Frankfurt/Main. Schwesta Ewa ist angeklagt, junge Frauen zur Prostitution gezwungen zu haben. Vor Gericht gab sie nun einige Punkte der Anklage zu.

Als Schwesta Ewa mit Handschellen im Saal des Landgerichts Frankfurt erscheint, hat sie sich für ein dezentes Outfit entschieden – ganz anders als in ihren Musikvideos, in denen die Rapperin auf enge, schrille und freizügige Klamotten setzt. Als Angeklagte wirkt die 32-Jährige am Donnerstag fast blass, stellenweise ein bisschen leidend. Was auffällt, sind lediglich ihre langen, rosafarbenen Fingernägel, die großflächig tätowierte linke Handfläche und das tätowierte „S“ am rechten Ringfinger. Sie ist eine der ganz wenigen erfolgreichen Frauen in der von Männern dominierten Rapszene.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Zuhälterei, Menschenhandel, Körperverletzung und auch Steuerhinterziehung vor. Sie ist angeklagt, vier junge Frauen zum Anschaffen gezwungen zu haben. Schwesta Ewa sei auf „unreife, leicht zu beeinflussende Mädchen gestoßen“, es sei zu „bewusst herbeigeführten Abhängigkeitsverhältnissen“ gekommen. „Die Angeklagte setzte sie psychisch unter Druck.“

Die Rapperin war selbst Prostituierte, seit sie 17 war

Die Rapperin Schwesta Ewa bei einem Auftritt im Jahr 2015.
Die Rapperin Schwesta Ewa bei einem Auftritt im Jahr 2015. © dpa | Boris Roessler

Die 32-Jährige spricht im Saal 1 des Gebäudes E über ein Thema, das sie in- und auswendig kennt: Sex gegen Geld. „Ich bin mit 17 Jahren Prostituierte geworden“, sagt sie. „Bis vor fünf Jahren, als ich Musikerin wurde.“ Ihre Zeit als Prostituierte streift die in Polen geborene Schwesta Ewa nur kurz.

Schnell kommt sie zu den Vorwürfen der Anklage. Die will sie so nicht stehen lassen. „Die Mädchen haben wegen der Prostitution von sich aus mich gefragt, die wussten ja davon.“ Sie selbst habe damit sofort aufgehört, als sie mit dem Rappen angefangen habe. „Ich wollte nicht, dass meine Brüder auf mich als Prostituierte mit dem Finger zeigen.“

Schwester Ewa gesteht „Ausraster“ ein

Auch von roher Gewalt will sie nichts wissen: „Es gab Ohrfeigen, aber nichts mit Platzwunden und blauem Auge.“ Sie hätte sonst mit den Mädchen gar nicht arbeiten können. „Ich hatte meine Ausraster“, gesteht Schwesta Ewa ein, „es floss aber kein Blut“, stellt sie klar. Wenn eine Prostituierte das anders schildere, „dann ist es extrem frech von ihr, so etwas zu behaupten“.

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    Dann erzählt sie, wie das Geschäft lief: „Pro Freier war zwischen 100 und 200 Euro alles drin.“ Die jungen Frauen hätten oft Schulden bei ihr gehabt. Sie habe Geld vorgestreckt für Handys, Klamotten und Haarverlängerung. „Wir hatten uns oft ausgerechnet, wie viel in einer bestimmten Zeit gearbeitet werden muss, um aus den Schulden herauszukommen.“ Die Frauen hätten sich in Hotels eingemietet – in mehreren Städten Deutschlands.

    Prostitution mit 17 war „irgendwie normal“ sagt die Musikerin

    Oft sei ein Freier nach dem anderen gekommen. „Ich habe die Mädels oft gehetzt. Die haben meine Arbeitsweise nicht gekannt“, erzählt die 32-Jährige. „Für ein Mädchen habe ich mal 18 Handys gehabt.“ Die Kunden hätten dann gedacht, es würden 18 verschiedene Frauen angeboten, aber es sei nur eine gewesen.

    Der Vorsitzende Richter Martin Bach will von Schwesta Ewa wissen, ob sie sich nicht Gedanken gemacht habe. Prostitution mit 17 Jahren? „Für mich war das irgendwie normal“, sagt die Sängerin. Ob sie Prostitution verharmlose, fragt Bach. „Teils so, teils so“, lautet die Antwort. Das Urteil wird am 20. Juni erwartet.

    Am ersten Verhandlungstag räumte sie ein, die jungen Frauen geschlagen zu haben. Der Prostitution seien sie aber aus freien Stücken nachgegangen, um in kurzer Zeit möglichst viel Geld für Luxusartikel zusammenzubekommen, behauptete die Angeklagte. Der Erlös sei nach dem Abzug aller Spesen gleichmäßig verteilt worden. Es sind noch drei weitere Verhandlungstermine bis 20. Juni angesetzt. (dpa)