Washington. Hollywood-Star Sidney Poitier gewann als erster Schwarzer überhaupt den Oscar. Jetzt wird der große US-Schauspieler 90 Jahre alt.

So viel schwarzes Charisma, so viel Coolness war ewig nicht im Weißen Haus wie an jenem schwülen Tag im August vor acht Jahren. Dort Barack Obama, der noch unergraute Präsident, sichtlich ergriffen bei seiner ersten Vergabe der Freiheitsmedaille, Amerikas höchster ziviler Auszeichnung. Vor ihm mönchisch ruhig wie so oft: Sidney Poitier, der Mann, der den ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte der USA erst möglich gemacht hatte. Ein Grund mehr, den 90. Geburtstag des ersten schwarzen großen Hollywoodstars gebührend zu feiern.

Die Wege der beiden Männer kreuzten sich im metaphysischen Sinne in den 50er-Jahren – in der Person von Obamas Vater. Die „African American Students Association“, getragen von schwarzen Ikonen wie Harry Belafonte, dem Baseballprofi Jackie Robinson und eben Poitier, finanzierte Studenten aus Kenia Stipendien in den USA. Einer der ersten Teilnehmer war ein gewisser Barack Obama. Beim Studium in Honolulu lernte er die Amerikanerin Ann Dunham kennen. Wenig später wurde Barack Hussein Obama II geboren. Der Rest ist Geschichte.

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    Aus dem Sohn von Tomatenzüchtern wurde ein Star

    Bei ihrer ergreifenden Begegnung im Weißen Haus, die fast eine Vater-Sohn-Atmosphäre verströmte, war nicht zu übersehen, wie sehr sich der fast 40 Jahre jüngere Präsident im Auftreten nach dem Mann geformt hat, der all jene ethnischen Barrieren durchbrochen hatte, die Schauspielgrößen wie Richard Roundtree, Denzel Washington, Samuel L. Jackson oder Morgan Freemann erspart blieben.

    Lässig, überlegen, eloquent, nachdenklich, beharrlich, kulturell sensibilisiert, stilsicher, fast aristokratisch – Qualitäten, die der 1927 als Sohn von Tomatenzüchtern auf Cat Island (Bahamas) geborene Poitier Zeit seiner Schauspielkarriere und später als Botschafter der Karibikinseln und der Vereinten Nationen vorlebte, fanden sich formvollendet in Obama wieder.

    In Oscar-Rolle Nonnen aus der DDR geholfen

    Poitier, zweimal verheiratet, sechs Töchter, nahm Obamas historische Leistung auf der Leinwand sogar vorweg. In „Rate mal, wer zum Essen kommt“ stellt 1967 eine junge Weiße namens Joanna ihren Eltern ihren schwarzen Verlobten John Prentice vor. Eine Szene mit Sprengkraft. Poitier hatte drei Jahre zuvor als erster Schwarzer den „Oscar“ als bester Hauptdarsteller gewonnen. Für die Rolle eines Tischlers, der fünf Nonnen aus der DDR beim Kirchbau in der Wüste von Arizona zur Hand geht („Lilien auf dem Felde“).

    1967 herrschte in 17 von 50 US-Bundesstaaten auch bei der Ehe noch Rassentrennung. Als Joannas Vater (gespielt von Spencer Tracy) den scheu eleganten Doktor John Prentice fragt, ob er im Interesse seiner Tochter an die Konsequenzen im Falle von Kindern gedacht hat, folgt eine Entgegnung für die Ewigkeit: „Sie denkt, dass jedes unserer Kinder Präsident der Vereinigten Staaten wird. Und sie alle werden farbenfrohe Regierungen haben.“ Im gleichen Jahr machte der Oberste Gerichtshof in Washington den Weg frei für gemischt-rassige Ehen. Und Poitier, der als 15-Jähriger über Miami nach New York kam und dort als Tellerwäscher Geld für den Schauspielunterricht zusammenkratzte, setzte seinen Siegeszug im Kino fort.

    Krimi mit Lektion für Rassisten

    Der Premiere eines schwarz-weißen Kusses in „Rate mal, wer zum Essen kommt“ folgte in „In der Hitze der Nacht“ das nächste Unikat. Als Detektiv Virgil Tibbs kriegt Poitier es im rassistischen Südstaaten-Kaff Sparta bei der Aufklärung eines Mordes mit dem stiernackigen Sheriff Bill Gillespie (Rod Steiger) zu tun. Im Laufe der Handlung kassiert der moralisch untadelige Schwarze die Ohrfeige eines weißen Herrenmenschen – und schlägt zurück. Am Ende des Films trägt Sheriff Gillespie dem schwarzen Cop den Koffer zum Zug. Voller Respekt für den Inbegriff schwarzen Selbstbewusstseins.