian Pastewka (li.) und Oliver Kalkofe.
Für die Edgar-Wallace-Persiflage „Der Wixxer“ spielte Olli Dittrich an der Seite von Bastian Pastewka (li.) und Oliver Kalkofe. © picture alliance / United Archiv | dpa Picture-Alliance / United Archives/Impress
Olli Dittrich als Thomas Müller und Veronica Ferres als seine Frau Sabine Müller in einer Szene des Kinofilms „König von Deutschland
Olli Dittrich als Thomas Müller und Veronica Ferres als seine Frau Sabine Müller in einer Szene des Kinofilms „König von Deutschland". © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Zorro Film
Für die ARD schlüpfte Olli Dittrich in die Maske von „Meisterreporter Sigmar Seelenbrecht“.
Für die ARD schlüpfte Olli Dittrich in die Maske von „Meisterreporter Sigmar Seelenbrecht“. © WDR | Beba Lindhorst
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Ganz nebenbei nimmt Seelenbrecht/Dittrich auch jene Journalisten auf die Schippe, die im Nachhinein alles immer schon gewusst haben. Den Abgasskandal bei VW deckte der „Meisterreporter“ schon in den Siebzigern mit selbst entwickelter Technik auf. Und das Desaster beim Berliner Hauptstadtflughafen prophezeite er gleich zu Baubeginn. Schon Alt-Bundeskanzler Willy Brandt musste ehrfürchtig zugeben: „Seelenbrecht kennt die Wahrheit.“

Ach, ja. Auch das deckte Seelenbrecht auf: Der Problembär Bruno ist nicht wirklich erschossen worden, sondern... Aber das sollten, das müssen Sie sich selbst ansehen. Grandios!

• „Der Meisterreporter – Sigmar Seelenbrecht wird 81“, Donnerstag, 15. Juni, 23.30 Uhr, ARD und in der ARD-Mediathek.