Stellan Skarsgård ist der Held im neuen Schlöndorff-Film. Im Gespräch erzählt er nun von verlogenen Künstlern, Leidenschaft und Reue.

Er war ein russischer Kapitän in „Jagd auf Roter Oktober“ (1990), der Mathematik-Professor Lambeau in „Good Will Hunting“ (1997) und ist einer der Lieblingsdarsteller von Skandalregisseur Lars von Trier – Stellan Skarsgård (65). Der gebürtige Schwede gehört seit Jahrzehnten zu den wenigen Schauspielern, die in Europa und Hollywood erfolgreich sind. Ab Donnerstag ist er mit „Rückkehr nach Montauk“ wieder im Kino zu sehen. In dem Drama von Volker Schlöndorff spielt er einen alternden Schriftsteller auf der Suche nach Liebe.

Herr Skarsgård, in „Rückkehr nach Montauk“ geht es viel um die Vergangenheit Ihrer Figur Max Zorn und darum, etwas zu bereuen, was man getan oder nicht getan hat. Kennen Sie solche inneren Konflikte?

Stellan Skarsgård: Nein. Aber ich kenne viele Menschen, die sehr in der Vergangenheit leben. Die Leute fragen mich oft, ob es einen Film gibt, den ich bereue. Und ich kann nur sagen: Nein. Selbst der schlechteste Film, den ich gemacht habe, hat dazu beigetragen, mich zu dem zu machen, was ich heute bin und mich hierherzubringen. Und ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich bin und habe. Ich glaube, wenn man mit dem eigenen Leben unzufrieden ist, dann blickt man zurück und fragt sich, was man hätte anders machen können. Aber ich bin ganz und gar nicht unzufrieden. Ich muss nicht zurückblicken. Ich bin einfach eine Person, die lieber in der Gegenwart lebt als in der Vergangenheit.

Es gibt also nichts in Ihrem Leben, das Sie bereuen?

Skarsgård: Nein. Wenn ich versuchen würde, etwas zu ändern, wäre ich nicht mehr derselbe.

Sie haben acht Kinder und sind zum zweiten Mal verheiratet – da gab es doch aber sicher viele schmerzhafte Momente.

Stellan Skarsgård ist im Film „Rückkehr nach Montauk“ an der Seite von Nina Hoss zu sehen.
Stellan Skarsgård ist im Film „Rückkehr nach Montauk“ an der Seite von Nina Hoss zu sehen. © dpa | Wild Bunch

Skarsgård: Natürlich. Jeder verletzt andere Menschen. Aber ich kenne Künstler, die glauben, dass das, was sie tun, so wichtig oder großartig ist, dass sie sich rücksichtslos verhalten dürfen. Das denke ich nicht. Ein Freund von mir – ein Regisseur – hat sich mal während der Dreharbeiten in eine der Schauspielerinnen verliebt, war aber eigentlich verheiratet. Dann hat er ein Buch über seine Affäre geschrieben, und natürlich hat seine Frau das tief verletzt. Irgendwann habe ich ihn gefragt, warum er das bloß getan hat. Und er sagte nur: Ich bin halt ein Künstler. Aber das kann doch keine Entschuldigung sein!

Würden Sie sich als leidenschaftlich beschreiben?

Skarsgård: Schon, aber nicht so sehr wie mein Filmcharakter Max Zorn. Er träumt von Dingen und versucht, sie wahr werden zu lassen. Er träumt von einer Beziehung und glaubt, es sei die Realität. Ich glaube, dass ich viel mehr mit der Wirklichkeit verbunden bin. Allein schon wegen meiner acht Kinder und meiner Frau. Das hält mich am Boden.

Sind die Fantasien und Geschichten Ihrer Filme vielleicht ein Ersatz, um nicht im wahren Leben nach Fantasien suchen zu müssen?

Skarsgård: Wahrscheinlich schon. Es gibt viele Dinge, die ich vor der Kamera gemacht habe, die ich sonst nie tun würde. Das ist aufregend. Auf der Leinwand kann ich laut, brutal oder vulgär sein, was großartig ist. Aber das bin natürlich nicht ich.

Kennen Sie denn auch Momente der Einsamkeit, wie sie Max Zorn spürt?

Skarsgård: Es gibt Leute, die sagen, jeder Mann ist eine Insel und fühlt sich eigentlich ganz einsam. Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt denke ich nicht viel über mich selbst nach.

Für manche ist die Schauspielerei wohl eine Art Flucht, um über andere als sich selbst nachdenken zu können.

Skarsgård: Ja, das kann sein. Auch darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber auf jeden Fall funktioniert’s.

Vier Ihrer Kinder sind auch Schauspieler geworden. Sie müssen sie also beeindruckt haben . . .

Skarsgård: Sie wussten zumindest, dass der Job nicht einfach ist. Sie kannten die Branche ja von innen, bevor sie selbst Teil wurden. Und sie wussten auch, dass man diesen Job nicht wegen des Ruhmes machen darf, denn das ist Blödsinn. Ich denke, sie haben gesehen, wie viel Spaß ich an dem habe, was ich tue, und das hat sie vielleicht angetrieben, das auch zu tun.