Berlin. Heino Ferch liebt es privat leger – anders als in der „Allmen“-Verfilmung nach dem Buch von Martin Suter, wo er sich elegant gibt.

Nicht jeder bewegt sich im Blouson mit so großer Lässigkeit durch das Adlon wie Heino Ferch. Ob Frack oder Freizeithemd, das spielt bei ihm keine Rolle. Er ist ja fast selbst ein Adlon: 2013 hat er im viel beachteten ZDF-Zweiteiler den Hotelerben gespielt. Seitdem ist die Luxusherberge eine Art Zuhause für ihn, jedenfalls bei seinen Berlin-Aufenthalten. Wie jetzt. Er ist unterwegs, um seinen neuen Film vorzustellen. „Allmen“ – aus der Feder des Schweizer Bestseller-Autors Martin Suter. Die ARD zeigt die ersten beiden Filme ab 29. April.

Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) hat viele Begabungen und ein Faible für alles, was schön ist.
Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) hat viele Begabungen und ein Faible für alles, was schön ist. © ARD Degeto/Hardy Brackmann | ARD Degeto

„Wenn es sich einrichten lässt, bin ich gerne hier“, sagt Ferch. Man sieht ihm an, dass er es gerne einrichtet. Die Angestellten kennen ihn, servieren Getränke, Kaffee, ein Wasser. Aber sonst? Sonst dreht sich keiner nach ihm um. Es herrscht geschäftiges Treiben in der Lobby, die so gehobene Eleganz ausstrahlt, dass Besucher unentwegt nach Promis Ausschau halten. Ferch fällt nicht auf. Vielleicht liegt es an der Sonnenbrille, obwohl sie groß genug ist, um schon wieder Aufsehen zu erregen. Er nimmt sie schnell ab. Er weiß, was sich gehört. Vieles aus der Welt des guten Benehmens, sagt er, hat er auch von Rollen wie die des vornehmen Louis Adlon gelernt.

Flucht aus der DDR

Ferch war natürlich nicht nur Adlon. Er ist einer der meistbeschäftigten Schauspieler Deutschlands. Immer wieder erzählt er mit brennendem Blick von seinem Durchbruch: 1997 in Joseph Vilsmaiers „Comedian Harmonists“. Später dann einer der gefeierten Höhepunkte: der TV-Zweiteiler „Der Tunnel“ – ein Film über die spektakuläre Flucht aus der DDR durch die Kanalisation, wofür er 2001 mit der Goldenen Kamera geehrt wurde.

Ferch ist ein typisches Action-Gesicht, dachten viele, bevor er 2011 in die Rolle des Wiener Psychotherapeuten Richard Brock schlüpfte. Wer über ihn sagte, er verfüge über nicht mehr als zwei Gesichtsausdrücke, wird sich wundern: Ferch braucht für die Darstellung dieses verschlossenen Verhörspezialisten eigentlich nur einen Gesichtsausdruck, um zu überzeugen.

Luftikus der Upperclass

Allmens alter Rivale Terry Werenbusch (Ben Becker) und seine Geliebte Jojo Hirt (Andrea Osvárt) belauern sich.
Allmens alter Rivale Terry Werenbusch (Ben Becker) und seine Geliebte Jojo Hirt (Andrea Osvárt) belauern sich. © ARD Degeto/Hardy Brackmann | ARD Degeto

Seine neue Rolle „Allmen“ ist ganz anders, tickt mehr wie Adlon, den er so verehrt: Wie er schwärmt von Adlons Anzügen, die er am Set tragen durfte. Vom edlen Stoff der Krawatten. Er klebt ein bisschen an Äußerlichkeiten. Dieses Verhaftetsein in der Staffage war typisch für seinen Louis Adlon: Ferch trug feinsten Zwirn, aber zeigte wenig Bandbreite. Jetzt also Johann Friedrich von Allmen, ein Luftikus der Upperclass und im Film ein Typ, der an einen Mix aus James Bond und dem Großen Gatsby erinnert.

Ferch ist kaum zu halten. „Ja“, sagt er. „Allmen ist elegant vom Scheitel bis zur Sohle.“ Der Scheitel, ja, das ist im Film in der Tat ein Hingucker, er spaltet einen eleganten Haarschopf in zwei wehende Hälften. „Das ist natürlich eine Perücke“, sagt Ferch und fasst sich an den schon ein wenig kahlen Kopf. Es sei die beste Perücke, die es gibt. Dass er so begeistert sein kann wie ein kleiner Junge, ist eine Seite, die Zuschauer von ihm kaum kennen.

Hab und Gut verloren

Bei Kaschmir und Luxus-Manschettenknöpfen dreht er regelrecht auf, wohl auch, weil sein Kleiderschrank solche Dinge kaum enthält. Privat sei er ein Jeans-Typ, ein Anti-Allmen. Im Film wird er erst sein Hab und Gut verlieren und sich dann wieder nach oben spülen, sich vom Geld eines verscherbelten Erbstücks einen neuen Edelanzug kaufen und durchstarten. „Das ist doch toll. Irgendwie das Gegenteil unseres braven deutschen Denkens, das sich stets nur um optimale Leistung und ehrlich verdientes Geld dreht.“ Doch eins fehlt ihm: Familie.

Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) und Butler Carlos (Samuel Finzi, re.) fehlt inzwischen sogar das Kleingeld für ein Taxi.
Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) und Butler Carlos (Samuel Finzi, re.) fehlt inzwischen sogar das Kleingeld für ein Taxi. © ARD Degeto/Hardy Brackmann | ARD Degeto

„Er hat das, was man klassisch in unserem Alter erreicht haben sollte, nicht erreicht.“ Für Ferch ist Familie das Lebenselixier. Seit 2005 ist er mit der Vielseitigkeitsreiterin Marie-Jeanette Steinle (40) verheiratet. Tochter Ava Vittoria Mercedes ist acht Jahre, Sohn Gustav Theo Cian vier Jahre alt. Louisa, Tochter aus einer anderen Beziehung, ist 15. Sie leben in Süddeutschland. Viel Zeit für die Familie bleibt nicht.

Kinder als Korrektiv

Doch der Sohn eines Kapitäns sieht keine Defizite. „Ich bin an den meisten Wochenenden zu Hause. Ich bin ständig am Telefon. Ich bin absolut auf dem Laufenden.“ Seine Kinder seien nicht nur sein Zentrum, sondern auch sein Korrektiv. „Wenn man Kinder hat, muss man sich kümmern. Da kann man sich selbst einfach nicht so wichtig nehmen. Diese Ich-Bezogenheit des Berufs, die wird schon zweitrangig.“

Ferch ist jetzt 52 Jahre. Körperlich gut in Form, schließlich war er erfolgreicher Kunstturner und spielt jetzt mit Vorliebe Polo. Nur eins scheint zu verblassen – die Ähnlichkeit mit Bruce Willis, mit dem er immer verglichen wurde. Ob es ihn geärgert hat? Nein. Gar nicht. „Ich sehe ihm ja auch ähnlich. Jedenfalls früher.“